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       # taz.de -- Mietendeckel in Deutschland: Volksbegehren in Bayern gedeckelt
       
       > Der Verfassungsgerichtshof in München hat geurteilt: Die bayerische
       > Initiative für einen Mietenstopp ist rechtswidrig.
       
   IMG Bild: Noch voller Hoffnung: „Stopp Mieten“- Marsch zum bayerischen Innenministerium in München
       
       München taz | Ein Jahr lang haben sie gekämpft, sich mit komplexer
       Rechtsmaterie auseinandergesetzt, haben in ganz Bayern 52.000
       Unterschriften gesammelt. Ziel der Initiative „Sechs Jahre Mietenstopp“ war
       es, mit einem Volksbegehren den vor allem in den Ballungsräumen bedrängten
       Mietern eine „Verschnaufpause“ zu verschaffen, wie es
       Mietervereins-Vorsitzende Beatrix Zurek immer wieder bezeichnete.
       
       Doch es hat nicht sollen sein mit diesem Mittel der direkten Demokratie.
       Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) brachte die Gesetzesinitiative
       vor den Verfassungsgerichtshof. Am Mittwoch um kurz nach halb elf beendete
       der Gerichtspräsident Peter Küspert die Hoffnungen schnell mit einem Satz:
       „Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung des Volksbegehrens sind
       nicht gegeben.“ Der Gesetzentwurf sei „mit Bundesrecht offensichtlich
       unvereinbar“.
       
       Das war der große mögliche Stolperstein dieser ganzen Aktion, die getragen
       wurde von Mieterverein, DGB, SPD und Linken, sowie unterstützt von den
       Grünen: Darf nur der Bund über das Bürgerliche Gesetzbuch das Mietrecht
       regeln – oder können die Länder selbst Gesetze verabschieden? Die
       Juraprofessoren Franz Mayer und Markus Artz hatten das Bündnis beraten –
       ebenso wie die Berliner Regierung beim Mietendeckel.
       
       Sie waren der Ansicht, einen eleganten Weg gefunden zu haben, mit dem dem
       Bund seine alleinige Kompetenz streitig gemacht wird: Was der Bund nicht
       dezidiert verbietet, so die Argumentation, dürfen die Länder machen.
       Außerdem berief sich die Initiative auf die bayerische Verfassung, die
       jedem Bürger angemessenen Wohnraum garantiert.
       
       ## Respekt für Initiatoren
       
       Der „Mietenstopp“ sah eine auf sechs Jahre begrenzte Einfrierung der Mieten
       vor. Neu vermietet werden sollte nur bis zur Höhe des örtlichen Vergleichs.
       Neubauten wären davon ausgenommen. Und „faire Vermieter“ hätten die
       Möglichkeit gehabt, bis auf 80 Prozent der Vergleichsmiete raufzugehen.
       Gegolten hätte das Gesetz in 162 bayerischen Städten und Kommunen mit
       besonders angespanntem Wohnungsmarkt.
       
       Verfassungsrichter Küspert zollte den Initiatoren durchaus „Anerkennung und
       Respekt“ für ihr Ziel, „das große Problem der Mieten in Bayern“ angehen zu
       wollen. Allerdings sei das Ergebnis der rechtlichen Prüfung eindeutig: „Dem
       Landesgesetzgeber fehlt die Gesetzgebungskompetenz.“ Der Bund hat demnach
       im BGB alles geregelt. Und er habe gerade mit der Einführung der
       Mietpreisbremse und der sogenannten Kappungsgrenze gezeigt, dass dies seine
       Zuständigkeit sei.
       
       Die Kappungsgrenze erlaubt Mieterhöhungen von insgesamt maximal 20 Prozent
       innerhalb von drei Jahren. Da dies Bundesrecht sei, könnten einzelne Länder
       nicht „Verschärfungen der geltenden Bestimmungen“ beschließen. Doch einig
       waren sich die neun Verfassungsrichter durchaus nicht: Drei von ihnen haben
       ein Minderheitenvotum abgegeben, sie sehen das Volksbegehren als zulässig
       an.
       
       Die regierende CSU zeigte sich zufrieden, die Initiatoren enttäuscht. Der
       Landtagsabgeordnete Josef Schmid (CSU) warf der SPD vor, den Bürgern
       „vorgegaukelt“ zu haben, dass man so das Problem steigender Mieten lösen
       könne. Thorsten Bühner von der Unterstützungsgruppe „ausspekuliert“
       kündigte einen bundesweiten „Mietstopp-Gipfel“ für den Herbst an. Das
       bayerische Urteil ist auch von Bedeutung für den Berliner Mietendeckel, der
       auf gleicher Rechtsgrundlage fußt und gegen den Klagen vor dem
       Bundesverfassungsgericht vorliegen. Von der Karlsruher Entscheidung werden
       auch andere Länder betroffen sein, die ähnliche Pläne haben.
       
       16 Jul 2020
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Patrick Guyton
       
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