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       # taz.de -- Migrationsbeauftragter der Bundesregierung Stamp: Abgeschoben nach Berlin
       
       > Der ehemalige NRW-Integrationsminister Joachim Stamp tritt sein Amt als
       > Migrationsbeauftragter an. Sein Auftrag ist umstritten.
       
   IMG Bild: Joachim Stamp, Deutschlands künftiger Sonderbevollmächtigter für Migrationsabkommen
       
       Berlin/Bochum taz | Meinungsverschiedenheiten und Streit in der Ampel sind
       schon fast so etwas wie das Markenzeichen dieser Koalition. Das gilt auch
       für jenen Posten, den am Mittwoch Nordrhein-Westfalens ehemaliger
       Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) antritt: Er wird Deutschlands
       erster Sonderbevollmächtigter für Migrationsabkommen.
       
       „Ich freue mich darauf, gemeinsam mit vielen Fachleuten in den
       unterschiedlichen Ministerien daran zu arbeiten, die Migrationspolitik neu
       auszurichten, um mehr reguläre Migration zu ermöglichen, aber auch
       irreguläre Migration deutlich zu reduzieren“, erklärte Stamp am Dienstag.
       Der Sonderbevollmächtigte ist im Koalitionsvertrag verankert und soll „neue
       praxistaugliche und partnerschaftliche Vereinbarungen mit wesentlichen
       Herkunftsländern“ schließen, um sowohl Fachkräftemigration als auch
       Abschiebungen voranzubringen.
       
       Die FDP drängt seit Koalitionsantritt auf die ebenfalls im
       Koalitionsvertrag vereinbarte „Rückführungsoffensive“ und wollte den
       Beauftragten deswegen im für Abschiebungen zuständigen
       Bundesinnenministerium verortet sehen – wo er jetzt gelandet ist. Die
       Grünen hingegen betonten seine Verantwortung, mehr legale Wege nach
       Deutschland zu schaffen, und hätten ihn lieber im Auswärtigen Amt
       angesiedelt.
       
       „Es geht uns um ein Gesamtkonzept: um wirtschaftliche Zusammenarbeit und
       Qualifizierung für den Arbeitsmarkt auf der einen Seite, aber auch
       konsequente Rückführungen auf der anderen Seite“, sagte am Dienstag
       [1][Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD)]. Dafür seien
       Migrationsabkommen „ein wichtiger Baustein“, und sie freue sich, mit
       Joachim Stamp „einen der erfahrensten Köpfe für die Aufgabe“ gewonnen zu
       haben.
       
       ## „Stamp ist nicht Rückführungsbeauftragter“
       
       Stamps Aufgabe sei es, anderen Staaten „partnerschaftlich und auf Augenhöhe
       zu begegnen“, unterstreicht der Grünen-Abgeordnete Julian Pahlke. „Das
       heißt: keine Deals, bei denen es nur um Abwehr von Flüchtenden“ gehe.
       Deutschland brauche Fachkräfte, aber auch Zugang zu Schutz für Flüchtende –
       und von den Abkommen müssten auch die Partnerländer profitieren. „Joachim
       Stamp ist nicht Rückführungsbeauftragter, das gibt sein Auftrag aus dem
       Koalitionsvertrag überhaupt nicht her“, warnt ihn Pahlke schon heute.
       
       Sein neues Amt maßgeblich verdanken dürfte Stamp FDP-Bundesparteichef
       Christian Lindner. Mit dem heutigen Bundesfinanzminister hat er schon
       zwischen 2012 und 2017 eng zusammengearbeitet, als Lindner Vorsitzender der
       FDP-Landtagsfraktion in NRW war – und Stamp sein Stellvertreter. Nach
       Lindners Wechsel nach Berlin beerbte Stamp ihn 2017 als
       NRW-Landesparteichef. Ein „Freund und feiner Kerl“ sei Stamp, lobte Lindner
       auf dem FDP-Landesparteitag im Januar, bei dem Stamp nicht mehr antrat.
       
       ## Stamp sorgte für die bundesweit höchste Abschiebequote
       
       Mit seinem Rückzug aus der nordrhein-westfälischen Landespolitik [2][zog
       der 52-Jährige die Konsequenz aus dem Wahldebakel] bei der Landtagswahl im
       Mai 2022. Mit ihm als Spitzenkandidat flog die FDP aus der Landesregierung.
       Als solcher warb er einerseits dafür, Fachkräften die Migration nach
       Deutschland zu erleichtern – sorgte als Minister aber auch dafür, [3][dass
       NRW die höchste Abschiebequote aller Bundesländer hatte].
       
       Scharfe Kritik an Stamps Berufung kommt deshalb vom Flüchtlingsrat NRW. Als
       Landesminister habe Stamp für „einen restriktiven Kurs im Umgang mit
       Schutzsuchenden“ gestanden, sagte Geschäftsführerin Birgit Naujoks: „Die
       Benennung seiner Personalie zeigt, dass Migrationspolitik auch zukünftig in
       erster Linie als Ordnungspolitik begriffen wird.“
       
       1 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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