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       # taz.de -- Militärhilfe für Putin gegen Ukraine: Nordkoreas Soldaten sollen russische Tarnidentität haben
       
       > Nordkoreas Soldaten ziehen für Russland in den Krieg, behauptet Südkoreas
       > Geheimdienst. Damit überschreitet das Kim-Regime für viele eine Linie.
       
   IMG Bild: Machthaber Kim Jong Un (l) und der russische Präsident Wladimir Putin haben ihre militärische Zusammenarbeit rasant intensiviert
       
       Seoul/Kyjiw taz | Spekuliert wurde bereits seit Längerem darüber, dass
       Nordkorea nach flächendeckenden Munitionslieferungen auch Truppen nach
       Russland schicken könnte. Nun hat der südkoreanische Nachrichtendienst
       erstmals massive Anschuldigungen erhoben: Nordkorea habe 1.500 Soldaten in
       den russischen Hafen Wladiwostok nahe der nordkoreanischen Grenze
       verschifft, insgesamt sollen es rund 12.000 Mann aus vier Brigaden werden –
       darunter auch die besten Spezialeinheiten von Machthaber Kim Jong Un.
       
       Südkoreas Präsident Yoon Suk Yeol berief am Freitag eine
       Dringlichkeitssitzung mit Militär-, Sicherheits- und Geheimdienstführern
       ein. Laut einer schriftlichen Stellungnahme spricht das Präsidentenamt in
       Seoul von einer „ernsten Sicherheitsbedrohung nicht nur für unser Land,
       sondern auch für die internationale Gemeinschaft“. Choo Kyung Ho,
       Fraktionsvorsitzender der regierenden Gungminui-him (People Power Party),
       sagte am Sonntag: „Wir verurteilen die militärische Zusammenarbeit
       Nordkoreas mit Russland, die den Weltfrieden gefährdet, aufs Schärfste und
       fordern Nordkorea auf, seine Truppen unverzüglich aus dem
       Russland-Ukraine-Krieg abzuziehen.“
       
       Was der südkoreanische Geheimdienst NIS enthüllt hat, ist ebenso
       detailliert wie besorgniserregend. Demnach werden die nordkoreanischen
       Truppen nicht nur russische Uniformen, sondern auch mit russischen
       Falschidentitäten ausgestattet, um ihre Staatsangehörigkeit zu
       verschleiern. Sie sollen sich als Burjaten ausgeben, eine mongolischen
       Ethnie in Sibirien.
       
       Der NIS fußt seine Berichte auf Gesichtserkennungssoftware zur
       Identifizierung von Soldaten, welche man gemeinsam mit dem ukrainischen
       Geheimdienst eingesetzt habe. Zudem hat er Satellitenfotos veröffentlicht,
       welche die Anschuldigungen untermauern sollen. Sie zeigen unter anderem die
       russischen Schiffe in Wladiwostok, welche die Truppen vom nordkoreanischen
       Hafen Chongjin transportiert haben sollen.
       
       ## Pjöngjang hofft auf Auslandsdevisen
       
       Gleichzeitig hat die ukrainische Regierung ein Video veröffentlicht, das
       nordkoreanische Soldaten in einem Ausbildungslager zeigen soll, wo sie in
       einer Schlange warten und sich ihre Uniformen abholen. Nach ihrer Ankunft
       in Russland füllen die Nordkoreaner demnach einen Fragebogen aus, in dem
       sie ihre Größen für Kleidung, Kopfbedeckung und Schuhe angeben. Dem
       US-Fernsehsender CNN ist es gelungen, an den Fragebogen zu gelangen. Teile
       davon sind in russischer Sprache verfasst, die Konfektionsgrößen jedoch in
       Koreanisch.
       
       Finale Beweise für eine direkte Beteiligung Nordkoreas an [1][Russlands
       Krieg in der Ukraine] sind das alles nicht, aber die Ukraine ist schon
       längst davon überzeugt, dass Nordkorea Russland direkt unterstützt. Man
       wisse seit 2023 von der Beteiligung nordkoreanischer Militärs am Krieg,
       schreibt ein Kommentator auf nv.ua. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte auf
       seiner Pressekonferenz in Brüssel am vergangenen Donnerstag bereits,
       Russland plane, 10.000 nordkoreanische Soldaten in die Ukraine zu schicken.
       „Wir reden hier nicht von Söldnern“, sagte Außenminister Andrej Sibiga laut
       der Nachrichtenagentur Unian bei einem gemeinsamen Briefing mit dem
       französischen Außenminister. „Es geht um militärische Einheiten Nordkoreas,
       die an der Seite der Armee des russischen Aggressors gegen die Ukraine
       kämpfen werden. Wir appellieren an unsere Partner, darauf hart zu reagieren
       und dies zu verhindern.“
       
       Die beiden Machthaber Kim Jong Un und Wladimir Putin haben ihre
       militärische Zusammenarbeit in diesem Jahr rasant intensiviert. Erst im
       Juni unterzeichneten beide eine Vereinbarung über eine allumfassende
       strategische Zusammenarbeit, die gegenseitigen Beistand für den Fall eines
       Angriffs durch einen Drittstaat vorsieht. Zudem hat Nordkorea mehrere
       Millionen Artilleriegranaten an Russland geliefert, ebenso
       Kurzstreckenraketen und wohl auch technische Ingenieure entsandt.
       
       Im Gegenzug hofft Pjöngjang nicht nur auf Sicherheitsgarantien aus Moskau,
       sondern auch auf Auslandsdevisen. Viele Beobachter gehen davon aus, dass
       Russland auch Militärtechnologie nach Nordkorea liefern könnte. Das
       schlimmstmögliche Szenario aus der Perspektive der internationalen
       Staatengemeinschaft wäre sicherlich, wenn Russland das nordkoreanische
       Atomprogramm unterstützen würde.
       
       ## Südkorea könnte die Ukraine nun mit Waffen unterstützen
       
       Bislang hielten die meisten Experten dies für unwahrscheinlich. Doch das
       gilt für viele Dinge, die noch vor wenigen Monaten als nahezu
       ausgeschlossen galten. Und je stärker Russland in der Ukraine auf
       Unterstützung von außen angewiesen ist, desto niedriger dürfte die
       Hemmschwelle sein, auch Nukleartechnologie bereitzustellen. Dementsprechend
       gefährlich ist die aktuelle Dynamik zwischen Pjöngjang und Moskau.
       
       Bereits die Entsendung nordkoreanischer Soldaten stellt für Seoul die
       [2][Überschreitung eine roten Linie] dar, wie Präsident Yoon bereits
       mehrfach deklariert hat. Jetzt könnte Südkorea möglicherweise im Gegenzug
       die Ukraine fortan mit direkten Waffenlieferungen unterstützen.
       
       Bislang hat sich Seoul aus taktischen Erwägungen bei der Unterstützung der
       Ukraine eher zurückgehalten: So trägt das Land zwar weitgehend die
       westliche Sanktionspolitik gegen Moskau mit, schickt jedoch direkt keine
       Waffen nach Kyjiw – nur an Polen und die baltischen Staaten. Ein zu starkes
       Engagement, das war die Befürchtung, könnte jederzeit zur Folge haben, dass
       Russland seine Zusammenarbeit mit Nordkorea expandiert. Doch wie es
       ausschaut, ist das nun bereits eingetreten.
       
       Ob China die Quasimilitärallianz zwischen Russland und Nordkorea gutheißt,
       ist fraglich. Die meisten Experten haben bisher vermutet, dass Xi Jinping
       die enge Achse Pjöngjang-Moskau kritisch beäugt, da sie den Einfluss
       Pekings auf das Kim-Regime mindert. Zudem behauptet China ja nach außen
       hin, dass es jegliche weitere Eskalation in der „Ukraine-Krise“ ablehnt –
       und kritisiert insbesondere die USA für ihre Waffenlieferungen.
       
       ## China ist im Ukrainekrieg keine neutrale Partei
       
       Kritik aus Peking an Nordkoreas direkte Kriegseinmischung blieb aber
       bislang vollständig aus. Im Gegenteil: Am Sonntag veröffentlichten
       nordkoreanische Staatsmedien eine [3][Grußbotschaft von Xi Jinping], in der
       dieser davon sprach, die Beziehungen zwischen den zwei Ländern vorantreiben
       sowie den „globalen Frieden“ fördern zu wollen. „China und die
       Demokratische Volksrepublik Korea sind durch dieselben Berge und Flüsse
       miteinander verbunden, und die traditionelle Freundschaft zwischen den
       beiden Ländern wird im Laufe der Zeit immer stärker“, heißt es. Der Brief
       soll am Mittwoch verfasst worden sein.
       
       Entgegen manchen auch in Deutschland gepflegten Hoffnungen ist China alles
       andere als eine neutrale Partei im Ukrainekrieg. Xi steht fest an der Seite
       seines „alten Freundes“ Putin. Vom Vakuum, welches westliche Firmen durch
       ihren Exodus aus Russland hinterlassen haben, profitiert die Volksrepublik
       massiv – Chinas Exporte nach Russland boomen, Ölimporte aus Russland werden
       günstiger. China versorgt die Russen auch mit sogenannten „Dual
       Use“-Gütern, die sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden können.
       
       Hinweis: Wir haben den Text mit fortlaufendem Informationsstand
       aktualisiert und erweitert.
       
       18 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
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