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       # taz.de -- Mobilitätswende in Berlin: Kreuzberg fährt ein bisschen weniger Rad …
       
       > … aber noch viel weniger Auto. Dafür nimmt der Fußverkehr massiv zu. Das
       > zeigen neue Ergebnisse einer Studie zur Mobilität in Städten.
       
   IMG Bild: Unklares Bild: Auto- und Radverkehr in Berlin-Kreuzberg
       
       Berlin taz | Wenn es in Berlin um die Mobilitätswende geht – vereinfacht
       gesagt: die Entwicklung weg vom Autoverkehr –, ist Friedrichshain-Kreuzberg
       ganz vorne dabei. Die Bezirksverwaltung kann nun auf neue Daten verweisen,
       die belegen, dass die private Kfz-Nutzung in den letzten Jahren noch einmal
       deutlich zurückgegangen ist – von einem ohnehin niedrigen Niveau.
       
       Seit 1972 finden regelmäßig [1][Studien zur Mobilität in Städten] statt,
       die mittlerweile von der TU Dresden durchgeführt werden. Dabei handelt es
       sich um repräsentative Erhebungen. Für die jüngste Fortschreibung der
       Untersuchung wurden bundesweit fast 300.000 Personen in rund 500 Städten
       und Gemeinden befragt. In Berlin gaben insgesamt gut 40.000 und im Bezirk
       Friedrichshain-Kreuzberg 3.000 TeilnehmerInnen zu ihren alltäglichen Wegen
       und den dafür verwendeten Verkehrsmitteln Auskunft.
       
       Das globale Ergebnis, der sogenannte Modal Split, zeigt die Anteile der
       Wege, die zu Fuß, mit dem Fahrrad, dem ÖPNV oder dem Auto zurückgelegt
       werden. Friedrichshain-Kreuzberg liefert hier eine Rekordverteilung: Nur
       8,4 Prozent aller Wege der im Bezirk lebenden Menschen wurden 2023 mit dem
       Auto bewältigt. Das ist noch einmal viel weniger als der Berliner
       Durchschnitt von 21,8 Prozent.
       
       In beiden Fällen ist außerdem ein Rückgang zu beobachten: Berlinweit kam
       der Pkw bei der vorigen Befragung im Jahr 2018 noch auf 25,9 Prozent aller
       Wege zum Einsatz, in Friedrichshain-Kreuzberg immerhin auf 13,5 Prozent.
       Umgekehrt hat der Fußverkehr nach den vorgelegten Zahlen massiv zugenommen:
       Im Bezirk stieg sein Anteil von 32,7 auf 38,7 Prozent, berlinweit von 29,6
       auf 34,2 Prozent.
       
       ## Ein gutes Viertel nutzt Bus und Bahn
       
       Bei den anderen beiden Fortbewegungsarten ist das Bild weniger einheitlich:
       Während der öffentliche Nahverkehr im Bezirk zulegte (von 21,8 auf 26,2
       Prozent), nahm sein Anteil in ganz Berlin leicht ab (von 26,9 auf 26,2).
       Damit liegt Friedrichshain-Kreuzberg nun also genau im Landesschnitt. Die
       Fahrradnutzung hingegen stieg landesweit leicht an (von 17,6 auf 17,9
       Prozent der Wege), während ihr Anteil im Bezirk abnahm (von 28,3 auf 27
       Prozent).
       
       Eine eindeutige Antwort, warum das so ist, konnte Stefan Hubrich von der TU
       Dresden bei der Vorstellung der Daten am Montag im Bezirksamt
       Friedrichshain-Kreuzberg nicht geben – denn nach den Motiven für die
       Benutzung der jeweiligen Verkehrsmittel wird im Rahmen der Studie nicht
       gefragt. Natürlich gibt es viele Faktoren, die in Frage kommen und die auch
       über die Verkehrspolitik in Land und Bezirk weit hinausgehen.
       
       So könnte die massive Ausweitung von Home-Office-Arbeitsmodellen damit zu
       tun haben, dass viele Personen oft weniger lange Wege zurücklegen.
       Gleichzeitig altert die Gesellschaft, und die Studie kann zumindest
       belegen, dass Friedrichshain-KreuzbergerInnen über 65 fast die Hälfte ihrer
       Wege (48 Prozent) zu Fuß, aber nur 16 Prozent auf dem Fahrrad zurücklegen.
       Das dürfte mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben ebenso zu tun haben wie
       mit zunehmenden körperlichen Einschränkungen.
       
       Für die Verkehrsstadträtin von Friedrichshain-Kreuzberg, Annika Gerold
       (Grüne), [2][unterstützt die Abnahme des Autoverkehrs jedenfalls eindeutig
       ihre Politik], wenn es um Flächen für den Umweltverbund – also die
       Gesamtheit von Fuß, Rad- und Nahverkehr – geht: „Für mich ist es
       handlungsanleitend, wie die Wege zurückgelegt werden“, sagte Gerold am
       Montag. „Wenn dann Abwägungen getroffen werden müssen, hat für mich somit
       der Umweltverbund Vorrang.“
       
       8 Sep 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://tu-dresden.de/bu/verkehr/ivs/srv/srv-2023
   DIR [2] /Verkehrsplanung-in-den-Berliner-Bezirken/!6064691
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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