# taz.de -- Möglicher neuer OB von Konstanz: Der grün-linke Charmebolzen
> Luigi Pantisano könnte am Sonntag zum neuen OB von Konstanz gewählt
> werden. Der Linke wird von einem breiten Bündnis unterstützt.
IMG Bild: Posterboy für Bürgerliche wie Klimabewegte: Luigi Pantisano will Bürgermeister von Konstanz werden
Konstanz taz | Eine Straßenlaterne, die seinen Namen trägt, hat der Mann in
Konstanz schon mal. Die sogenannte Luigi-Pantisano-Gedächtnis-Leuchte
beleuchtet einen Skaterplatz und erinnert an die Zeit, als der studierte
Stadtplaner in Konstanz seinen ersten Job als Quartiersmanager angetreten
hat.
Zehn Jahre später will Luigi Pantisano in der Stadt am Bodensee nun
Oberbürgermeister werden. Und die Chancen stehen am Sonntag sehr gut, denn
im ersten Wahlgang gewann er, unterstützt von einem breiten Bündnis aus
Grünen, Linken und Bewegungen wie Fridays for Future, mit zweieinhalb
Prozent gegenüber dem Amtsinhaber Uli Burchardt (CDU).
Auch vier Tage vor der Wahl ist sein Stand auf dem Markt im Stadtteil
Petershausen von Leuten umlagert. „Der Wahlkampf ist die schönste Zeit“,
sagt Luigi Pantisano gut gelaunt, während nebenan der noch amtierende
Oberbürgermeister frühzeitig die Sachen packt. „Die Leute wollen reden und
diskutieren.“
Mit Wahlkampf hat Luigi Pantisano, gerade einmal 40 Jahre alt, schon einige
Erfahrung. Der Sohn von italienischen GastarbeiterInnen setzt sich schon
als 16-Jähriger für ein Jugendhaus in seiner Heimatstadt Waiblingen ein.
Mit 18 kandidiert er das erste Mal für einen Gemeinderat. Gleichzeitig
arbeitet er sich über Hauptschule und eine Ausbildung zum Bauzeichner bis
zum Architekten und Stadtplaner hoch.
## Linke Leichtigkeit
Die Politik begleitet ihn dabei immer. Meist zusammen mit seinem Freund
Hannes Rockenbauch, einer Galionsfigur der [1][Stuttgart-21-Proteste], mit
dem er seit 2016 für die Wählervereinigung „Stuttgart Ökologisch Sozial“
(SÖS) im Stuttgarter Gemeinderat sitzt. Der sagt über seinen Weggefährten:
„Luigi ist bündnisfähig und arbeitet gern mit Menschen.“
Dann kam der Ruf aus Konstanz. Das breite progressive Bündnis aus Parteien
und KlimaschützerInnen ist nur ein Geheimnis für Pantisanos Erfolg am
Bodensee. Aber Bürgermeisterwahlen hängen nirgends so sehr an der
Persönlichkeit wie in Baden-Württemberg. Und Luigi Pantisano, man muss das
so sagen, ist nicht nur im Straßenwahlkampf ein echter Charmebolzen. Mit
seiner jugendlichen Erscheinung, dem Lockenkopf und der dezent modischen
Kleidung hat er das Zeug zum Posterboy für Bürgerliche wie Klimabewegte.
Politik sei für ihn bisher vor allem ein Hobby gewesen, sagt er leichthin,
obwohl er als Mitarbeiter im Wahlkreisbüro des [2][(Noch-) Linke-Chefs
Bernd Riexinger] und mit der Gemeinderatsvergütung seinen Lebensunterhalt
bestreitet.
Aber mit dieser Leichtigkeit hat er den Amtsinhaber Uli Burchardt im
verlängerten Coronawahlkampf in die Enge getrieben. Der hatte sich im
Wahlkampf etwas mürrisch, unnahbar und zuletzt auch beleidigt gegeben. Als
Grün-Konservativer war Burchardt vor acht Jahren angetreten. Gerade in
Klimafragen hat sich der ehemalige Unternehmensberater und Autor eines
Nachhaltigkeitsbuchs in seiner Amtszeit jedoch eher durch Ankündigungen als
durch tiefgreifende Veränderungen hervorgetan.
## Es wird knapp
Als es im Stadtrat vor wenigen Wochen um die Frage ging, ob die Stadt schon
2030 oder erst später klimaneutral werden soll, entschied Burchardt die
Abstimmung mit seiner Stimme für den unbestimmten, späteren Zeitpunkt.
Diese Neinstimme könnte nun einen Ausschlag für Pantisanos Erfolg geben.
Aber es wird knapp: Mit weniger als tausend Stimmen Vorsprung hatte er den
ersten Wahlgang für sich entschieden.
Pantisano setzt trotzdem auf klare Kante. Klimaneutral bis 2030, das
bedeute weniger Verkehr und mehr alternative Energien und auch
klimaneutrales Bauen. Der Wohnungsknappheit will er mit mehr städtischen
Wohnungen und einem Rückkauf von Grundstücken begegnen. Das sei nicht mal
links, sagt er. „Das ist, was der Städtetag empfiehlt“, so Pantisano.
Privater Neubau, den Burchardt empfiehlt, sei jedenfalls kein Rezept,
betont der Städteplaner und zitiert gleich eine passende Studie.
Ob er denn selbst schon eine Wohnung habe, will eine Frau am Wahlstand von
ihm wissen, die an seinem Sieg nicht mehr zweifelt. Noch nicht, sagt Luigi
Pantisano. Doch er freue sich schon darauf, nach dem Wahltag die Anzeige zu
schalten: „Oberbürgermeister sucht Wohnung“.
17 Oct 2020
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Benno Stieber
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