URI: 
       # taz.de -- Morddrohung an Avocado-Aktivisten: „Wir werden dich umbringen“
       
       > Aktivisten beschuldigen Chiles Avocadobranche des Wasserraubs – und
       > werden nun bedroht. Discounter wollen Früchte aus der Region meiden.
       
   IMG Bild: Sind sehr schmackhaft, verbrauchen aber leider sehr viel Wasser: Avocados
       
       Berlin taz | Nach Kritik am Avocadoanbau in Chile für den Export nach
       Europa haben Umweltschützer eigenen Angaben zufolge Morddrohungen erhalten.
       „Im ersten Anruf bei mir hieß es: ‚Wir werden dir einen Holzanzug
       anziehen‘, womit sie auf einen Sarg anspielten‚ im zweiten ‚Wir werden dich
       umbringen‘ “, sagte Rodrigo Mundaca, Sprecher der Organisation Modatima,
       der taz.
       
       Sie wirft der Avocadobranche in der Provinz Petorca vor, teils illegal
       Fluss- und Grundwasser auf ihre Felder umzuleiten, so dass Kleinbauern ihre
       Felder nicht bewässern und Anwohner nur noch aus Tankwagen Trinkwasser
       bekommen können. Modatima wird von der deutschen Heinrich-Böll-Stiftung
       unterstützt.
       
       Die Drohungen gegen ihn und fünf weitere Aktivisten hätten am 20. März
       begonnen, so Mundaca. Einen Tag, nachdem das dänische Journalistenbüro
       Danwatch [1][einen auch mit Hilfe von Modatima recherchierten Artikel]
       über den Streit um das Wasser in der Provinz Petorca veröffentlicht hatte.
       Die Region ist sehr trocken, produziert aber die meisten Avocados des
       südamerikanischen Landes. Die Frucht benötigt viel mehr Wasser als zum
       Beispiel Tomaten. Laut Danwatch trockneten die Flüsse aus, seit die
       Avocadofarmen eröffnet haben. Die lokale Bevölkerung könne oft nur noch
       durch Tankwagen versorgt werden.
       
       Der grüne Europa-Abgeordnete Martin Häusling, der die Region vor Kurzem
       besucht hatte, bestätigte der taz solche Vorwürfe. Chile war vergangenes
       Jahr mit einem Anteil von 21 Prozent laut EU-Statistikbehörde der
       zweitgrößte Avocadolieferant der Europäischen Union.
       
       Mundaca und seine Organisation protestieren seit Jahren gegen den
       „[2][Wasserraub“ in Petorca]. Sie kämpfen dafür, dass die unter dem
       Diktator Augusto Pinochet begonnene fast vollständige Privatisierung der
       Wasservorkommen in Chile rückgängig gemacht wird. Dafür haben die
       Aktivisten bereits mehreren Medien Interviews gegeben.
       
       „Doch erst nach der Danwatch-Recherche haben die Supermärkte die
       Bedingungen zur Kenntnis genommen, unter denen die Avocados für den Export
       produziert werden“, sagt Mundaca. Denn die dänischen Journalisten hatten
       Lidl zitiert, dass die Kette nicht beabsichtige, Avocados aus Petorca zu
       kaufen. Aldi sicherte zu, Früchte von Plantagen zu vermeiden, die laut
       Danwatch gegen die Wassergesetze verstoßen haben.
       
       Der taz schrieb Aldi Nord: „Gegenwärtig arbeiten wir intern an
       Lösungsansätzen, um diese Einhaltung [der Agrar-, Arbeits- und
       Sozialstandards] noch stärker gewährleisten zu können.“ Ähnlich äußerte
       sich Aldi Süd und versprach: „Wir werden die Entwicklungen in Chile weiter
       aufmerksam verfolgen.“ Real erklärte, sein einziger Avocadolieferant sei
       nicht betroffen, unter anderem weil seine chilenische Ware aus einer
       anderen, wasserreicheren Provinz kämen. Rewe und Edeka sowie die Bioketten
       Alnatura und Denn’s ließen Anfragen der taz unbeantwortet.
       
       ## Verfassungsbeschwerde eingereicht
       
       Wegen des zeitlichen Zusammenhangs mit dem Danwatch-Artikel und der
       Reaktion der Supermarktketten habe er keine Zweifel, dass die Morddrohungen
       von Unterstützern der Avocadobranche kommen, so Mundaca weiter. Er
       persönlich sei bereits 2015 auf der Straße angegriffen und im Gesicht
       verletzt worden. 2014 wurde er von einem Gericht verurteilt, weil er in
       einem Interview einen Politiker des Wasserraubs bezichtigt hatte.
       
       Wegen solcher Erfahrungen sagte Mundaca der taz auch: „Wir sind auch nach
       den neuesten Drohungen ruhig. Wir sind so etwas gewöhnt. Ich werde
       weiterkämpfen.“ Am Mittwoch reichte er wegen der Einschüchterungsversuche
       eine [3][Verfassungsbeschwerde ein].
       
       Der Avocadoanbau ist nicht nur in Chile umstritten. Auch in Peru – dem
       größten EU-Lieferanten – und Südafrika (Platz 3) gibt es Konflikte um
       Wasser für die Plantagen. [4][In Mexiko] – Platz 4 – würden für die
       Plantagen Wälder gerodet, kritisieren Umweltschützer. Zudem verdienen dort
       Drogenkartelle über Schutzgelderpressungen mit.
       
       Dennoch riet EU-Parlamentarier Häusling von einem Avocadoboykott ab, weil
       davon auch die Kleinbauern betroffen wären. „Stattdessen sollte der Handel
       stärker darauf achten, dass er nur Ware kauft, die wirklich nachhaltig
       produziert wird. Und man muss fragen, ob der Hype um Avocados
       gerechtfertigt ist.“
       
       6 Apr 2017
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.danwatch.dk/en/undersogelse/avocados-and-stolen-water/
   DIR [2] http://modatima.cl/quienes-somos/
   DIR [3] http://modatima.cl/2017/04/04/comunicado-ante-amenazas-a-dirigentes-de-modatima/
   DIR [4] /!5339410/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
       ## TAGS
       
   DIR Chile
   DIR Avocados
   DIR Umweltschutz
   DIR Bio-Lebensmittel
   DIR Nachhaltigkeit
   DIR Aldi
   DIR Biosiegel
   DIR Textil-Discounter
   DIR Lebensmittel
   DIR Chile
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Bio-Discounter schlucken Naturkostläden: Vollkorn, volle Ausbeutung
       
       Ökoprodukte sind beliebt, doch kleine Naturkostläden verschwinden. In den
       neuen Biosupermärkten herrschen andere Arbeitsbedingungen.
       
   DIR Kolumne Geht’s noch?: Das Schweinefleisch der Veggie-Szene
       
       Seit Jahren essen alle unentwegt Avocados. Dabei zerstört die nicht nur die
       Umwelt in den Herkunftsländern, sondern ist auch noch gefährlich.
       
   DIR Wettkampf zwischen Aldi und Lidl: Stars und glückliche Kühe
       
       Noch immer liefern sich die beiden global agierenden Handelskonzerne
       erbitterte Preisschlachten. Sie buhlen aber auch ganz anders um Kunden.
       
   DIR Markenrechte an Alnatura: dm-Gründer zieht Klage zurück
       
       Sie waren Kollegen, Freunde, durch eine Heirat quasi Familie. Dann kam es
       zum Zwist. Nun hat dm-Gründer Werner den Streit mit Alnatura-Chef Rehn
       beigelegt.
       
   DIR KiK-Chef Patrick Zahn über faire Löhne: „Wir haben dazugelernt“
       
       KiK stand schwer in der Kritik: Über tausend Angestellte starben bei einem
       Brand und einem Fabrikeinsturz. Seitdem hat der Textildiscounter einiges
       verbessert.
       
   DIR Wirtschaftliche Lage der Kakaobauern: Die bittere Seite des Süßen
       
       Der Schokoladenpreis sinkt. Die Verbraucher merken davon kaum etwas, doch
       die Bauern erhalten weniger Geld für ihre Kakaobohnen.
       
   DIR Massenproteste in Chile: Die Wut der verarmten Rentner
       
       Das private Rentenversicherungssystem schafft in Chile Altersarmut. Dagegen
       gehen nun Hunderttausende auf die Straße und fordern eine Reform.