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       # taz.de -- Mordfall Daphne Caruana Galizia: Unter Mordverdacht
       
       > Der Kabinettschef von Malta, Keith Schembri, soll den Mord an der
       > Journalistin Galizia beauftragt haben. Das sagen zwei Hauptverdächtige.
       
   IMG Bild: Muss sich schweren Vorwürfen stellen: Keith Schembri, Kabinettschef von Malta
       
       Zwei Mal saß Keith Schembri, der Kabinettschef von Maltas Premierminister
       Joseph Muscat, in den letzten Wochen in Polizeigewahrsam. Am Dienstag wäre
       fast ein drittes Mal daraus geworden. Denn Schembri erschien nicht vor dem
       Gericht in Valletta, das im Mordfall an der Journalistin [1][Daphne Caruana
       Galizia] eine Anhörung angesetzt hatte.
       
       Schembri wird von zwei Hauptverdächtigen als Auftraggeber belastet. Er habe
       die Journalistin mit aus dem Weg räumen wollen, weil diese Schembris
       Briefkastenfirmen auf der Spur war. Die hatten sich Schembri und ein
       weiterer Minister 2015 in Panama zugelegt – offenbar, um Schmiergelder von
       einem der Hauptverdächtigen im Galizia-Mord zu verstecken. Doch obwohl die
       Korruptionsvorwürfe gegen Schembri seit Jahren gut belegt im Raum stehen,
       hält Premier Joseph Muscat bis heute an seinem „langjährigen Freund“
       Schembri fest.
       
       Der hatte schon mit 21 aus der Druckerei seines Vaters im Westen Maltas
       heraus eine eigene Unternehmensgruppe aufgebaut: Die Kasco-Holding. Die
       verkauft heute etwa Papier, Designermöbel, Druckmaschinen,
       Industriewerkzeuge und Werbekampagnen, recycelt Müll – und richtet für
       ausländische Unternehmen Briefkastenfirmen ein.
       
       ## Wandlung von sozialdemokratisch zu neoliberal
       
       Und sie spendete 2004 für den ersten Wahlkampf Muscats, der damals ins
       EU-Parlament gewählt wurde. 2008 übernahm Muscat dann seine
       sozialdemokratische Partei PL in einem völlig desolaten Zustand als
       Vorsitzender. Er modernisierte die PL nicht nur organisatorisch, sondern
       krempelte auch das Programm um: Aus sozialdemokratisch wurde „pro
       business“, wie es hieß – neoliberal. Und Schembri, der
       Allround-Unternehmer, gilt als Architekt dieses Umbaus zur
       Wirtschaftspartei.
       
       2008 trat Schembri – bis dahin öffentlich nicht weiter aufgefallen – in die
       PL ein. 2013 leitete er Muscats Wahlkampf, an dessen Ende dieser fast 55
       Prozent der Stimmen holte – das bis dahin beste Ergebnis bei einer Wahl in
       Malta seit der Unabhängigkeit 1964. Für Schembri wurde zum Dank der Posten
       des „Chief of Staff“, Kabinettschef, geschaffen. Seither lief in der
       Regierung nichts mehr ohne ihn – es gibt wohl kein Abkommen, keinen Deal,
       kein Gesetz, bei dem Schembri nicht beteiligt war.
       
       Kurz darauf kauften Schembri und der Tourismusminister Konrad Mizzi die
       Briefkastenfirmen. Lange überstanden sie alle Vorwürfe, ebenso wie ein
       Misstrauensvotum, vor allem, weil der höchst beliebte Muscat an ihnen
       festhielt. Doch als Schembri im November beschuldigt wurde, den
       Galizia-Mord mit geplant und die Ermittlungen hintertrieben zu haben,
       stritt er zwar alles ab, [2][trat aber zurück]. Die Polizei durchsuchte
       sein Haus und nahm ihn vorübergehend fest.
       
       Bewiesen ist in der Mordsache nichts. Theoretisch ist es möglich, dass
       Kriminelle Schembri als Mittäter nur belasten, um sich selber freizukaufen.
       Doch die Indizien gegen Schembri wiegen schwer. Am Dienstag erschien er mit
       zweistündiger Verspätung doch noch vor Gericht, seine Aussage – erst einmal
       nur als Zeuge – wurde auf Mittwoch vertagt.
       
       18 Dec 2019
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Jakob
       
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