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       # taz.de -- Mordprozess Hrant Dink: Ein instrumentalisierter Prozess
       
       > Elf Jahre nach dem Mord an dem armenischen Journalisten Hrant Dink ist
       > immer noch nicht aufgeklärt, wer die Verantwortlichen sind.
       
   IMG Bild: Gedenkveranstaltung zu Hrant Dinks Ermordung im Jahr 2015
       
       Hrant Dink, der Herausgeber der armenisch-türkischen Zeitung Agos, wurde
       heute vor elf Jahren in Istanbul vor dem Redaktionsgebäude der Agos von
       Ogün Samast erschossen. Nachdem der Verhaftung von Samast kam heraus, dass
       die Sicherheitsbehörde in Trabzon, der Stadt, aus der Samast kommt, und der
       türkische Geheimdienst (MIT) bereits ein Jahr zuvor von den Mordplänen
       wussten, aber nichts unternahmen, um den Anschlag zu verhindern.
       
       Elf Jahre später ist immer noch nicht aufgeklärt, wie der Mord organisiert
       wurde. Bis heute ist nicht klar, wer die Verantwortlichen hinter dem Mord
       sind. Je nach politischer Lage veränderten sich die Tatverdächtigen und
       Angeklagten.
       
       Im Rahmen der Ergenekon-Prozesse (2007-2013), bei der hochrangige Militärs
       angeklagt und Oppositionelle verhaftet wurden, ermittelte die
       Staatsanwaltschaft im Fall Dink hauptsächlich gegen gegen mutmaßliche
       Mitglieder von Ergenekon. Infolge des Bruchs zwischen der AKP und der
       Gülen-Bewegung im Jahr 2013 wird im Mordprozess um Hrant Dink heute gegen
       mutmaßliche Mitglieder der Gülen-Organisation ermittelt.
       
       ## Die Verantwortung des Geheimdienstes
       
       So wurden die Gendarmen, die 2008 im Dink-Fall trotz ihrer eindeutigen
       Kenntnisse über die Mordpläne nur wegen „Vernachlässigung ihrer Pflicht“
       verurteilt wurden, nach dem Putschversuch 2016 unter dem Vorwurf der
       Terrormitgliedschaft in der FETÖ und der Putschbeteiligung angeklagt. Die
       Zahl der Angeklagten im Dink-Fall beläuft sich elf Jahre nach dem Mord auf
       85 Personen.
       
       In Anbetracht der Tatsache, dass Sicherheitskräfte und Gendarmerie bereits
       Monate im Vorfeld Kenntnis von den Mordplänen hatten, verwundert es, dass
       die Frage nach der Verantwortung des Geheimdienstes überhaupt nicht
       gestellt wurde. 2004 hatte Dink behauptet, dass Sabiha Gökcen, die
       Ziehtochter von Atatürk armenischer Herkunft war.
       
       Daraufhin wurde er ins Istanbuler Governeursamt zitiert und es fand ein
       Treffen zwischen Hrant Dink, dem stellvertretenden Gouverneur von Istanbul,
       Ergun Güngör und dem stellvertretenden Vorsitzenden des Geheimdienstes,
       Özel Yılmaz. Dink sagte im Nachhinein über dieses Treffen: „Es war von
       vornherein klar, weshalb sie mich zu diesem Gespräch eingeladen hatten. Sie
       wollten mich zurechtweisen. Ich sollte vorsichtig sein, sonst würde es kein
       gutes Ende nehmen.“ Das Verfahren gegen Özel Yılmaz wurde eingestellt.
       
       19 Jan 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Canan Coşkun
       
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