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       # taz.de -- Münchner Sicherheitskonferenz: Bundespräsident als Mahner
       
       > Zur Eröffnung warnt Frank-Walter Steinmeier vor einer destruktiven
       > Dynamik. Er fürchtet einen neuen Rüstungswettlauf zwischen den Ländern.
       
   IMG Bild: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf der Münchner Sicherheitskonferenz
       
       München taz | Mit einer nachdenklichen Rede von Bundespräsident
       Frank-Walter Steinmeier hat am Freitag [1][die Münchner
       Sicherheitskonferenz] begonnen. Eindringlich warnte er vor einer zunehmend
       destruktiven Dynamik der Weltpolitik. „Vom Ziel internationaler
       Zusammenarbeit zur Schaffung einer friedlicheren Welt entfernen wir uns von
       Jahr zu Jahr weiter“, sagte er.
       
       Mit Blick auf die Befreiung von Auschwitz und das Ende des Zweiten
       Weltkriegs vor 75 Jahren wiederholte Steinmeier seine Worte von [2][vor
       drei Wochen in Yad Vashem]: „Ich wünschte, sagen zu können: Wir Deutsche
       haben für immer aus der Geschichte gelernt. Aber das kann ich nicht sagen,
       wenn Hass und Hetze sich ausbreiten.“ Heute zeigten sich die bösen Geister
       der Vergangenheit in neuem Gewand: völkisches Denken, Rassismus,
       Antisemitismus. So seien wir nicht nur in Deutschland aufs Neue gefordert,
       „unser elementares Verständnis von der Würde eines jeden Menschen zu
       verteidigen und für unsere offenen Gesellschaften zu kämpfen“.
       
       Er wünsche sich auch, fuhr Steinmeier fort, „sagen zu können: Wir haben
       auch als Staatengemeinschaft für immer aus der Geschichte gelernt, nach
       1945 und dann nach 1989“. Doch stattdessen präge inzwischen wieder Idee der
       „Konkurrenz der großen Mächte“ die Wirklichkeit. Die Spuren ließen sich bis
       in die endlosen, opferreichen Kriege im Mittleren Osten und in Libyen
       verfolgen.
       
       Mit ungewöhnlich deutlichen Worten kritisierte der Bundespräsident die
       Supermächte Russland, China und die USA. So habe Russland „militärische
       Gewalt und die gewaltsame Verschiebung von Grenzen auf dem europäischen
       Kontinent wieder zum Mittel der Politik gemacht“. China akzeptiere das
       Völkerrecht ebenfalls „nur selektiv, wo es den eigenen Interessen nicht
       zuwiderläuft“.
       
       Den USA warf Steinmeier vor, dass sie unter der Regierung Donald Trumps
       „der Idee einer internationalen Gemeinschaft eine Absage“ erteilten.
       „Great again“ – notfalls auch auf Kosten der Nachbarn und Partner, laute
       die fatale Devise. Dabei biete allein die Idee einer globalen Ordnung die
       Chance, „auf die Herausforderungen des Anthropozän überzeugende Antworten
       zu formulieren“. Der Rückzug ins Nationale führe hingegen in eine
       Sackgasse, „in eine wirklich finstere Zeit“.
       
       ## Steinmeier bekennt sich zu 2-Prozent-Ziel der Nato
       
       Die Welt sei dabei, in das klassische Sicherheitsdilemma zurückzufallen,
       konstatierte Steinmeier: „Mehr Misstrauen, mehr Rüstung, am Ende weniger
       Sicherheit, das sind die zwangsläufigen Folgen.“ Dazu zähle auch ein neuer
       nuklearer Rüstungswettlauf, „der nicht nur mehr Waffen, sondern vor allem
       mehr nuklear bewaffnete Mächte hervorbringen“ werde.
       
       Steinmeier mahnte, dass sich der Verlust von Diplomatie, von tragenden
       Säulen der bisherigen Sicherheitsarchitektur, von Rüstungskontrollverträgen
       und internationalen Abkommen sich auch „bei noch so großen Anstrengungen
       nicht durch Panzer, Kampfjets und Mittelstreckenraketen kompensieren“
       ließe.
       
       Gleichwohl bekannte er sich ausdrücklich zu dem Ziel der Nato, dass die
       Militärausgaben jedes Mitgliedstaat mindestens zwei Prozent seines
       Bruttoinlandsprodukts betragen sollten. „Ich halte die Anstrengung, es zu
       erreichen, für richtig und notwendig“, sagte er. Für die Bundesrepublik
       würde das eine drastische Steigerung des Verteidigungsetats bedeuten.
       
       Die Münchner Sicherheitskonferenz dauert noch bis Sonntag. Mit Spannung
       erwartet werden die Auftritte des französischen Staatspräsidenten Emmanuel
       Macron sowie des US-amerikanischen Außenministers Mike Pompeo und seines
       russischen Kollegen Sergei Lawrow am Samstagmittag. Insgesamt nehmen nach
       Veranstalter:innenangaben „über 500 hochrangige internationale
       Entscheidungsträger“ an der Tagung teil, die als das wichtigste Forum für
       internationale Sicherheitspolitik gilt.
       
       Ebenfalls am Samstagmittag findet auch in diesem Jahr wieder die
       traditionelle Demonstration des [3][Aktionsbündnisses gegen die
       Nato-„Sicherheits“konferenz] statt. Die Organisator:innen gehen von bis zu
       4.000 Menschen aus, die unter dem Motto „Alles muss sich ändern! Nein zu
       Krieg und Umweltzerstörung!“ durch die Münchner Innenstadt ziehen wollen.
       
       14 Feb 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Muenchner-Sicherheitskonferenz/!5663553
   DIR [2] /75-Jahrestag-Befreiung-Auschwitz/!5653754
   DIR [3] https://sicherheitskonferenz.de/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Pascal Beucker
       
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