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       # taz.de -- Nach Gletscherabbruch in der Schweiz: Gefahr am gestauten Gebirgsfluss vorerst gebannt
       
       > Das Wasser der Lonza hat sich neue Wege durch das Lötschental gesucht.
       > Die befürchtete Flutwelle oder eine Gerölllawine sind bisher nicht
       > eingetreten.  In der Gefahrenzone drohen aber weitere Abbrüche.
       
   IMG Bild: Der Teil von Blatten, der nach dem Bergsturz übrigblieb, wird jetzt vom Wasser des Flusses Lonza überflutet
       
       Blatten/ferden dpa/afp | Das Lötschental im Schweizer Kanton Wallis ist
       nach dem massiven Gletscherabbruch am Mittwoch einer weiteren Tragödie
       vorerst entgangen. Der hinter einem gigantischen Schuttkegel aufgestaute
       Gebirgsfluss Lonza hat sich neue Wege ins Tal gesucht, das abgestürzte
       Eis-, Fels- und Geröllmaterial ist weitgehend stabil geblieben und die
       zeitweise befürchtete Flutwelle oder eine Gerölllawine sind vorerst nicht
       eingetreten.
       
       Die Gemeinden Gampel und Steg informierten die Bevölkerung in der Nacht,
       dass nun Baumaschinen eingesetzt werden, um den Abfluss sicherzustellen.
       „Es geht darum, den reibungslosen Ablauf von Geröll und Schwemmholz durch
       das Bachbett der Lonza innerhalb der Dorfschaften zu gewährleisten“, hieß
       es.
       
       Der für den Kanton Wallis zuständige Geologe Raphaël Mayoraz sprach
       gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk der Schweiz von einem
       vergleichsweise positiven Szenario, die Gefahr sei aber noch nicht
       überstanden. Den Verantwortlichen sei sehr bewusst, dass sie die Lage ganz
       genau beobachten müssten, so Mayoraz. Die Alarmbereitschaft dürfe nicht
       nachlassen.
       
       ## Abflusswasser sehr verschmutzt
       
       Der vorsorglich entleerte Stausee an der Lonza in Ferden unterhalb des
       Katastrophengebiets füllt sich wieder mit Wasser. Der Betreiber des
       dortigen Kraftwerks wurde angewiesen, je nach Bedarf mehr Wasser
       abzulassen, um größere Wassermengen auffangen zu können. Weil das Wasser
       viele Sedimente, also Sand und Abrieb aus dem Schuttkegel, enthält, kann es
       nicht wie dort eigentlich vorgesehen zur Stromproduktion durch die Turbinen
       geleitet werden, teilte der Führungsstab mit.
       
       Die Gefahr eines Murgangs ist immer noch nicht gebannt. Wenn das Wasser der
       Lonza am Schuttkegel Geröll und anderes Material mitreißt und talwärts
       treibt, soll das Staubecken in Ferden dies auffangen können. Ansonsten
       wären die Ortschaften am unteren Lauf der Lonza – Gampel und Steg –
       gefährdet. Die Menschen dieser Dörfer waren aufgerufen worden, sich auf
       eine plötzliche Evakuierung vorzubereiten.
       
       Kurz vor dem Eintritt in die Rhone fließt die Lonza teils durch relativ
       enge Betonkanäle, die bei einem Anschwellen schnell über die Ufer treten
       könnten. Überall sind Messgeräte im Einsatz, um die Lage rund um die Uhr zu
       überwachen. Talabwärts des Schutt- und Geröllberges wurden Dämme errichtet.
       Einsätze im direkten Katastrophengebiet seien wegen der Risiken und der
       geologischen Instabilität weiter nicht möglich, erklärten die Behörden.
       
       ## Weitere Felsstürze möglich
       
       Oberhalb des Lötschentals war im Gebirge auf rund 3.000 Metern instabiler
       Fels abgebrochen und auf den darunterliegenden Birschgletscher gedonnert.
       Der brach am Mittwochnachmittag ab und rauschte mit gigantischen Mengen
       Eis, Fels und Geröll ins Tal. Das Dorf Blatten liegt fast vollständig unter
       dem meterhohen Schuttkegel. Der Schweizerische Versicherungsverband (SVV)
       ging am Freitag von Schäden in Höhe von mehreren hundert Millionen Franken
       aus. Die rund 300 Einwohner waren vorher in Sicherheit gebracht worden. Von
       einem seit dem Bergsturz vermissten 64-jährigen Mann fehlt unterdessen
       weiterhin jede Spur. In der Gefahrenzone drohen weitere Abbrüche.
       
       Das Gesamtvolumen der Eis- und Gesteinsablagerungen am Talboden bezifferte
       der Kanton auf zehn Millionen Kubikmeter. Die Schuttmasse sei mehrere
       dutzend Meter hoch und erstrecke sich auf mehr als zwei Kilometer. Wie
       lange das in dem neu gebildeten See aufgelaufene Wasser bräuchte, um
       langsam durch diese Geröllmassen abzufließen, ist laut dem Geologen Mayoraz
       unklar. Womöglich müsse die Bevölkerung im Lötschental mehrere Wochen lang
       in ständiger Bereitschaft für eine Evakuierung wegen einer plötzlichen
       Sturzflut bleiben.
       
       Die infolge des Klimawandels steigenden Temperaturen [1][lassen seit
       Jahrzehnten die Gletscher in den Alpen schrumpfen und machen sie weniger
       stabil]. Allein in den Jahren 2022 und 2023 verloren Schweizer Gletscher
       zehn Prozent ihrer Masse – so viel wie im gesamten Zeitraum 1960 bis 1990.
       
       Im August 2017 war es bereits zu einem massiven Felsbruch im Südschweizer
       Kanton Graubünden gekommen. 3,1 Millionen Kubikmeter Gestein stürzten vom
       Berg Piz Cengalo nahe der italienischen Grenze in die Tiefe, acht Wanderer
       wurden getötet. Hunderttausende Kubikmeter Gestein und Schlamm trafen auf
       die Ortschaft Bondo und verursachten dort massive Zerstörung. Da Bondo
       zuvor evakuiert worden war, wurde keiner der Bewohner verletzt.
       
       31 May 2025
       
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