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       # taz.de -- Nach Protesten in Senegal: Krise ist vorerst abgewehrt
       
       > In Senegal wird in zwei Wochen ein Nachfolger von Präsident Macky Sall
       > gewählt. Das beendete die Proteste, nun geht's in den kurzen Wahlkampf.
       
   IMG Bild: Protest in Dakar: Diese Männer unterstützen den Kandidaten Bassirou Diomaye Faye (auf dem Plakat)
       
       Cotonou taz | Das wochenlange Warten, die Debatten und die Drohgebärden
       haben zumindest vorerst ein Ende: In Senegal wird am 24. März ein neuer
       Präsident gewählt. Die Regierung um Amtsinhaber Macky Sall hatte den Termin
       bereits am Mittwoch festgelegt. Anschließend zögerte der siebenköpfige
       Verfassungsrat jedoch noch, gab dann aber knapp 24 Stunden später sein
       Einverständnis.
       
       Damit geht vorerst eine [1][schwere Krise im Land] zu Ende. Sall hatte die
       für den 25. Februar geplante Wahl Anfang des Monats kurzerhand ausgesetzt.
       [2][Landesweite Proteste, bei denen vier Menschen starben, folgten.]
       Zwischenzeitlich sollte erst Mitte Dezember gewählt werden, was Salls
       Amtszeit um ein knappes Jahr hätte verlängern können. Obwohl er keine
       dritte Amtszeit angestrebt hatte, die laut Verfassung auch nicht möglich
       ist, wird ihm nachgesagt, an der Macht bleiben zu wollen.
       
       Jetzt stehen 19 Namen auf dem Stimmzettel, so viele wie nie zuvor. Nachdem
       Rose Wardini ihre Kandidatur zurückgezogen hat, bleibt Politikneuling und
       Unternehmerin Anta Babacar Ngom die einzige Frau. 2016 übernahm sie das
       Geflügelimperium ihres Vaters. Sie gilt als chancenlos.
       
       In den sozialen Medien taucht dafür überall ein Gesicht auf: das von
       Bassirou Diomaye Faye. Seine Anhänger:innen fordern dazu auf, am 24.
       März auf jeden Fall wählen zu gehen. Auch laden sie zu
       Informationsveranstaltungen ein. Doch es bleiben nur knapp zwei Wochen für
       den Wahlkampf. Üblicherweise sind es drei.
       
       Der Verfassungsrat hatte auch den zwischenzeitlich vorgeschlagenen Termin
       2. Juni abgelehnt und gesagt, es müsse vor dem 2. April, dem Ende von Salls
       Amtszeit, gewählt werden. Den 2. Juni hatten die Teilnehmer:innen des
       sogenannten Nationalen Dialogs priorisiert. Große Teile der Bevölkerung und
       der Opposition hatten die zweitägige Veranstaltung ohnehin abgelehnt und
       betont: „Wir wollen nicht reden, sondern wählen.“
       
       Kritik an geplantem Amnestiegesetz 
       
       Bassirou Diomaye Faye sitzt allerdings noch im Gefängnis. Ein neuer
       Amnestieentwurf, den das Parlament am Mittwoch verabschiedet hat, könnte
       aber dazu führen, dass er doch noch Wahlkampf machen kann. Faye wird
       unterstützt von Ousmane Sonko, der ebenfalls inhaftiert ist. Letzterer war
       bei der Wahl 2019 Dritter geworden. Er begeistert vor allem junge
       Senegales:innen. Als Kandidat wurde er diesmal aber nicht zugelassen. Faye
       gehört der von Sonko gegründeten und mittlerweile verbotenen Partei Pastef
       an.
       
       Der Entwurf des Amnestiegesetzes soll offiziell der Versöhnung dienen,
       heißt es doch, dass es sich um ein allgemeines Amnestiegesetz für alle
       Handlungen im Zusammenhang mit den politischen Protesten zwischen 2021 und
       2024 handele. Ilaria Allegrozzi, leitende Sahel-Forscherin bei Human Rights
       Watch (HRW), kritisiert allerdings: „Wenn das Gesetz verabschiedet wird,
       könnte es den Beamten, die für schwere Menschenrechtsverletzungen
       verantwortlich sind, faktisch Straflosigkeit gewähren.“
       
       Nach Befragungen innerhalb der Zivilgesellschaft und der politischen
       Opposition sind seit März 2021 mindestens 40 Menschen ums Leben gekommen.
       Bis zu 1.000 Oppositionelle wurden verhaftet. Zu Prozessen kam es nicht.
       344 Personen wurden seit Mitte Februar allerdings wieder aus dem Gefängnis
       entlassen, was als Beschwichtigungsgeste gilt.
       
       Kommt es zur Stichwahl? 
       
       Einen Wahlkampfsprint hinlegen muss nun auch Amadou Ba, der Kandidat des
       Regierungslagers. Am Mittwochabend hatte er das Amt des Premierministers
       niedergelegt, um sich ganz dem Wahlkampf zu widmen.
       
       Meinungsumfragen dürfen in Senegal zwar gemacht, aber nicht veröffentlicht
       werden. In den vergangenen Wochen hieß es mehrfach, dass Bas Wahl alles
       andere als sicher sei. Es gab sogar Spekulationen, dass er es nicht einmal
       in die Stichwahl schaffen würde. Sie findet statt, wenn keiner der Bewerber
       im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht.
       
       8 Mar 2024
       
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   DIR Katrin Gänsler
       
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