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       # taz.de -- Nach UN-Bericht über Uiguren in Xinjiang: Ein Österreicher für Menschenrechte
       
       > Der Linzer Diplomat Volker Türk wird neuer UN-Menschenrechtskommissar.
       > Zuvor hatte der 57-Jährige mehrere Spitzenpositionen bekleidet.
       
   IMG Bild: Türk wird als als Kommissar für Menschenrechte einen vollen Terminkalender haben; Aufnahme von 2019
       
       Wien taz | Auf welch brisanten Posten der oberösterreichische Diplomat
       Volker Türk gesetzt wurde, konnte man in den letzten Tagen ermessen. In
       buchstäblich letzter Minute ihrer Amtszeit [1][hatte seine Vorgängerin
       Michelle Bachelet ihren Bericht] über die Knechtung der uigurischen
       Minderheit in der chinesischen Provinz Xinjiang veröffentlicht. Böses Blut
       und entrüstete Proteste aus Peking waren vorprogrammiert. Keine Regierung
       der Welt lässt sich gerne [2][der groben, systematischen
       Menschenrechtsverletzungen] überführen. Genau das ist aber die Aufgabe des
       UN-Menschenrechtskommissars.
       
       „Es ist Chinas Hoffnung, dass Herr Türk das Büro leiten wird, indem er sich
       strikt an die Prinzipien der Objektivität, Unparteilichkeit und
       Nichtpolitisierung hält“, lautete die Glückwunschbotschaft von Chinas
       stellvertretendem UN-Botschafter Dai Bing. Der 57-jährige Völkerrechtler
       wird sich sehr bald mit den Folgemaßnahmen zu dem brisanten Bericht
       auseinandersetzen müssen, den ihm Bachelet hinterlassen hat. Unter anderem
       muss geklärt werden, ob die „willkürlichen und diskriminierenden
       Inhaftierungen“ von Uiguren und anderen Muslimen als Verbrechen gegen die
       Menschlichkeit zu qualifizieren sind.
       
       Der Name Volker Türk mag in der Öffentlichkeit wenig bekannt sein, doch in
       den Vereinten Nationen hat der Linzer mit Doktortitel an der Uni Wien in
       den letzten Jahrzehnten schon mehrere Spitzenpositionen bekleidet. Allein
       im UNO-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) kann er auf eine 25-jährige
       Karriere zurückblicken. Von Kuwait 1991, das damals von Saddam Hussein
       überfallen wurde, über die Demokratische Republik Kongo, Bosnien und
       Herzegowina, Kosovo und Malaysia war er in Ländern im Einsatz, wo sich
       einige der größten humanitären Katastrophen der letzten Jahrzehnte
       abgespielt haben.
       
       Zwischendurch war er immer wieder in der Zentrale in Genf beschäftigt,
       zuletzt als Direktor für Organisationsentwicklung und Management.
       UNO-Generalsekretär António Guterres holte ihn schließlich 2019 als
       beigeordneten Generalsekretär für strategische Koordination in sein Büro.
       
       ## Akzentfreies Englisch mit britischer Färbung
       
       „Sein umfassendes Wissen im Bereich des internationalen
       Flüchtlingsschutzes, seine strategische Vision und seine hochgeschätzte
       anwaltschaftliche Tätigkeit für Schutzbedürftige werden der Schlüssel zu
       der breiten Verantwortungspalette in seiner neuen Tätigkeit sein“, so
       Guterres zu seiner neuen Funktion. Der UNO-Generalsekretär musste sich für
       die freihändige Bestellung seines Vertrauten den Vorwurf gefallen lassen,
       den UNO-Sicherheitsrat übergangen zu haben.
       
       Türk muss jetzt durch seine Amtsführung das nötige Vertrauen aufbauen. In
       seinem akzentfreien Englisch mit britischer Färbung versteht er es
       jedenfalls, Empathie zu vermitteln. Auf Twitter, wo er in einem halben Jahr
       bereits über 12.000 Follower gefunden hat, lässt er keine Krise ohne
       Kommentar: die bevorstehende Hungersnot in Somalia, die Sicherheit des
       ukrainischen AKW Saporischschja, das Problem der weltweiten
       Luftverschmutzung, die Flutkatastrophe in Pakistan, die anhaltende
       Repression in Myanmar.
       
       Dass er auch außerhalb der Weltpolitik zu Hause ist, versucht er durch
       Postings über die Bienen oder musikalische Darbietungen zu beweisen. Da
       stecken allerdings auch wieder die großen Themen, die die Menschheit
       bewegen. So entdeckt er in der Ersten Bruckner-Symphonie, aufgeführt in der
       Stiftskirche St. Florian, „eine Sehnsucht nach Frieden und Freiheit.“
       
       10 Sep 2022
       
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