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       # taz.de -- Nach dem Abzug internationaler Truppen: Taliban greifen Provinzhauptstadt an
       
       > Während in Kabul ein Abschiebeflug aus Deutschland eintrifft, greifen die
       > Taliban eine Provinzhauptstadt an. Sie bewegten sich frei durch Kala-e
       > Nau.
       
   IMG Bild: Die USA haben Anfang Juli ihre größte Luftwaffenbasis Bagram verlassen
       
       Kabul dpa | [1][Erstmals seit Beginn des Abzugs der internationalen Truppen
       aus Afghanistan] haben die militant-islamistischen Taliban eine
       Provinzhauptstadt angegriffen. Es gebe Gefechte in Kala-e Nau, der
       Hauptstadt der Provinz Badghis im Westen des Landes, bestätigten mehrere
       Behördenvertreter der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch.
       
       Die Situation war zunächst unübersichtlich. Provinzräten zufolge hatten
       sich Regierungsvertreter, darunter der Gouverneur, und ein Teil der
       Sicherheitskräfte in eine Militärbasis in der Nähe des Flughafens
       zurückgezogen und von dort aus versucht, die Taliban-Angriffe abzuwehren.
       Es folgten Berichte über Luftschläge.
       
       Provinzräte sagten, dass Taliban-Kämpfer sich völlig frei auf Motorrädern
       in der Stadt bewegten. Vor allem Familien von Regierungsvertretern seien in
       Richtung Herat geflüchtet, Taxifahrer hätten Wucherpreise verlangt.
       Hunderte Gefangene konnten aus einem Gefängnis der Stadt entkommen. Am
       frühen Mittwochabend (Ortszeit) erklärten die Sicherheitskräfte, sie seien
       auf dem Vormarsch. Der Gouverneur sagte, er sei wieder in seinem
       Regierungsgebäude.
       
       Dem Angriff auf die Stadt ging der Fall der letzten drei noch unter
       Kontrolle der Regierung stehenden Bezirke in der Provinz voraus. Soldaten
       und Polizisten hätten sich aus den Bezirken Mukur, Ab Kamari und Kadis in
       die Provinzhauptstadt Kala-e Nau zurückgezogen, sagten Provinzräte. Ein
       Konvoi aus Mukur sei dabei angegriffen worden, und die Sicherheitskräfte
       hätten große Verluste erlitten. Daraufhin hätten sich mehrere
       Regierungsvertreter und hochrangige Polizisten den Taliban ergeben.
       
       ## US-Soldaten verließen vergangene Woche Luftwaffenbasis
       
       Mit Beginn des Abzugs der US- und Nato-Truppen aus Afghanistan Anfang Mai
       hat sich die Sicherheitslage zugespitzt. Die Taliban haben seither rund ein
       Viertel der Bezirke im Land neu erobert. Dabei haben sie Hunderte
       Regierungskräfte getötet, verwundet, gefangen genommen oder zur Aufgabe
       überredet. Mindestens fünf Provinzhauptstädte haben sie mittlerweile
       umzingelt.
       
       In der Vergangenheit wurden Angriffe auf Provinzhauptstädte mithilfe von
       US-Luftschlägen zurückgedrängt. Die USA haben aber vergangene Woche ihre
       größte Luftwaffenbasis Bagram verlassen. Laut New York Times gibt es noch
       „etwas Hilfe“ von den USA in Form von kurzzeitiger Luftunterstützung, die
       jetzt von außerhalb des Landes kommt. Der Abzug der US-Truppen ist
       mittlerweile nach Pentagon-Angaben zu mehr als 90 Prozent abgeschlossen.
       Die Bundeswehr hatte das Land Ende Juni verlassen.
       
       Am Mittwochmorgen war gleichzeitig erneut ein Abschiebeflug aus Deutschland
       in Kabul eingetroffen. Nach Informationen aus dem Bundesinnenministerium
       waren 27 abgelehnte Asylbewerber an Bord. 26 davon seien Straftäter
       gewesen. An der Maßnahme beteiligten sich acht Bundesländer: Brandenburg,
       Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Hamburg, Niedersachsen,
       Nordrhein-Westfalen und Sachsen.
       
       [2][Die Abschiebungen sind aufgrund der schlechten Sicherheitslage
       umstritten]. Ein Sprecher des Flüchtlingsministeriums in Kabul sagte der
       Deutschen Presse-Agentur, dass man aufgrund der Sicherheitssituation, hoher
       Arbeitslosigkeit, steigender Armut und der Coronapandemie in offiziellen
       Treffen mit den abschiebenden Ländern immer wieder anfrage, die
       Abschiebungen auszusetzen.
       
       Allerdings hätten die Länder ihre eigenen Regeln und würden Afghanen nach
       diesen Regeln weiter abschieben. Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) sagte
       am Montag, er halte die bisherige Abschiebepraxis trotz der Zunahme der
       Gewalt noch für vertretbar.
       
       7 Jul 2021
       
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