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       # taz.de -- Nach dem Putsch in Niger: Die Junta richtet sich ein
       
       > Der bisherige Chef der Präsidialgarde präsentiert sich als neuer starker
       > Mann in Niger. In einer TV-Ansprache begründet er den Militärputsch.
       
   IMG Bild: General Abdourahmane Tchiani erklärt im Fernsehen seine Machtübernahme in Niger, 28.7.2023
       
       Cotonou taz | Die Spekulationen sind vorerst beendet, und es ist klar: Der
       neue mächtige Mann in Niger heißt General Abdourahmane Tchiani, der auch
       als Omar Tchiani bekannt ist. Der 62-Jährige, der Präsident des eilig
       gegründeten Nationalrats zur Rettung des Vaterlandes (CNSP) ist, hat am
       Freitagmittag seine erste Fernsehansprache im staatlichen Sender „ORTN“
       gehalten und den [1][Staatsstreich] gegen Präsident [2][Mohamed Bazoum]
       erneut wie folgt begründet: Bazoum habe schlecht regiert, die
       Sicherheitslage habe sich zunehmend verschlechtert und die soziale und
       wirtschaftliche Krise sei schlicht zu groß gewesen.
       
       Lösungen hätten gefehlt. Stattdessen hätte man der Bevölkerung weismachen
       wollen, dass alles in Ordnung sei, obwohl es eine „harte Realität der
       Toten, Vertriebenen, Gedemütigten und Frustrierten“ gebe. Auch der Versuch,
       die Sicherheit mithilfe von ausländischen Streitkräften – in Niger sind es
       vor allem französische und US-amerikanische – wiederherzustellen, sei
       misslungen.
       
       Damit hat er wohl auch die letzten Hoffnungen der internationalen
       Gemeinschaft zunichtegemacht, doch noch eine andere Lösung zu finden. Aus
       Paris – Frankreich war bis 1960 Kolonialmacht – hießt es am Freitagmorgen
       noch: Man betrachte den „versuchten“ Putsch nicht als „endgültig“, so die
       französische Außenministerin Catherine Colonna. Präsident Emmanuel Macron
       forderte vor Journalist:innen Bazoums Freilassung und sagte, der Putsch
       sei „zutiefst gefährlich für die ganze Region“.
       
       Unterdessen richtet sich die Junta in Niger ein, und Tchiani ist Bazoum
       bestens bekannt. Er war seit 2011 Chef der Präsidentengarde, die aus rund
       700 Soldat:innen besteht. Die Eliteeinheit ist mächtig, dicht am
       Präsidenten, gut ausgestattet und sollte diesen eigentlich genau vor einem
       Putsch schützen.
       
       ## UN wollen humanitäre Einsätze in Niger einstellen
       
       Gleichzeitig ist sie auch gefürchtet. In anderen westafrikanischen Ländern
       wie Burkina Faso, deren Streitkräfte ebenfalls eine Präsidentengarde haben,
       hat die unterschiedliche Behandlung verschiedener Einheiten außerdem
       mehrfach zu internen Spannungen geführt.
       
       Tchiani selbst wurde bereits 2015 mit einem Putschversuch gegen Bazoums
       Vorgänger, Mahamadou Issoufou, in Verbindung gebracht. 2018 sprach ihn ein
       Gericht aber von den Vorwürfen frei. Über dessen Ausbildung und Privatleben
       ist bisher wenig bekannt. Er soll als „diskret“ gelten.
       
       Nach Informationen der britischen BBC hatte Bazoum womöglich geplant,
       Tchiani im Zuge der Umstrukturierung der Streitkräfte abzusetzen. Bereits
       am Donnerstag hatte es Vermutungen gegeben, dass vor allem interne
       Spannungen Auslöser für den Putsch waren.
       
       Die Vereinten Nationen haben angekündigt, ihre humanitären Einsätze in
       Niger einzustellen. Im Land sind allerdings 4,3 Millionen Menschen auf
       Hilfe angewiesen. Die Europäische Union forderte am Freitag, die Sicherheit
       und Bewegungsfreiheit von Präsident Bazoum bedingungslos zu gewährleisten.
       Jeder Verstoß gegen die verfassungsmäßige Ordnung habe Konsequenzen für die
       Zusammenarbeit zwischen der EU und Niger, einschließlich der sofortigen
       Aussetzung jeglicher Budgethilfe.
       
       In einer unüberprüften Sprach-Nachricht soll Jevgenij Prigoshin, Chef der
       russischen Wagner-Miliz, den Staatsstreich indes begrüßen. Auch soll er
       gesagt haben: „Was in Niger passiert ist, ist nichts anderes als der Kampf
       der Menschen in Niger gegen Kolonisatoren, die versuchten, ihre eigenen
       Regeln durchzusetzen.“
       
       In Niger gilt derzeit nachts eine nächtliche Ausgangssperre. Nach
       Demonstrationen von Bazoum-Anhänger:innen hatte die Junta jegliche
       Versammlungen verboten. Dennoch heißt es, dass Gegner:innen der Junta
       erneut gegen die Absetzung des Präsidenten protestieren wollen.
       
       28 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
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   DIR Katrin Gänsler
       
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