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       # taz.de -- Nach der Präsidentschaftswahl: Gegen Kameruns „Wahlfälschung“
       
       > Die Opposition hält den Wahlsieg von Präsident Biya für Betrug. Die
       > Regierung duldet keine „Unordnung“ und nimmt Protestierende fest.
       
   IMG Bild: Der 85-jährige Biya regiert Kamerun seit 1982
       
       Yaoundé taz | Die Totenstille in Kamerun nach der Präsidentschaftswahl vom
       7. Oktober ist vorbei. Seit vor einer Woche der 85-jährige Amtsinhaber Paul
       Biya, der Kamerun seit 1982 regiert, [1][offiziell zum Wahlsieger mit 71,1
       Prozent der Stimmen ausgerufen wurde], protestiert die Opposition gegen den
       von ihr behaupteten Wahlbetrug. Die Reaktion des Staates ist genauso
       erwartbar hart wie Biyas Sieg erwartbar hoch.
       
       Mehrere Menschen wurden am Sonntag bei einem friedlichen Protest vor der
       Kathedrale der Hauptstadt Yaoundé festgenommen. Am Samstag hatte es in
       Kameruns größter Stadt Douala 50 Festnahmen gegeben, als ein Protestmarsch
       der Anhänger des Oppositionsführers Maurice Kamto gewaltsam aufgelöst
       wurde. Zuvor hatte die Polizei den Sitz von Kamtos Partei MRC (Bewegung für
       die Renaissance Kameruns) umstellt und nach Angaben der Partei die Fenster
       zerbrochen und Tränengasgranaten ins Gebäude geworfen.
       
       Zu den Festgenommenen, die am Samstagabend wieder frei kamen, gehörte
       Kamtos Anwältin Michèle Ndoki, die die Wahl vor dem Verfassungsgericht
       erfolglos angefochten hatte. Sie hatte darauf hingewiesen, dass viele der
       regionalen Ergebnisprotokolle der Wahlkommission nicht, wie gesetzlich
       vorgesehen, von den Wahlbeobachtern der teilnehmenden Parteien paraphiert
       und damit bestätigt worden sind, sondern sich diese Unterschriften auf
       separaten Blättern befanden.
       
       ## „Ab jetzt dulden wir keine Unordnung mehr“
       
       Damit sei nicht klar, ob die jeweiligen von der Wahlkommission verkündeten
       Zahlen identisch sind mit den von den Beobachtern bestätigten Zahlen. Laut
       MRC handelt es sich um 32 Prokolle, die zusammen 1,327 Millionen Stimmen
       umfassen – bei insgesamt knapp 3,5 Millionen abgegebenen Stimmen.
       
       Im offiziellen Wahlergebnis siegt Präsident Biya mit 71,1 Prozent;
       MRC-Kandidat Kamto kommt auf 14,4 Prozent. Die MRC hat eigene Ergebnisse
       vorgelegt, laut denen Kamto die Wahl gewonnen hat – mit 39,4 Prozent gegen
       38,5 Prozent für Paul Biya. Kamto hatte sich bereits direkt nach der Wahl
       zum Sieger ausgerufen, damals aber noch keine Zahlen genannt, weil das
       illegal ist – sogar die Gerichtsverhandlung über die Wahlanfechtung fand
       ohne Zahlen statt.
       
       Erst seit dem amtlichen Ergebnis dürfen Zahlen genannt werden, aber
       zugleich ist mit dem amtlichen Ergebnis aus Sicht der Regierung jede
       Infragestellung der offiziellen Zahlen gleichbedeutend mit Rebellion und
       daher nicht zu tolerieren. „Die Verwaltung hat sich bislang zurückgehalten,
       aber ich muss darauf hinweisen, dass wir ab jetzt keine Unordnung mehr
       dulden werden“, sagte Territorialminister Paul Atanga Nji am Freitagabend
       im Hinblick auf die geplanten Proteste am Samstag.
       
       ## Eine Nobelvilla auf Staatskosten
       
       Da waren schon mehrere Oppositionsproteste unterbunden worden. Die Polizei
       ging nicht nur gegen Kamtos Anhänger vor. Der Parteisitz des
       Drittplazierten Cabral Libii in Yaoundé wurde am Mittwoch und Donnerstag
       von der Polizei abgeriegelt, er selbst durfte am Samstag nach eigenen
       Angaben sein Haus nicht verlassen. Cabral Libii hatte zahlreiche
       desillusionierte Jugendliche begeistert. Kamto war der Kandidat von
       Kameruns größter Volksgruppe der Bamileke, die traditionell gegen Biya
       eingestellt ist.
       
       Nach Presseberichten hat sich Biya für seinen Sieg erkenntlich gezeigt. Am
       Tag nach der Ergebnisverkündung durch das Verfassungsgericht
       veröffentlichte das Regierungsblatt eine Ausschreibung zum Bau einer neuen
       Residenz für Verfassungsgerichtspräsident Clement Atangana. Die Kosten für
       die Nobelvilla in Yaoundés Edelviertel Bastos, rund 415.000 Euro, trägt die
       Staatskasse.
       
       28 Oct 2018
       
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