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       # taz.de -- Nachruf Dave Brubeck: Ein Freund der ungeraden Takte
       
       > Er stand für eine Akademisierung des Jazz, lernte selbst aber nie Noten
       > lesen. Zum Tode des amerikanischen Pianisten Dave Brubeck.
       
   IMG Bild: Ein Virtuose: Dave Brubeck.
       
       Eigentlich hätte er Farmer werden sollen. Wie sein Vater, der Viehzüchter
       in Kalifornien war und fürchtete, keinen erblichen Nachfolger für seine
       riesige Ranch zu finden. Doch David Warren Brubeck hatte andere Pläne. Er
       wollte es seinen Brüdern gleichtun und Musiker werden.
       
       Seine Entscheidung sollte sich als die richtige erweisen. Nach klassischem
       Klavier- und Kompositionsstudium sorgte Dave Brubeck für eine Reihe
       ohrwurmsicherer Standards und mit seinem Album „Time Out“ von 1959 für
       einen der größten Verkaufserfolge in der Geschichte des Jazz.
       
       Und das, obwohl seine Musik zwar eingängig war, sich aber einige Freiheiten
       mit den gewohnten Umgangsformen des Jazz nahm. So stand sein größter Hit
       „Take Five“, wie der Titel programmatisch ankündigt, nicht im meist
       üblichen Vier-, sondern im Fünfvierteltakt.
       
       ## Lässig nachhinkender Swing
       
       Ungerade Rhythmen kannte man damals – vom Walzer einmal abgesehen – in
       erster Linie aus der modernen Musik, etwa von Igor Strawinsky oder Béla
       Bartók. Von deren schroffer Kantigkeit ist in „Take Five“ jedoch nichts zu
       spüren. Sein lässig nachhinkender Swing ist so geschickt synkopiert, dass
       er wie selbstverständlich zum Mitwippen auffordert.
       
       Brubecks akademischer Ansatz – er hatte unter anderem bei dem Komponisten
       Darius Milhaud studiert, der die Jazzvorliebe seines Schülers ausdrücklich
       unterstützte – trug stark dazu bei, dass sich auch die intellektuelle
       Mittelschicht in den USA zunehmend für Jazz zu interessieren begann. „Take
       Five“ avancierte dabei nicht nur zum Klassiker des Cool Jazz, sondern fand
       sogar seinen Weg in das Repertoire des bürgerlichen Klavierunterrichts.
       
       Auf den Noten war als Komponist übrigens nicht Brubeck selbst genannt,
       sondern Paul Desmond, der als Saxofonist im Dave Brubeck Quartet von dessen
       Gründung 1951 bis zu dessen erster Auflösung im Jahr 1967 mit seinem
       hellen, klaren Ton den „coolen“ Ton des Ensembles deutlich mitbestimmte.
       
       Brubeck, der von seiner Mutter, einer ausgebildeten Pianistin, Unterricht
       erhalten hatte, lernte kurioserweise nie Noten lesen. Zum Musikstudium war
       er wegen seiner Fähigkeiten in Harmonik und Kontrapunkt gleichwohl
       zugelassen worden.
       
       Dieses Talent ermöglichte es ihm, auch komplexe Geflechte wie sein dezent
       nervöses „Blue Rondo à la Turk“ im 9/8-Takt zu einem kohärent fließenden
       Ganzen zu fügen, bei dem man sogar – ansatzweise – mitsummen kann.
       
       Brubeck hatte mit seiner Frau Iola sechs Kinder, einen seiner Söhne nannte
       er, in Anlehnung an seinen Lehrer Milhaud, Darius. Am Mittwoch ist Brubeck,
       einen Tag vor seinem 92. Geburtstag, an Herzversagen gestorben.
       
       6 Dec 2012
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tim Caspar Boehme
       
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