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       # taz.de -- Nachwahlen im Norden Englands: Tories holen sich Hartlepool
       
       > In der einstigen roten Hochburg im Norden Englands siegen erstmals seit
       > 1974 die Konservativen. Der Verlust sorgt bei Labour für Katerstimmung.
       
   IMG Bild: Siegreich in der einstigen Labour-Hochburg: Jill Mortimer von den britischen Konservativen
       
       London taz | In der einstigen [1][Labour-Hochburg Hartlepool] im Norden
       Englands haben bei der Nachwahlen zum Unterhaus die Konservativen haushoch
       gewonnen: Deren Kandidatin Jill Mortimer gewann mit 15.529 Stimmen fast
       doppelt so viele Stimmen wie der Kandidat der Labourpartei, Paul Williams,
       mit 8.589 Stimmen.
       
       Seit 1974 regiert in Hartlepool die Labourpartei. Nun hat der Wahlkreis
       eine konservative Landwirtin und ehemalige Anwältin, die 50 Kilometer
       entfernt in der Grafschaft Yorkshire lebt und einst auf den Cayman-Inseln
       ansässig war, dem in der Politik erfahrenen Hausarzt Williams aus dem
       Nachbarort Stockton vorgezogen. „Dies ist eine Stimme für positive
       Veränderungen, Arbeitsplätze und Investitionen“, versicherte Mortimer am
       Freitag in ihrer Ansprache.
       
       Immer wieder wurde vor der Abstimmung am Donnerstag auf den Straßen
       Hartlepools das [2][erfolgreiche Impfprogramm des Premiers Boris Johnson]
       gelobt. Und: der vollzogene Brexit, dem die Menschen dort 2016 zu 70
       Prozent zustimmten. Schon 2019 wählten 25 Prozent der Wähler*innen in
       Hartlepool die [3][Brexit-Partei von Nigel Farage]. Labour-Kandidat
       Williams wurde in South Stockton nach zwei Jahren Amtszeit als Abgeordneter
       abgewählt – er hatte sich gegen den Brexit positioniert. Nun ist er im
       benachbarten Hartlepool ebenfalls gescheitert.
       
       Die Hoffnungen der Labourpartei, sich unter der nun [4][einjährigen Leitung
       Keir Starmers] wieder behaupten zu können, haben den Test in Hartlepool
       nicht überstanden. Schon 2019 haben sich einige Teile Englands, die
       jahrelang Labour-dominierten sogenannten Redwalls, von der roten Partei
       abgewandt. Und so war Starmers Ziel von Anfang an der Wiederaufbau des
       Vertrauens vor allem der Arbeiter*innenklasse und die Rückeroberung
       des Nordens.
       
       ## Sparen und Versprechen
       
       Der Labour-Abgeordnete Steve Reed nannte das Ergebnis nun auf BBC
       „verheerend“. Labour hätte zwar einen neuen Parteiführer, der eine echte
       Alternative als Premierminister darstelle. Den Brit*innen sei es jedoch
       noch nicht klar, dass sich die Partei seit dem Abdanken [5][Jeremy Corbyns]
       verändert hätte.
       
       Die selbstbewusste Art der Johnson-Regierung mit ihren Versprechungen der
       finanziellen Förderung von nördlichen benachteiligten Regionen scheint
       besser zu greifen. Dabei hat gerade die konservativ geleitete Sparpolitik
       seit 2010 viele Probleme im postindustriellen Hartlepool verschärft. Vielen
       sozialen Einrichtungen und auch Teilen des Ortskrankenhauses wurde der
       Geldhahn abgedreht und verarmte Regionen hatten in der Pandemie eine
       beinahe zweimal so hohe Todeszahl zu verbuchen.
       
       Obwohl die meisten Ergebnisse der an vielen Orten ausgetragenen Kommunal-
       und Bürgermeisterwahlen noch ausstehen, zeichnen sich für Labour
       beunruhigende Trends ab. So scheint die Partei in South Tyneside in
       Nordengland, in Harlow in Südengland, und in Nuneaton und Bedworth östlich
       von Birmingham ihre zum Teil lange bestehende Mehrheit gegen die Tories zu
       verlieren.
       
       Weitere Ergebnisse, etwa zur [6][Bürgermeister*innenwahl in London],
       zur [7][Parlamentswahl in Schottland] und zur Wahl der Nationalversammlung
       in Wales, werden in den nächsten Stunden und Tagen erwartet.
       
       7 May 2021
       
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