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       # taz.de -- Nahost-Demos: Der Kampf auf den Straßen
       
       > Vor dem 7. Oktober demonstrieren tausende in Deutschland für ihre
       > Sichtweise auf den Nahostkonflikt. Nicht alle werden der Komplexität der
       > Lage gerecht.
       
   IMG Bild: Pali am Kotti: Etwa 1.200 Personen demonstrierten am Kottbusser Tor in Berlin gegen Israels Vorgehen in Gaza und im Libanon
       
       BERLIN taz | Es gehört schon was dazu, am 6. Oktober zuerst von
       israelischem „Siedlerkolonialismus“ zu sprechen und dann in ein Mikrofon zu
       brüllen: „Wir feiern die Gegenwehr.“ Doch die Menschen, die sich [1][am
       Kottbusser Tor in Berlin] versammelt haben, jubeln dem Mann auf dem
       Lautsprecherwagen begeistert zu – auch wenn den meisten klar sein dürfte,
       dass mit „Gegenwehr“ der Hamas-Terror gemeint ist, der sich am Montag
       jährt.
       
       Unter dem Motto „Gegen Genozid in Gaza“ demonstrierten am Sonntag etwa
       1.200 Personen gegen Israels Vorgehen in Gaza und im Libanon – freilich
       ohne dabei die Komplexität der Lage zu berücksichtigen. „Leave Iran Alone“
       war auf einem Plakat zu lesen, auf Deutsch: „Lasst den Iran in Ruhe“. Als
       hätte [2][das islamistische Regime in Teheran nicht erst vor wenigen Tagen
       Hunderte ballistische Raketen auf Israel abgefeuert.]
       
       So war die Demonstration in Berlin ziemlich genau das, wovor viele
       Politiker*innen wenige Stunden zuvor noch gewarnt hatten.
       Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) etwa hatte [3][in seinem Podcast am
       Sonntag] gesagt: „Antisemitismus und blinden Israel-Hass werden wir niemals
       hinnehmen.“ Zwar verstehe er es durchaus, wenn Menschen ihre Betroffenheit
       über die Lage in Gaza oder dem Libanon ausdrücken wollten. Klar sei aber:
       „Den Jüdinnen und Juden hier in Deutschland gilt die volle Solidarität
       unseres Staates – und die Solidarität aller Anständigen in diesem Land.“
       
       Bundesaußenministerin Annalena Baerbock schrieb in einem Gastbeitrag in der
       Bild am Sonntag an „unsere israelischen Freundinnen und Freunde“, mit der
       Botschaft: „Wir stehen an Eurer Seite. Eure Sicherheit ist Teil unserer
       Staatsräson.“ Selbstverständlich habe Israel das Recht, sich gegen die
       Angriffe der Islamisten von Hamas und Hisbollah zur Wehr zu setzen. Zur
       Situation in Deutschland schrieb Baerbock: „Es beschämt mich, dass seitdem
       Jüdinnen und Juden sich auch bei uns unsicherer fühlen, antisemitische
       Angriffe in unserem Land zugenommen haben, dass Männer Angst haben, mit
       Kippa über die Straße zu gehen, und Kinder, in der U-Bahn Hebräisch zu
       sprechen.“ Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sagte am Sonntag:
       „Der Hass, der in einem von vielen nicht mehr für möglich gehaltenen Ausmaß
       in den letzten Monaten Jüdinnen und Juden entgegengeschlagen ist, beschämt
       mich zutiefst.“
       
       ## Zentralratspräsident fordert Zivilcourage
       
       Am Sonntag fanden aber auch Veranstaltungen statt, die explizit der Opfer
       des 7. Oktober gedachten. Bei der Aktion „Run for their Lifes“ in München,
       die auf die Geiseln in der Gewalt der Hamas aufmerksam macht, sagte der
       Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster: „So wie sich Israel
       und seine Menschen gegen diesen Terror zur Wehr setzen, hat unser aller
       Bewunderung verdient.“ Gleichzeitig betonte Schuster aber auch: „Juden und
       Palästinenser sind nicht nur Nachbarn im Nahen Osten, sie sind es auch in
       deutschen Städten.“ Es gelte: „Zu einem Zusammenleben gibt es keine
       Alternative.“ An die Mehrheitsgesellschaft gewandt, sagte Schuster: „Wir
       brauchen sichtbare und nachhaltige Zivilcourage!“
       
       Und auch in Berlin blieb die einseitige Kritik an Israel nicht
       unwidersprochen. In Mitte demonstrierten Hunderte unter dem Motto
       „Gemeinsam gegen das Verbrechen der Hamas an Israelis und Palästinensern“.
       Ilei, der dort mitdemonstrierte, sagte der taz: „Die israelischen Geiseln
       müssen endlich freikommen.“ Zum Krieg in Gaza sagt er: „Es gab keinen
       anderen Weg für das israelische Militär“. Er demonstriere aber für die
       Rechte aller Menschen im Nahen Osten. „Unter den islamistischen Regimes
       leidet die Bevölkerung in Gaza, Libanon und Iran selbst am meisten.“
       
       6 Oct 2024
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Kriminalitaetsanstieg-trotz-neuer-Wache/!5962292
   DIR [2] /Irans-Raketenangriff-auf-Israel/!6040586
   DIR [3] https://www.bundesregierung.de/breg-de/mediathek/kanzler-kompakt-7-oktober-2312492
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frederik Eikmanns
       
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