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       # taz.de -- Nahost-Konflikt: Razzien, Proteste, Tote, Tränengas
       
       > Am Wochenende knirscht es in Nahost an verschiedenen Orten: zwischen
       > Israel und Palästinensern, aber auch mit dem nördlichen Nachbarn Libanon.
       
   IMG Bild: Die Proteste in Gaza sind zum Teil gewaltsam. Dieser junge Mann wirft einen Stein mittels Schleuder
       
       Jerusalem taz | Bei einer Razzia israelischer Sicherheitskräfte in der
       palästinensischen Stadt Tulkarem sind am Sonntagmorgen zwei Palästinenser
       erschossen und ein israelischer Soldat verletzt worden. Nach Angaben der
       israelischen Armee wurde im Flüchtlingslager Nur Schams in der Stadt
       Tulkarem in den palästinensischen Autonomiegebieten eine Kommandozentrale
       ausgehoben. Dabei seien Dutzende Sprengsätze gefunden worden. Während des
       Einsatzes habe es Schusswechsel zwischen Soldaten und bewaffneten
       Palästinensern gegeben. Auch Sprengsätze seien gegen die Einsatzkräfte
       eingesetzt worden.
       
       Das palästinensische Gesundheitsministerium identifizierte die Getöteten
       als einen 22-Jährigen sowie einen 32-Jährigen. Laut der
       [1][radikal-islamischen Hamas] habe der jüngere Mann zu der Miliz gehört.
       Die Armee ging nach eigenen Angaben während des Einsatzes mit schwerem
       Gerät gegen unterirdisch versteckte Sprengsätze vor. Dabei wurden laut
       palästinensischen Angaben die Hauptstraße des dicht besiedelten Lagers
       sowie die Wasserversorgung schwer beschädigt.
       
       Bei einem weiteren Einsatz wurden nach Armeeangaben acht Palästinenser auf
       dem Campus der Birzeit-Universität nahe Ramallah festgenommen. Die
       Studenten hätten in naher Zukunft Anschläge geplant.
       
       Seit etwa eineinhalb Jahren nimmt die Gewalt im von Israel seit 1967
       besetzten Westjordanland stetig zu. Die israelischen Sicherheitskräfte
       führen als Reaktion auf palästinensische Anschläge in Israel immer wieder
       Razzien durch. Dabei operieren sie häufig auch in Gebieten, die offiziell
       unter der Kontrolle der palästinensischen Autonomiebehörde stehen.
       [2][Jüdische Siedler attackieren zudem immer wieder palästinensische
       Dörfer].
       
       ## Proteste in Gaza gegen geschlossenen Grenzübergang
       
       Im Juli waren bei einem Großeinsatz der Armee im Flüchtlingslager von
       Dschenin, einer Hochburg militanter Palästinenser, ein israelischer Soldat
       und zwölf Palästinenser getötet worden. Seit Anfang des Jahres starben rund
       30 Israelis, eine Ukrainerin und ein Italiener bei palästinensischen
       Anschlägen. Mehr als 200 Palästinenser wurden laut den Vereinten Nationen
       bei israelischen Militäreinsätzen und Konfrontationen mit den
       Sicherheitskräften getötet. Das ist die höchste Zahl seit dem Ende der
       zweiten [3][Intifada] im Jahr 2005.
       
       Im von der radikal-islamischen Hamas kontrollierten Gazastreifen gab es
       außerdem seit mehreren Tagen teils gewaltsame Proteste von Palästinensern
       an der Sperranlage zu Israel. Die Demonstranten setzten nach
       Medienberichten Brandsätze und brennende Reifen ein und schickten
       Brandballons über die Grenze. Am Samstagabend griff die israelische Armee
       daraufhin eine Stellung der Hamas an, die das Gebiet kontrolliert.
       
       Die Proteste richten sich gegen die Abriegelung des Gebietes durch Israel
       und Ägypten. Auslöser war die Ankündigung Israels, den seit dem 15.
       September geschlossenen Grenzübergang Erez aus Sicherheitsgründen bis auf
       Weiteres nicht zu öffnen. Tausende Palästinenser mit Arbeitsgenehmigungen
       in Israel sind auf das Einkommen durch ihre Arbeit in Israel angewiesen. Am
       Samstag demonstrierten Palästinenser auch mit Fischerbooten vor der Küste
       des Gazastreifens.
       
       Am Wochenende gab es noch einen weiteren Zwischenfall: An der Grenze zum
       Libanon setzten am Samstag in einem von beiden Seiten beanspruchten Gebiet
       libanesische und israelische Soldaten Tränengas gegeneinander ein. Nach
       Angaben der libanesischen Armee beseitigte ein Bulldozer auf dem Gebiet der
       Scheeba-Farmen und den Hügeln von Kfar Schuba eine von Israel
       aufgeschüttete Barriere. Israelische Soldaten feuerten daraufhin Tränengas
       ab, libanesische schossen mit Tränengas zurück. Verletzt wurde den Angaben
       zufolge niemand. Die Scheeba-Farmen gehören zu den 1981 von Israel
       annektierten syrischen Golanhöhen. Der Libanon beansprucht dieses Gebiet
       für sich.
       
       24 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Felix Wellisch
       
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