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       # taz.de -- Namibia gedenkt des Völkermords: Die unerfüllte Hoffnung auf Reparationen aus Deutschland
       
       > Vor 117 Jahren endete der deutsche Völkermord an den Herero und Nama.
       > Jetzt gibt es erstmals einen staatlichen Gedenktag dazu in Namibia.
       
   IMG Bild: Sie fordert weiterhin Entschädigung von Deutschland: Namibias neue Präsidentin Netumbo Nandi-Ndaitwah
       
       Windhoek taz | Namibia begeht dieses Jahr zum ersten Mal einen offiziellen
       Tag des Gedenkens den [1][deutschen Völkermord an den Herero und Nama]
       während der Kolonialherrschaft – ein historischer Augenblick für das Land,
       mit dem die Regierung ihren Willen bekräftigt, Reparationen von der
       ehemaligen Kolonialmacht einzufordern, 117 Jahre nach Ende des vierjährigen
       Völkermords und 35 Jahre nach der Unabhängigkeit.
       
       Der „Genocide Remembrance Day“ am 28. Mai wurde vergangenes Jahr festgelegt
       als Jahrestag des Datums, an dem das Deutsche Reich auf internationalen
       Druck hin die Konzentrationslager im damaligen Deutsch-Südwestafrika
       schloss. Die Bundesrepublik Deutschland hat im Jahr 2015 die Massaker an
       85.000 Herero und Naman als Völkermord anerkannt, aber aus namibischer
       Sicht ist das nicht ehrlich, denn bis heute gibt es keine Vereinbarung
       zwischen beiden Ländern über die Konsequenzen aus dieser Anerkennung.
       
       Namibias Regierungen verhandeln darüber seit Jahren mit Deutschland,
       [2][beteiligen aber die Überlebenden der vom Völkermord betroffenen Gruppen
       nicht] an diesen Gesprächen. Manche ihrer Vertreter nehmen auch nicht an
       den Gedenkfeiern an diesem Mittwoch teil.
       
       Die namibische Regierung spricht dennoch vom „Beginn eines Prozesses der
       nationalen Heilung“ und einem „Augenblick der nationalen Besinnung“. Die
       Feierlichkeiten sollten in der Hauptstadt Windhoek in den Parliament
       Gardens stattfinden. „Wir erwarten, dass alle kommen“, sagt ein Offizieller
       vor Ort.
       
       ## Für die Präsidentin oben auf der Agenda
       
       [3][Präsidentin Netumbo Nandi-Ndaitwah] soll vor Staatschefs des südlichen
       Afrika die Hauptrede halten, tausende Namibier aus dem ganzen Land werden
       erwartet. Es wurden 33 Sammelstellen eingerichtet, von denen aus man zur
       Gedenkfeier gebracht werden kann. Für die Teilnahme musste man sich vorab
       beim jeweiligen Regionalgouverneur anmelden.
       
       Nandi-Ndaitwah ist die erste Präsidentin in der Geschichte Namibias und ist
       seit Ende März im Amt. Sie hat die Frage der Reparationen von Deutschland
       zu einem vorrangigen Thema ihrer Amtszeit erklärt. Als Außenministerin von
       2012 bis 2015 war sie bereits mit dem Thema befasst und als Vizepräsidentin
       2024/25 leitete sie den zuständigen Kabinettsausschuss für Genozid,
       Entschuldigung und Reparationen.
       
       Namibias Gedenkfeiern folgen auf den jährlichen [4][„Africa Day“ der
       Afrikanischen Union] am 25. Mai, der dieses Jahr unter dem Motto
       „Gerechtigkeit durch Reparationen für Afrikaner und Menschen afrikanischer
       Abstammung“ stand. Zu dieser Gelegenheit hatte Namibias Regierung die
       Notwendigkeit betont, das Erbe von Kolonialismus, Apartheid, Sklaverei und
       Völkermord aufzuarbeiten. Die tiefen Wunden der Vergangenheit müssten
       anerkannt werden, aktives Handeln zur Wiederherstellung der Würde der
       Afrikaner sei nötig. „Namibia strebt weiterhin nach
       Reparationsgereichtigkeit“, sagte Nandi-Ndaitwah.
       
       Diese klare Haltung weckt Hoffnungen, dass Namibias neue Präsidentin von
       Deutschland das erreichen kann, was ihren Vorgängern versagt blieb. [5][Die
       Verhandlungen zwischen beiden Regierungen] begannen 2015. 2020 wurde aus
       deutscher Sicht ein Abschluss in Form einer Entschuldigung erzielt, was in
       Namibia allerdings vom damaligen Präsidenten Hage Geingob als
       „inakzeptabel“ zurückgewiesen wurde.
       
       [6][2021 bot Deutschland an], 1,1 Milliarden Euro über 30 Jahre für
       Entwicklungsprojekte in vom Völkermord betroffenen Gemeinschaften zu
       zahlen. Auch dies wurde in Namibia bislang nicht angenommen. Berichten
       zufolge sind weitere Gespräche geplant.
       
       28 May 2025
       
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   DIR [2] /Genozid-an-Herero-und-Nama/!5894473
   DIR [3] /Namibias-erste-Praesidentin/!6050286
   DIR [4] https://au.int/en/pressreleases/20250525/africa-day-powerful-reminder-continents-resilience-diversity-and-potential
   DIR [5] https://blogs.taz.de/freiraum/der-genozid-an-den-herero-und-nama-am-erinnerungspolitischen-katzentisch/
   DIR [6] /Schwerpunkt-Voelkermord-an-den-Herero-und-Nama/!t5012219
       
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