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       # taz.de -- Netzaktivist über Upload-Filter: „Google hat das Monopol“
       
       > Upload-Filter bedrohen das freie Internet, sagt Detlev Sieber. Inhalte
       > würden zu häufig geblockt und das meistgenutzte Filtersystem stamme von
       > Google.
       
   IMG Bild: Für Memes werden die Upload-Filter ein echtes Problem. Nicht lustig, findet auch Grumpy Cat
       
       taz: Herr Sieber, in dieser Woche stimmt das EU-Parlament über ein Gesetz
       zu verpflichtenden Upload-Filtern ab. Ist das das Ende des Internets?
       
       Detlev Sieber: Tatsächlich sehe ich deutlich mehr negative Folgen der
       Entscheidung als positive. Wir haben es unter anderem mit einer enormen
       Einschränkung der freien Meinungsäußerung zu tun. Unliebsame Äußerungen von
       Politikern oder Bilder, mit denen Nichtregierungsorganisationen Missstände
       aufdecken, könnten viel leichter aus der Öffentlichkeit verbannt werden.
       
       Was bedeutet die neue Regelung konkret? 
       
       Wenn ich in Zukunft ein Angebot im Internet bereitstellen möchte, werden
       die Anwender Inhalte nur noch dann hochladen, wenn diese einen Filter, eben
       den Upload-Filter, passiert haben. Ich rechne ohnehin damit, dass Inhalte
       künftig im Zweifel einmal mehr geblockt werden – um rechtlichen
       Fallstricken auszuweichen. Eine manuelle Kontrolle wäre ja auch gar nicht
       leistbar und brächte einen enormen Zeitverlust, bis Texte oder Videos
       tatsächlich online genutzt werden können. Hinzu kommen erhebliche
       Datenschutzprobleme.
       
       Inwiefern? 
       
       Die Inhalte müssen ja durch einen Filter. Das derzeit meistgenutzte System
       heißt Content ID. Darüber werden beispielsweise Videos, die auf YouTube
       hochgeladen werden sollen, geprüft und mit einer Datenbank verglichen.
       Urheberrechte können somit eindeutig zugeordnet werden. Aber: Content ID
       gehört zu Google. Der IT-Konzern hat quasi das Monopol, und damit entsteht
       eine Art Zentralisierungseffekt. Google erfährt über diese Filter genau,
       wer was wo hochgeladen hat. Eigentlich wollte die EU mit ihrem Vorhaben
       Google schwächen, aber das Gegenteil ist passiert.
       
       Google hat also gute Lobbyarbeit geleistet. 
       
       Offenbar. Viel gravierender ist jedoch, dass bei der Entscheidung kaum
       Sachverständige angehört wurden. Es scheint, als ob vielen Abgeordneten gar
       nicht klar ist, welche Maßnahmen sie eigentlich verabschieden.
       
       Hat sich der Einfluss von Content ID bereits bemerkbar gemacht? 
       
       Ja, in der Tat. Ein Beispiel: Die feministische Protestgruppe Pink Stinks
       hat vor Kurzem ein Video produziert, in dem sie das Konzept der TV-Show
       „Germany’s Next Topmodel“ kritisiert. Doch der Content-ID-Filter von Google
       sperrte das Video schließlich, weil er das Video als urheberrechtlich
       geschütztes Bildmaterial des Senders RTL einordnete. Wie sich später
       herausstellte, war das Ganze ein Fehler. Aber die Protestkampagne war
       stundenlang nicht abrufbar. So etwas darf eigentlich nicht passieren. Mit
       den neuen Vorgaben dürfte es solche Fälle aber noch häufiger geben.
       
       Können Upload-Filter nicht doch auch nützlich sein? Zum Beispiel, wenn es
       um Terrorbekämpfung geht? 
       
       Um kriminelle Inhalte zu stoppen, gibt es andere Maßnahmen. Die staatlichen
       Organe können durchaus eingreifen. Hier gilt das Gleiche wie für den Kampf
       gegen Kinderpornografie, rassistische oder andere menschenverachtende
       Inhalte.
       
       Ihr Appell an die EU-Parlamentarier? 
       
       Am besten wäre es, wenn die Artikel 11 und 13 gestrichen würden. Zumindest
       sollten die Abgeordneten noch nicht den Weg frei machen für die
       Trilog-Verhandlungen zwischen EU-Kommission, den EU-Staaten und dem
       Parlament, sondern im September inhaltlich weiterarbeiten. Ansonsten hoffe
       ich darauf, dass alle Beteiligten im Trilog noch mal nachdenken und die
       schlimmsten Vorschläge abändern.
       
       5 Jul 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tanja Tricarico
       
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