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       # taz.de -- Neue Fabrik für Tarnkappenbomber: Rheinmetall geht in die Luft
       
       > Die deutsche Rüstungsbranche boomt seit dem Ukrainekrieg. Branchenprimus
       > Rheinmetall will jetzt im Luftraum mitverdienen.
       
   IMG Bild: Rheinmetall stößt nun auch in den zukunftsträchtigen Luftfahrtbereich vor
       
       Berlin taz | Krise? Nicht in der Rüstungsindustrie. Dank „Zeitenwende“ und
       weltweit steigender Verteidigungsausgaben boomen Deutschlands
       Waffenschmieden. Am Dienstag feierte der größte deutsche Rüstungskonzern
       Rheinmetall nach zwei Jahren Bauzeit die Fertigstellung seiner rund 60.000
       Quadratmeter großen Fabrik im nordrhein-westfälischen [1][Weeze].
       
       Hier sollen bald Rumpfmittelteile für den US-Tarnkappenbomber F-35 gebaut
       werden. 400 Jobs entstehen. Rheinmetall investiert nicht nur über 100
       Millionen Euro, sondern stampft mit den Flugzeugteilen auch gleich ein
       neues Geschäftsfeld aus dem Boden. Bislang ist der Konzern mit Panzern,
       Artillerie, Flugabwehr und Munition im Geschäft. Nun stößt er in den
       zukunftsträchtigen Luftfahrtbereich vor, zu dem auch Drohnen und Satelliten
       gehören.
       
       [2][Rheinmetall] steht stellvertretend für die ganze Branche. Vom
       mittelgroßen Zulieferer hat sich der Konzern in den vergangenen drei Jahren
       zu einem der [3][wichtigsten Ausrüster im Ukrainekrieg] gemausert.
       Rheinmetall-Chef Armin Papperger wird von der Politik hofiert. Der
       Börsenkurs seines [4][Unternehmens] ist seit dem Angriff auf die Ukraine im
       Februar 2022 um das 18-Fache gestiegen, Auftragsbestände und
       Geschäftserwartungen haben sich seitdem auf 62 Milliarden Euro fast
       verdreifacht. Umsatz und Gewinn gehen steil nach oben, die Mitarbeiterzahl
       soll binnen zwei Jahren um ein Viertel auf 40.000 steigen.
       
       Pappergers Schritt ist nicht überraschend, Drohnenhersteller haben für die
       Fachwelt derzeit das größte Wachstumspotenzial. Das spürt auch Helsing aus
       München. Obwohl die Firma mit 400 Mitarbeitenden relativ klein ist,
       sammelte sie kürzlich weitere 600 Millionen Euro von Investoren ein. Auch
       die Bundeswehr ist an der Kamikaze-Drohne HX-2 von Helsing interessiert,
       die bereits in der Ukraine fliegt.
       
       ## Euphorisch die Stimmung bei Dynamit Nobel Defence & Co
       
       Es ist ein auch von Steuergeldern bezahlter Aufstieg. Als Folge des
       Ukrainekrieges wird die Bundeswehr modernisiert und Waffenbestände werden
       aufgestockt. Ausgaben für das Militär sind teilweise von der Schuldenbremse
       ausgenommen, ein 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen wurde beschlossen. Nun
       will der Bund den Engpass beim Ankauf von Rüstungsgütern beseitigen: Dafür
       sollen besonders dringliche Aufträge künftig nicht europaweit, sondern nur
       noch national ausgeschrieben werden.
       
       Die Branche dankt. Die Bundeswehr werde bis 2035 bis zu 1.000 neue
       Radpanzer brauchen, „hinzu könnten jeweils bis zu 600 neue Kampf- und
       Schützenpanzer kommen“, sagte [5][Renk]-Konzernchef Alexander Sagel am
       Dienstag zum Handelsblatt. Die ersten Aufträge erwarte er bereits Anfang
       kommenden Jahres, der Bedarf sei riesig. Der Augsburger Konzern ist
       außerhalb von Russland und China globaler Marktführer für militärische
       Präzisionsgetriebe, zum Beispiel für Panzer oder auch Fregatten.
       
       Ähnlich euphorisch ist die Stimmung auch bei Dynamit Nobel Defence, Diehl,
       Heckler & Koch – oder bei [6][Hensoldt] aus dem bayerischen Taufkirchen,
       einem Anbieter von Sensoren und Radarsystemen. Der Umsatz stieg in den
       vergangenen drei Jahren etwa um die Hälfte auf 2,2 Milliarden Euro. 2025
       möchte die Firma mit ihren rund 9.000 Beschäftigten mindestens 2,5
       Milliarden Euro einnehmen, 2030 satte 6 Milliarden.
       
       Radare von Hensoldt stecken im Kampfjet Eurofighter und kommen auch in der
       Ukraine zum Einsatz, um die Bevölkerung vor Luftangriffen zu schützen. Die
       Firma fertigt zudem Periskope für gepanzerte Fahrzeuge und U-Boot-Sehrohre.
       
       ## Akuter Fachkräftemangel
       
       Auch die Kieler Tochter des Industriekonzerns Thyssenkrupp ist mit der
       Bundeswehr im Geschäft. Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) ist nach eigenen
       Angaben mit 8.500 Mitarbeitenden Weltmarktführer für nicht nuklear
       betriebene U-Boote – und bis Anfang der 2040er Jahre voll ausgelastet. Im
       Dezember bewilligte der Bundestag den Bau von vier weiteren U-Booten der
       Klasse 212 CD für die Marine. Insgesamt sollen zehn solcher Boote bei TKMS
       gebaut werden – sechs für Deutschland, vier für Norwegen. Kürzlich bekam
       der Konzern zudem einen 800-Millionen-Euro-Auftrag zur Modernisierung von
       sechs U-Booten der Marine.
       
       Längst leidet die Branche mit nach eigenen Angaben etwa 100.000
       Beschäftigten unter akutem Fachkräftemangel. Weil in der Autoindustrie
       Stellen gestrichen werden, hat der Rüstungsverband BDSV ein Konzept
       namens „Auto2Defence“ ersonnen. Aber nicht nur aus der Autobranche direkt
       kommen die Arbeitenden. Den Anfang machte der Autozulieferer Continental,
       dessen Beschäftigten im niedersächsischen Gifhorn Jobs in einer
       Munitionsfabrik von Rheinmetall im 50 Kilometer entfernten Unterlüß
       angeboten wurden. Im einstigen Alstom-Waggonwerk im sächsischen Görlitz
       baut der Panzerbauer KNDS jetzt Teile für den Kampfpanzer Leopard 2, den
       Schützenpanzer Puma und den Radpanzer Boxer.
       
       1 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
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