URI: 
       # taz.de -- Neue Pipelines aus Norwegen und Spanien: Wasserstoff-Röhren von Nord und Süd
       
       > Neue Pipelines aus Norwegen und Spanien sollen „grünes“ Gas für die
       > Industrie nach Deutschland bringen. Zugleich beginnt ein Run auf die
       > Subventionen.
       
   IMG Bild: Wasserstoff marsch: Messschacht in Holzwickede (NRW)
       
       Berlin taz | Europas Industrie strebt nach Milliardensubventionen für den
       Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur. Der deutsche Gasnetzbetreiber
       Gascade – einst zum Firmengeflecht der Gazprom gehörend – und der belgische
       Ferngasbetreiber Fluxys [1][teilten am Montag mit], die Planungen für eine
       Pipeline durch die Nordsee voranzutreiben. Diese solle, so
       Gascade-Geschäftsführer Christoph von dem Bussche, zum „Dreh- und
       Angelpunkt der zukünftigen deutschen und europäischen
       Offshore-Wasserstoff-Infrastruktur“ werden.
       
       Die mehr als 400 Kilometer lange Trasse werde als Sammelpipeline
       konzipiert; sie könne einerseits [2][Wasserstoff] von verschiedenen
       Produktionsstandorten einsammeln und zugleich die Infrastrukturen der
       Nordsee-Anrainerstaaten verbinden. Die projektierenden Unternehmen wollen
       dieses sogenannte AquaDuctus-Projekt bei der EU-Kommission als „besonders
       wichtiges europäisches Infrastrukturprojekt“ anerkennen lassen – was ihnen
       eine Milliardenförderung aus EU-Mitteln einbrächte.
       
       Die Mitteilung der Firmen kommt nur knapp drei Wochen nachdem
       Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der norwegische
       Ministerpräsident Jonas Gahr Støre in Oslo ein strategisches Abkommen
       geschlossen hatten, dessen wesentlicher Aspekt der Bau einer gemeinsamen
       Wasserstoff-Pipeline ist.
       
       Nach den Vorstellungen von Gascade soll in einem ersten Schritt der
       geplante Offshore-Windpark „SEN-1“ in der deutschen Bucht an AquaDuctus
       angebunden werden. Der erste Wasserstoff soll dann 2030 fließen. In den
       Folgejahren, so die Firma Gascade, könnten weiter entfernt gelegene
       Wasserstoff-Windparks sowie Wasserstoff-Infrastruktur europäischer
       Nordsee-Anrainerstaaten eingebunden werden. Bis 2035 solle über die
       Nordseepipeline bis zu eine Million Tonnen Wasserstoff jährlich nach
       Deutschland transportiert werden.
       
       ## Wasserstoff-Pipeline „H2Med“ geplant
       
       Der [3][„grüne“ Energieträger], der in der EU und in den Ländern derzeit
       stark propagiert wird, soll aber nicht nur aus dem Norden, sondern auch aus
       dem Süden nach Deutschland fließen. Deutschland und Frankreich haben soeben
       vereinbart, die zwischen Spanien und dem südfranzösischen Marseille
       geplante Wasserstoff-Pipeline „H2Med“ nach Deutschland zu verlängern.
       
       Die beiden Länder verbindet ohnehin bereits eine starke industrielle
       Zusammenarbeit im Wasserstoffsektor: Siemens Energy und die französische
       Air Liquide hatten im vergangenen Sommer die Gründung eines Joint Ventures
       bekannt gegeben. Das Gemeinschaftsunternehmen will in Berlin eine
       industrielle Serienfertigung von Elektrolyseuren aufbauen. Parallel sollen
       unter dem Projektnamen „Norman’Hy“ in Port-Jérôme in der Normandie
       Elektrolyseur-Kapazitäten von 200 Megawatt aufgebaut werden. Sie sollen
       Wasserstoff für das europäische Netz erzeugen.
       
       Das Gas aus den diversen Ländern soll in Deutschland von der Industrie
       abgenommen werden, die damit ihren Verbrauch an fossilen Energien senken
       möchte. „Grüner Wasserstoff ist zentral für das Erreichen der Pariser
       Klimaschutz-Ziele“, erklärt das Bundesforschungsministerium. Dieses hatte
       auch schon „strategische Partnerschaften mit Süd- und Westafrika sowie mit
       Australien“ ins Spiel gebracht, von wo das Gas dann per Schiff nach Europa
       geliefert werden müsste.
       
       Die Fokussierung auf die Industrie als Abnehmer resultiert vor allem
       daraus, dass für Großverbraucher ein reines Wasserstoffnetz technisch
       leichter und kostengünstiger aufzubauen ist, als wenn man das bestehende,
       fein verästelte Gasverteilnetz für den Betrieb mit hohen
       Wasserstoffanteilen umrüsten würde.
       
       23 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.gascade.de/presse/presseinformationen/pressemitteilung/offshore-wasserstoff-pipeline-gascade-und-fluxys-forcieren-planungen
   DIR [2] /Wasserstoffdeal-mit-Norwegen/!5904027
   DIR [3] /Berater-ueber-Spaniens-Energieexporte/!5905478
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Wasserstoff
   DIR Pipeline
   DIR Norwegen
   DIR Spanien
   DIR Energiekrise 
   DIR Schwerpunkt Brexit
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Energiespeicher
   DIR Energiekrise 
   DIR Energiekrise 
   DIR Wasserstoff
   DIR Robert Habeck
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Hubert Aiwanger
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kein EU-Handelsabkommen mit Australien: Streit um Fleisch und Zucker
       
       Die EU-Verhandlungen mit Australien über ein Handelsabkommen sind
       überraschend geplatzt. Das bedeutet für beide Seiten ein Problem.
       
   DIR Turbulenzen bei Siemens Energy: Der Wind ist raus
       
       Der Energietechnikhersteller Siemens Energy stürzt wegen der
       Windturbinen-Tochter Gamesa an der Börse ab. Das hat vor allem zwei Gründe.
       
   DIR Shell springt bei Hamburger Projekt ab: Wasserstoffwende fehlt die Kohle
       
       Hamburg will eine große Anlage bauen, die grünen Strom in Wasserstoff
       verwandelt. Jetzt ist mit Shell ein großer privater Geldgeber abgesprungen.
       
   DIR Neue EU-Definition von Wasserstoff: „Grün“ auch mit Atomstrom
       
       EU-Kommission schlägt eine Einstufung von Wasserstoff als „grün“ vor, der
       mit Atomstrom produziert wurde. Das erinnert an den Streit um die
       Taxonomie.
       
   DIR „Keep it in the ground“: Aber nicht, wenn es die EU braucht
       
       Norwegen will die Öl- und Gasförderung in der Arktis noch weiter ausdehnen
       – auch auf Wunsch Europas. KlimaschützerInnen protestieren.
       
   DIR Import von grünem Wasserstoff: „Australien ist energiereich“
       
       2030 könnte Deutschland ein Drittel seines grünen Wasserstoffs selbst
       herstellen, so Ministerin Stark-Watzinger. Der Rest soll importiert werden.
       
   DIR Wasserstoffdeal mit Norwegen: Immer diese Widersprüche
       
       Wasserstoff aus Norwegen, der aus Erdgas erzeugt wurde: Beim Energieeinkauf
       zerschellt die deutsche moralische Überlegenheit an der Realität.
       
   DIR Kooperation mit Norwegen: Habeck besorgt blauen Wasserstoff
       
       Der Klimaminister legt in Skandinavien die Basis für die Lieferung von
       Energie aus Erdgas. Die Deutsche Umwelthilfe kritisiert das.
       
   DIR Energiewende in Deutschland: Als Bayern auf den Wasserstoff kam
       
       In Sachen Energiewende will sich Bayern nichts vormachen lassen. Der letzte
       Schrei im Freistaat ist momentan Wasserstoff.