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       # taz.de -- Neue Regierung in Argentinien: Harte Kürzungen angekündigt
       
       > Die neue Regierung in Buenos Aires will Subventionen für Energie, Wasser
       > und Fahrkarten senken. Die Währung wird um 50 Prozent abgewertet.
       
   IMG Bild: Will Hilfen für Bürger:innen kürzen: der neue argentinische Wirtschaftsminister Caputo
       
       Buenos Aires taz | Der neue argentinische Wirtschaftsminister Luis Caputo
       hat die Abwertung der Landeswährung um 50 Prozent und die Kürzung der
       staatlichen Subventionen für Strom, Gas und Wasser sowie für Tickets im
       öffentlichen Verkehr angekündigt. Die Maßnahmen seien notwendig, um das
       Haushaltsdefizit zu reduzieren und damit die Inflation langfristig zu
       senken, so Caputo am Dienstag bei der Vorstellung seines Maßnahmenpakets.
       
       Nachdem der liberal-libertäre [1][Javier Milei die Präsidentschaftswahlen
       in Argentinien gewonnen hat], will die neue Regierung das von ihm
       angekündigte harte Kürzungsprogramm umsetzen. „Wir geben mehr aus, als wir
       einnehmen“, sagte der neue Wirtschaftsminister Caputo. In 113 der
       vergangenen 123 Jahre hat Argentinien ein Defizit im Staatshaushalt
       ausgewiesen. Wenn dieses über die Notenpresse finanziert wird, verliere der
       Peso an Wert und heize die Inflation an, so Caputo. „Wir sind gekommen, um
       das Problem an der Wurzel zu packen. Wir müssen die Sucht nach dem
       Haushaltsdefizit stoppen.“
       
       Zu den Maßnahmen gehören auch die Halbierung der Zahl der 18 Ministerien
       auf 9 und der 106 Sekretariate auf 54 sowie die Streichung aller
       öffentlichen Investitions- und Bauprojekte. Infrastrukturprojekte sollten
       in Zukunft von der Privatwirtschaft finanziert werden, so Caputo. „Das Ziel
       ist es, eine Katastrophe zu vermeiden und die Wirtschaft wieder auf Kurs zu
       bringen“, sagte Caputo.
       
       Kurzfristig werde die hohe Inflation jedoch weiter ansteigen. „Wir werden
       einige schlimme Monate durchmachen“, erklärte der Minister. Als soziale
       Maßnahme kündigte er eine Verdoppelung des Kindergeldes und eine
       50-prozentige Erhöhung der Nahrungsmittelhilfe für bedürftige Familien an.
       
       ## Preise steigen drastisch
       
       Zu Wochenbeginn waren die Preise in den Supermärkten um durchschnittlich 20
       Prozent gestiegen. Nachdem der Großhandel seine Preise bereits in der
       Vorwoche um bis zu 40 Prozent angehoben hatte, zogen die großen Ladenketten
       jetzt nach. Teurer wurden vor allem Speiseöl, Reis und Weizenmehlprodukte
       wie Nudeln. Allein für den Monat Dezember wird nun ein Anstieg von 28
       Prozent der Preise für Lebensmittel und 23 Prozent bei der allgemeinen
       Inflation erwartet.
       
       In seiner ersten Rede [2][nach seiner Amtseinführung am Sonntag kündigte
       Präsident Javier Milei] harte Sparmaßnahmen und ein Schockprogramm an,
       versprach aber gleichzeitig, die arme Bevölkerung zu unterstützen.
       Regierungssprecher Manuel Adorni bestätigte am Dienstag, dass das neu
       geschaffene Ministerium für Humankapital als einziges befugt sein wird, die
       Ausgaben in seinem Bereich zu erhöhen. „Niemand wird aufhören, den
       Bedürftigen zu helfen, wir sind uns des Ernstes der Lage bewusst“, sagte
       Adorni.
       
       Auf die Frage nach den von sozialen Organisationen bereits angekündigten
       Protesten erklärte er, dass „die Meinungsfreiheit nicht verhandelbar ist“.
       Aber: „Alles innerhalb des Gesetzes, nichts außerhalb des Gesetzes.“ Milei
       hatte bereits eine harte Linie angekündigt. „El que corta no cobra –
       diejenigen, die Straßen blockieren, werden nicht unterstützt.“ Der erste
       Lackmustest könnte am 19. und 20. Dezember erfolgen. Organisationen haben
       für diese Tage zu Protestmärschen aufgerufen. An ihnen jährt sich der
       Höhepunkt der Proteste während der Wirtschaftskrise 2001/2002.
       
       ## Staatsverschuldung ist dramatisch
       
       Kredite sind für Argentinien nur mit horrenden Zinsen zu bekommen. Nach den
       letzten offiziellen Zahlen hat die Staatsverschuldung im Oktober einen
       Rekordstand von 417 Milliarden Dollar erreicht. Zwischen Dezember und April
       werden Verbindlichkeiten in Höhe von etwas mehr als 40 Milliarden Dollar
       fällig. Die Lage ist derart dramatisch, dass Milei am Dienstag über seinen
       Schatten sprang und den chinesischen Präsidenten Xi Jinping um finanzielle
       Unterstützung bat.
       
       Mileis [3][Amtsvorgänger Alberto Fernández] hatte mit der Volksrepublik
       einen Währungsswap in zweistelliger Milliardenhöhe vereinbart, der noch
       nicht ausgeschöpft ist. Milei hatte dagegen stets erklärt, er wolle „keine
       Beziehungen zu kommunistischen Ländern“ haben. Inzwischen macht das Wort
       „Realpolitik“ die Runde.
       
       13 Dec 2023
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jürgen Vogt
       
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