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       # taz.de -- Neue deutsche Klimaaußenpolitik: Klimaschutz made in Germany
       
       > Außenministerin Baerbock beruft eine Sonderbotschafterin für
       > Klimapolitik: Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan soll weltweit Allianzen
       > bilden.
       
   IMG Bild: Das Gesicht der neuen deutschen Klimaaußenpolitik: Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan
       
       Berlin taz | Ein neues Gesicht, eine umfassende Strategie und eine
       Gemeinschaftsaufgabe für die gesamte Ampelregierung: So präsentiert die
       grüne Außenministerin Annalena Baerbock ihre Ideen zu einer neuen
       „Klima-Außenpolitik“, die in Zukunft den Kurs Deutschlands bestimmen soll.
       In einer „klimapolitischen Gesamtstrategie“ will Baerbock ihr Auswärtiges
       Amt stärker auf ihr Kernanliegen Klimaschutz verpflichten und die
       auswärtige Arbeit der Bundesregierung zu dem Thema bündeln. Das erklärte
       die Außenministerin am Mittwoch in ihrem Berliner Amtssitz bei der
       Präsentation der neuen „Sonderbeauftragten des Auswärtigen Amtes für die
       internationale Klimapolitik“: [1][Jennifer Morgan], derzeit noch Chefin von
       Greenpeace International.
       
       Die Entscheidung hatte bereits vorher für Aufsehen gesorgt. Die 55-jährige
       US-Bürgerin [2][Morgan ist eine internationale Umwelt- und Klimaexpertin]
       mit guten Beziehungen und jahrzehntelanger Erfahrung. Es gebe „keine zweite
       Persönlichkeit“, die ähnlich erfahren, vernetzt und glaubwürdig in der
       globalen Klimapolitik sei wie Morgan, pries Baerbock ihre neue Angestellte,
       sie sei eine „Traumbesetzung“. Morgan hat sich in der internationalen
       Ökoszene einen Ruf als kenntnisreiche Expertin, Analystin und Netzwerkerin
       erworben: Sie arbeitete beim Climate Action Network CAN, der Umweltstiftung
       WWF, der Umweltorganisation E3G und dem einflussreichen US-Thinktank „World
       Resources Institute“, wo sie half, den Pariser Klimagipfel von 2015
       vorzubereiten und zum Erfolg zu führen.
       
       Baerbock installiert mit Morgan nicht nur eine Expertin, die sich um das
       Klimathema kümmert, wenn die klima-affine Ministerin mit anderen Dingen
       beschäftigt ist. Sie kündigte auch an, dass sich die Regierung in Zukunft
       gemeinsam dem Thema widmen werde: Klima betreffe eben nicht nur wie in der
       Vergangenheit das Umweltministerium, sondern auch die Ressorts für
       Wirtschaft, Verkehr, Inneres und andere. In der Außenpolitik soll das Thema
       in den Vordergrund treten: Alle 226 deutschen Botschaften und Konsulate
       sollen Klimabeauftragte bekommen. Eine neue Sicherheitsstrategie der
       Regierung werde Klimaschutz als Konfliktrisiko beschreiben, ebenso eine
       ähnliche Strategie der EU.
       
       Die Ministerin will neue Projekte zum Ausstieg aus Kohle und
       Verbrennungsmotor in anderen Ländern wie in Südafrika unterstützen. Auch in
       der neuen China-Strategie Deutschlands soll Klimaschutz zentral werden.
       Beim Vorsitz der G7 in diesem Jahr wolle man „die Initiativen zur grünen
       Infrastruktur aus den EU und den USA“ bündeln.
       
       ## Vertrag an Baerbocks Amtszeit gekoppelt
       
       Treibende Kraft hinter dieser Strategie soll Jennifer Morgan sein. Sie soll
       auch die neu geordnete Klimakompetenz im Auswärtigen Amt koordinieren:
       Insgesamt 16 BeamtInnen wechseln aus dem Umweltministerium ins AA. Die
       bisher nur zwei mageren Referate zum Klima werden im Ministerium auf sechs
       Referate aufgestockt, die zu Finanzierung, Internationalen Verhandlungen,
       Partnerschaften mit anderen Staaten, Klima und Sicherheit,
       Umweltaußenpolitik und Energieaußenpolitik arbeiten sollen.
       
       Die Amerikanerin wird erst Staatssekretärin, wenn sie deutsche
       Staatsbürgerin ist. Sie wird allerdings nicht verbeamtet, sondern bleibt
       mit einem Vertrag an Baerbocks Amtszeit gekoppelt. Rund um ihre Berufung
       hatte es Diskussionen im Netz gegeben, ob die Chefin einer Organisation mit
       kontroversen und teilweise illegalen Aktionen die Richtige auf dem Posten
       sei. Allerdings zeigten sich auch viele Stimmen aus der Umweltbewegung
       begeistert von der Wahl: Morgan sei mit ihrer Erfahrung und ihren Kontakten
       sehr gut geeignet, hieß es.
       
       ## Finanzhilfen für arme Länder
       
       Morgan selbst betonte, gerade ihre Vergangenheit in vielen Gruppen der
       Zivilgesellschaft und in Thinktanks sei ein Vorteil: „Um die 1,5 Grad in
       Sicht zu halten, brauchen wir weltweit ein breites Bündnis von Politik,
       Aktivisten und Wissenschaft, von jungen Leuten und Indigenen, alle müssen
       zusammenarbeiten. Wir müssen uns da ganz neu aufstellen.“ In Zukunft soll
       sie auf der anderen Seite auf Augenhöhe mit anderen Klimagesandten wie
       [3][John Kerry aus den USA] oder Xie Zhenua aus China agieren.
       
       Bei der nächsten Klimakonferenz COP27 im ägyptischen Sharm el Sheik wird es
       im November vor allem um die Frage von Finanzhilfen für die armen Länder,
       Verlustausgleich für Klimaschäden und die Umsetzung der Klimaziele gehen –
       alles Anliegen, für die sich Morgan auch als Greenpeace-Chefin stark
       gemacht hat. Bei diesen Themen, wo bisher die Industrieländer bremsen, will
       Morgan vorankommen.
       
       Wie groß der Einfluss des ambitionierten deutschen Klimaduos
       Baerbock/Morgan sein wird, wird sich bei der COP27 in Ägypten zeigen. Erst
       einmal flog die Außenministerin am Mittwoch nach Israel und Ägypten – um
       die Regierung in Kairo zum nächsten „Petersberger Klimadialog“ im Frühjahr
       einzuladen.
       
       9 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
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