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       # taz.de -- Neuer Akt im Eiskunstlauf-Drama: Trauerspiel auf dem Eis
       
       > Russlands Eiskunstläuferin Kamila Walijewa kann nach der Dopingdebatte um
       > sie dem Druck in der Kür nicht standhalten und wird nur Vierte.
       
   IMG Bild: Katastrophen-Kür: Kamila Walijewa stürzt und wackelt gleich mehrfach bei ihrem Programm
       
       Standing Ovations von den Russen auf den Rängen. Sprechchöre. Ein Abwinken
       nach dem letzten Takt ihrer Kür und jede Menge Tränen. „Kamila, Kamila!“,
       schallt es durch die Halle. Nur die russischen Fans auf der Tribüne haben
       noch Worte nach dem Auftritt von Kamila Walijewa. Der Rest der Halle
       schweigt. Es herrscht Entsetzen. Alle hätten wohl gerne die Walijewa
       gesehen, die mit ihrer Kür in diesem Jahr eine Weltbestleistung nach der
       anderen aufgestellt hatte.
       
       Hätten sich gewünscht, dass all die Aufregung um ihren positiven Dopingtest
       in dieser Woche keine so tiefen Spuren bei ihr hinterlassen haben. Doch so
       war es wohl nicht. Sie stand die Sprünge nicht, die sie zuvor so sicher
       beherrscht hatte. Manch einer in der Halle wollte gar nicht mehr zuschauen.
       Es endete traurig dieses Kapitel in der irrwitzigen Seifenoper um die
       15-jährige Eiskunstläuferin aus Russland. Vierte wurde sie am Ende.
       Olympiasiegerin wurde ein anderes Mädchen aus ihrer Trainingsgruppe: Anna
       Schtscherbakowa.
       
       Für das Internationale Olympische Komitee hätte der Wettkampf nicht besser
       ausgehen können. Jetzt, da Walijewa die Favoritin, die Führende nach dem
       Kurzprogramm, nicht auf einem Medaillenrang gelandet ist, können die
       anderen ihre Plaketten erhalten. Hätte Walijewa eine Medaille gewonnen,
       hätte das IOC damit so lange gewartet, bis ein Sportgericht entschieden
       hat, wie nun umzugehen ist mit dem Dopingbefund in ihrem Urin.
       
       Am 25. Dezember bei den russischen Meisterschaften hatte man die Probe
       genommen. [1][Hier bei Olympia ist der Fall erst aufgekommen] und hat alles
       überschattet, was sonst bei den Spielen geschehen ist. Die merkwürdige
       Stimmung, die bei der Siegerehrung im Capital Indoor Stadium herrschte, als
       die Japanerin Kaori Sakamoto für ihren dritten Platz, die Russin Alexandra
       Trusowa für Platz zwei und Schtscherbakowa für ihren Olympiasieg
       ausgezeichnet wurden, passt gut zu dieser denkwürdigen Woche.
       
       ## Ein Fall fürs Sportjugendamt
       
       Bei all dem, was man jetzt über Walijewa weiß, über das Herzmittel, das man
       in ihrem Urin nachweisen konnte, die zwei anderen Substanzen, die man auch
       nicht unbedingt im Körper einer 15-Jährigen vermuten würde, mochte keiner
       so recht schwärmen über die fantastischen Auftritte der zwei Mädchen, die
       mit ihr bei Trainerin Eteri Tutberidse getrimmt werden. Wenn man
       nachgelesen hat, welche Schinderin Tutberidse ist, möchte man sich ein
       Sportjugendamt wünschen, das Mädchen aus den Fängen solcher Figuren
       befreit. Und wenn man dabei an die russische Dopingkultur denkt, mag man
       Mitgefühl mit der drittplatzierten Kaori Sakamoto haben.
       
       Das musste man auch mit der todunglücklichen Walijewa haben. Die
       zahlreichen Mitglieder der russischen Delegation in der Halle, die gekommen
       waren, um „unser Mädchen“, wie Walijewa in Russland nur noch genannt wird,
       stellvertretend für ein ganzes Land anzufeuern, haben einen kleinen
       Eindruck davon vermittelt, unter welchem Druck die junge Sportlerin
       gestanden haben muss. Es war herzzerreißend.
       
       Und [2][ihr Dopingfall] ist ja noch nicht aufgeklärt. Der Wahnsinn wird
       weitergehen. Das Nationale Olympische Komitee Russlands teilte vor dem
       Wettbewerb mit, dass man dem IOC entschieden widersprochen habe, was die
       Medaillenvergabe im Teamwettbewerb angeht. Auch da war ja Walijewa gelaufen
       und mit ihrer Mannschaft am besten bewertet worden. Nun gab es diesen
       Dopingbefund und man möchte meinen, dass das IOC schon richtig liegt mit
       dem Plan, abzuwarten, wie der Fall entschieden wird, und erst mal niemandem
       eine Medaille umzuhängen.
       
       In Russland hat man indes die Regelbücher gewälzt und entdeckt, dass für
       Mannschaftswettbewerbe etwas anderes gilt als für Einzelwettbewerbe. Das
       Ergebnis wäre demnach nur ungültig, wenn bei der Sportlerin im laufenden
       Wettbewerb eine verbotene Substanz festgestellt worden wäre. Das ist ja
       nicht der Fall. Es bleibt ein Trauerspiel.
       
       17 Feb 2022
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.tas-cas.org/fileadmin/user_upload/CAS_Ad_Hoc_Media_Release_Beijing_8.pdf
   DIR [2] https://en.wikipedia.org/wiki/Trimetazidine
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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