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       # taz.de -- Neuer Premierminister im Kongo: Aus Alt mach Neu
       
       > Sylvestre Ilunga arbeitete schon für Kongos Diktatoren. Jetzt soll er
       > hochbetagt für den neuen Präsidenten Felix Tshisekedi das Land
       > reformieren.
       
   IMG Bild: Sylvestre Ilunga Ilunkamba
       
       Berlin taz | Nach fast vier Monaten Warten bekommt die Demokratische
       Republik Kongo einen neuen Premierminister – und er kommt aus der alten
       Garde.
       
       Sylvestre Ilunga Ilunkamba, dessen Alter in unterschiedlichen Medien mit
       73, 74 und 78 angegeben wird, war schon in den 1980er Jahren unter der
       Mobutu-Diktatur im Staatsdienst, und kaum jemand hat so lange mit den
       Staatsfinanzen des am meisten vom Staat heruntergewirtschafteten Landes der
       Welt zu tun gehabt wie er.
       
       Präsident Felix Tshisekedi ernannte Ilunga am Montagabend auf Vorschlag
       seines Vorgängers Joseph Kabila – während Tshisekedi aus der Opposition
       kommt, halten Kabila-treue Parteien die Mehrheit im Parlament.
       
       Immerhin: die ersten beiden von Kabila vorgeschlagenen Kandidaten hatte
       Tshisekedi abgelehnt, weil sie als zu korrupt galten. Ilunga, der jetzt den
       Zuschlag erhält, ist immerhin bisher nicht negativ aufgefallen, aber auch
       nicht positiv.
       
       In den 1980er Jahren, bevor die Mobutu-Diktator pleiteging, war er
       hintereinander Vizeminister für Wirtschaft, Plan und Staatsunternehmen,
       1990 bis 91 schließlich Finanzminister und dann jahrelang Firmendirektor in
       Südafrika, bevor er 2003 nach dem Ende des Kongokrieges zurückkehrte und
       von Präsident Kabila zum Leiter der neuen Behörde Copirep zur Reform des
       öffentlichen Sektors berufen wurde.
       
       Bei Copirep ging es darum, mit Weltbankhilfe die Staatsunternehmen des
       Landes, die durch die Mobutu-Diktatur und dann die Kriege sämtlich in den
       Ruin getrieben worden waren, zu sanieren und privatisierungsfähig zu
       machen. 2014 wurde Ilunga schließlich Leiter der staatlichen Eisenbahnen
       des Kongo.
       
       ## Keine wirkliche Erfolgsbilanz
       
       Man kann nicht sagen, dass Kongos Staatsbetriebe und Eisenbahnen jetzt in
       besonders gutem Zustand seien. Die Eisenbahner klagen über 60 Monate
       unbezahlte Gehälter, was ziemlich genau Ilungas Amtszeit entspricht.
       
       Oppositionelle sagen, die Copirep-Behörde sei eine Schwarzkasse der
       Kabila-Elite gewesen, die über Jahre hinweg Weltbankgelder zu politischen
       Zwecken veruntreut habe: laut einem Bericht flossen kurz vor Kongos ersten
       freien Wahlen 2006 über 42 Millionen US-Dollar Copirep-Gelder an private
       Gläubiger in Ostkongos ehemaligen Rebellengebieten für unbezahlte
       Rebellenrechnungen.
       
       Offiziell heißt es, die Behörde habe bis zum Ende ihres Programms 2014
       Weltbankkredite in Höhe von 202 Millionen US-Dollar verwaltet und dafür das
       Zehnfache an wirtschaftlichen Aktivitäten generiert.
       
       Für Ilunga spricht, dass wohl kaum jemand so genau die verschlungenen Wege
       des Geldes in Kongos Machtsystem kennt wie er. Aber ob er der Reformer ist,
       den Präsident Tshisekedi bräuchte, um die Lage der 90 Millionen Kongolesen
       nachhaltig zu verbessern, darf bezweifelt werden.
       
       Eher ist er der Wächter der Interessen des alten Kabila-Regimes an höchster
       Stelle. In seiner ersten Stellungnahme nach seiner Ernennung dankte Ilunga
       dem neuen Präsidenten für sein „Vertrauen“ – und dem alten Präsidenten
       dafür, ihn vorgeschlagen zu haben.
       
       21 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Dominic Johnson
       
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