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       # taz.de -- Neues Gesetz gegen sexuelle Gewalt: Erfolgreicher Kampf für den Schutz von Kindern
       
       > Der Bundestag hat das Gesetz gegen sexuelle Gewalt an Kindern
       > verabschiedet. Zu verdanken ist das der Missbrauchsbeauftragten Kerstin
       > Claus.
       
   IMG Bild: Die Missbrauchsbeauftragte Kerstin Claus
       
       Für Kerstin Claus muss der vergangene Freitag im Bundestag wie ein Krimi
       gewesen sein. Die Missbrauchsbeauftragte saß auf der Besuchertribüne des
       Plenarsaals und wartete darauf, dass das sogenannte [1][Missbrauchsgesetz]
       verhandelt wird.
       
       Das stand am Nachmittag auf der Tagesordnung, [2][nach der
       Migrationsdebatte]. Die stürzte den Tag allerdings in ein Chaos – scharfe,
       beleidigende Reden, Verzögerungen, Aufruhr, namentliche Abstimmung – und
       alle folgenden Tagungsordnungspunkte verzögerten sich.
       
       Am Ende passierte das Gesetz mit dem sperrigen Namen „Gesetz zur Stärkung
       der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ kurz nach
       20 Uhr den Bundestag – komplett geräuschlos. Das erste auch international
       weitreichende Gesetz zum Schutz vor sexualisierter Gewalt an Kindern wurde
       mit den Stimmen der Regierungsparteien und der Union angenommen. Das kann
       man der Turbulenz des Tages zuschreiben – oder aber mit [3][der Personalie
       Kerstin Claus] in Verbindung bringen.
       
       Die Missbrauchsbeauftragte nämlich hat in den vergangenen Monaten nahezu
       jede Möglichkeit gesucht und genutzt, um bei allen Parteien für das
       Missbrauchsgesetz zu werben. Sie machte gezielt Termine mit Abgeordneten
       und lenkte bei zufälligen Begegnungen das Gespräch auf das Gesetz. Wie
       wichtig das war, zeigt auch, dass neben Claus auf der Zuschauertribüne die
       erste Missbrauchsbeauftragte und frühere Bundesfrauenministerin Christine
       Bergmann sowie Angela Marquardt, Mitglied des Betroffenenrats bei der
       Missbrauchsstelle, mitfieberten.
       
       ## Meilenstein im Kampf gegen sexuelle Gewalt
       
       Das neue Gesetz darf durchaus als Meilenstein im Kampf gegen sexuelle
       Gewalt bezeichnet werden. Denn jetzt ist der Kampf gegen Missbrauch in
       Deutschland Regierungspflicht, egal in welcher Konstellation sich die
       nächste Koalition aufstellt.
       
       Das Gesetz enthält mehr Bestimmungen für die Prävention, nimmt sich
       verstärkt der digitalen Gewalt an, verfestigt die Zusammenarbeit mit
       Behörden und mit Kinder- und Jugendschutzorganisationen, regelt das Recht
       auf Akteneinsicht Betroffener. Jetzt können Betroffene unter anderem Akten,
       in denen ihr eigener Missbrauch dokumentiert ist, noch bis ins hohe Alter
       einsehen, bisher war das nur bis zum 50. Lebensjahr möglich. Zudem muss die
       nächste Bundesregierung die Aufklärungskooperation zwischen Bund und
       Ländern stärken und diese auf die europäische Ebene ausweiten.
       
       Wie gut Prävention, Aufarbeitung und Aufklärung laufen, erfährt die
       Öffentlichkeit künftig mindestens einmal in der Legislatur, wenn die
       Missbrauchsbeauftragte dem Parlament darüber berichtet – und Forderungen
       stellt.
       
       ## Täglich 50 Kinder Opfer von sexueller Gewalt
       
       Laut Bundeskriminalamt (BKA) erleben täglich rund 50 Kinder und Jugendliche
       sexuelle Gewalt – von ihren Eltern, Verwandten oder anderen ihnen nahe
       stehenden Personen, darunter in kirchlichen oder Sportvereinen. Doch die
       Dunkelziffer dürfte weitaus höher sein, die BKA-Zahl gibt nur die
       gemeldeten Fälle wieder.
       
       Das Gesetz genoss nicht die höchste Priorität. Zu groß waren die
       Widerstände aus Union und FDP. Und dann brach auch noch die Ampel
       auseinander. Bis Mittwoch, also zwei Tage vor der chaotischen
       Bundestagsdebatte, war unklar, ob das Gesetz überhaupt eine Chance hat.
       „Hätte ich mir gewünscht, dass das Verfahren schneller läuft, statt jetzt
       über Monate auf der Kippe zu stehen? Selbstverständlich“, sagt die
       Missbrauchsbeauftragte.
       
       Neben Claus, die offensichtlich mit großer Nachhaltigkeit verhandelte,
       machten auch Kinderschutz- und Betroffenenverbände Druck. Claus sagt: „Es
       ist ein Gemeinschaftswerk.“
       
       4 Feb 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schmollack
       
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