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       # taz.de -- Neuregelung der Krankenhäuser: Bundestag beschließt größte Gesundheitsreform seit 20 Jahren
       
       > Nach über zwei Jahren hat die Ampel das Gesetz zur Krankenhausreform
       > verabschiedet. Opposition und einige Länder kritisieren das Vorgehen der
       > Regierung.
       
       Es ist die größte Gesundheitsreform seit 20 Jahren: Am Donnerstag hat der
       Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Fraktionen ein Gesetz zur
       Krankenhausreform beschlossen. Die Oppositions-Fraktionen stimmten dagegen.
       Einige Bundesländer haben angekündigt, im Bundesrat den
       Vermittlungsausschuss anzurufen.
       
       Vor der Abstimmung [1][warb Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) bei
       den Abgeordneten um ihre Stimme]. „Wir brauchen diese Reform, und zwar
       jetzt“, so Lauterbach. Die derzeitige Versorgung sei teuer und dennoch nur
       mittelmäßig im europäischen Vergleich. „Wir haben ein Nebeneinander von
       Über-, Unter- und Fehlversorgung“, sagte er. Manche Kliniken seien nicht
       ausreichend spezialisiert, „kein Arzt würde sich dort selbst behandeln
       lassen“, so Lauterbach. Gleichzeitig gebe es eine Überversorgung,
       insbesondere Knie- und Hüftoperationen würden häufig als „Cashcows“
       betrachtet.
       
       Durch die 50 Milliarden Euro schwere Reform soll das kriselnde
       Gesundheitssystem umstrukturiert, die Kliniken stärker spezialisiert und
       der ökonomische Druck verringert werden. Über die Notwendigkeit von
       Verbesserungen sind sich Gesundheitsexpert:innen weitgehend einig.
       Zur konkreten Umsetzung hatten jedoch Krankenversicherungen, die
       Krankenhausgesellschaft, Ärztevertreter:innen und die Bundesländer
       immer wieder vielstimmige Kritik geäußert.
       
       ## Nicht das ob, aber das wie
       
       [2][Reichlich davon kam auch aus der Opposition]. Für Unmut bei den
       Abgeordneten von CDU/CSU, AfD, Linke und BSW sowie den anwesenden
       Vertreter:innen der Landesministerien sorgte insbesondere die fehlende
       Auswirkungsanalyse. Durch sie sollen künftig die Folgen für jedes
       Krankenhaus in Deutschland berechnet werden. Zum Zeitpunkt der Abstimmung
       lag sie Opposition und Ländern jedoch nicht vor. Tino Sorge,
       gesundheitspolitischer Sprecher der Unions-Fraktion, nannte das einen
       „Tiefpunkt und Missachtung des Parlaments“.
       
       Sorge gestand zwar ein, dass es eine Reform brauche. Fügte aber hinzu: „Die
       Art und Weise, das Wie, das ist eine Farce.“ Es werde erwartet, dass das
       Parlament völlig im Blindflug entscheide. Die Union forderte eine
       Brückenfinanzierung, um Krankenhäuser kurzfristig zu stützen. Ein weiterer
       Kritikpunkt war mangelnde Kommunikation: Die Zustimmungspflicht der Länder
       im Bundesrat sei umgangen worden. Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister
       Karl-Josef Laumann (CDU) sprach gar von einem „Wortbruch“.
       
       Die Gesundheitspolitiker:innen der SPD, Grünen und FDP wiesen die
       Kritik zurück und erhoben ihrerseits Vorwürfe. Einige Länder hätten
       wichtige Reformgrundlagen, wie das Krankenhaustransparenzgesetz, blockiert.
       Für die Krise machten sie auch die Vorgängerregierungen verantwortlich. Sie
       lobten die Reform, insbesondere die Ergänzungen im Bereich der
       Kinderversorgung und der Hebammen-geleiteten Kreissäle.
       
       ## Spezialisierung und Entökonomisierung
       
       Seit über zwei Jahren wird [3][an dem Gesetz zur Krankenhausreform
       gearbeitet]. Finanziert wird die Reform durch einen Transformationsfonds,
       je zur Hälfte getragen von den Bundesländern und den gesetzlichen
       Krankenversicherungen. Die Privaten sind aufgerufen, sich freiwillig zu
       beteiligen.
       
       Ein zentraler Punkt ist die Abkehr von den 2004 eingeführten
       Fallpauschalen, also der Behandlung nach zuvor festgelegten
       Pauschalpreisen. Künftig sollen sich Krankenhäuser überwiegend durch eine
       Vorhaltevergütung finanzieren. Sie erhalten dann bereits Geld, wenn sie
       Kapazitäten für Behandlungen bereithalten.
       
       Zugleich sollen sich [4][die Krankenhäuser stärker spezialisieren]. Dafür
       wurden 65 Leistungsgruppen mit klar definierten Qualitätskriterien
       eingeführt. Ab sofort können Kliniken nur Behandlungen in den ihnen
       zugewiesenen Leistungsgruppen durchführen. Wichtige Krankenhäuser für die
       Daseinsvorsorge im ländlichen Raum sollen mit zusätzlichen Mitteln
       unterstützt werden.
       
       17 Oct 2024
       
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   DIR Amelie Sittenauer
       
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