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       # taz.de -- Neuverfilmung „Godzilla“: Go, Godzilla, go!
       
       > Inspirierte Besetzung und familiäre Werte: Regisseur Edwards versucht,
       > das lädierte Ansehen des Prinzips Blockbuster zu restaurieren.
       
   IMG Bild: „Guck mal, Mama, Dinosaurier!“
       
       Guck mal, Mama, Dinosaurier!“, sagt der kleine Sohn des Helden in Gareth
       Edwards’ „Godzilla“, während er gebannt auf den Fernseher starrt. Dort
       laufen allerdings weder „Jurassic Park“ noch der Discovery Channel, sondern
       die Breaking News. Riesige Monster zertrümmern zur besten Sendezeit
       amerikanische Metropolen.
       
       Ganz falsch liegt die kindliche Fantasie in ihrer ersten Reaktion auf den
       nationalen Notstand übrigens nicht, denn Edwards’ Hollywood-Debüt revidiert
       auch die japanische Kaiju-Mythologie, in der noch die Atombombenabwürfe von
       Hiroshima und Nagasaki als Geburtsstunde der Riesenechse fungierten.
       
       Godzilla 3.0 (falls Roland Emmerichs Remake von 1998 als ernsthafte
       Evolutionsstufe gilt) ist ein Urzeitwesen, aus dem Tiefschlaf erweckt von
       den pazifischen Balzritualen eines nicht minder exorbitanten
       Heuschreckenpärchens im retroverliebten HR-Giger-Design, das von den völlig
       überforderten US-Streitkräften das militärische Kürzel M.U.T.O. – für
       „Massive Unidentified Terrestrial Organism“ – verpasst bekommt. (Die
       Militärs sind in „Godzilla“ noch putziger als die eigentlich ganz
       gemütliche Titelfigur).
       
       Bei Edwards, seit seinem Low-Budget-Horrorfilm „Monsters“ ein ausgewiesener
       Fanboy mit Do-it-yourself-Sensibilität, krachen also prähistorische
       Naturgewalten aufeinander, keine Relikte des Atomzeitalters – was den
       einzigen japanischen Wissenschaftler im Film (gespielt von Ken Watanabe,
       scheinbar auch der einzige japanische Schauspieler in Hollywood) in einen
       zivilisationskritischen Cheerleader verwandelt: „Unsere Arroganz lässt uns
       glauben, wir würden die Natur kontrollieren, dabei ist es umgekehrt. Lasst
       sie kämpfen!“ Go, Godzilla, go!
       
       Edwards gibt sich mit seinem 160-Millionen-Debüt sichtliche Mühe, das
       lädierte Ansehen des Prinzips Blockbuster zu restaurieren. Die inspirierte
       Besetzung mit Bryan Cranston, Sally Hawkins, Elizabeth Olsen, Juliette
       Binoche und David Strathairn hat es erwartungsgemäß schwer, sich gegen den
       Star des Films zu behaupten. In erster Linie tritt der britische Regisseur
       – wie schon Guillermo del Toro mit seiner Kaiju-Hommage „Pacific Rim“ – den
       Beweis an, dass teures Sommerkino besser in den Händen von hochbegabten
       Genrefilmern aufgehoben ist.
       
       „Godzilla“ nimmt sich für ein „big loud action movie“ erstaunlich viel
       Zeit, um in der zweiten Hälfte mit stimmigen Momenten zu glänzen. Geradezu
       herzergreifend ist die Szene, in der das männliche M.U.T.O. dem trächtigen
       Weibchen liebevoll einen Nuklearsprengstoff ins Klauenmaul schiebt. Der
       neue amerikanische Blockbuster hält familiäre Werte ganz unvoreingenommen
       hoch.
       
       15 May 2014
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Busche
       
       ## TAGS
       
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