URI: 
       # taz.de -- Neuwahl nach Protesten in Beirut: Wut, Trauer und Verzweiflung
       
       > Nach der schweren Explosion fordern Tausende in der libanesischen
       > Hauptstadt den Sturz der Regierung. Regierungschef kündigt prompt
       > Neuwahlen an.
       
   IMG Bild: Tränengas am Rande der Proteste in Beirut am Samstag
       
       Beirut dpa/afp/rtr/taz | Vier Tage nach [1][der verheerenden Explosion im
       Hafen der libanesischen Hauptstadt] haben Tausende Libanesen gegen die
       Regierung demonstriert. Die Menschen versammelten sich am Samstag zu einer
       Trauer- und Protestkundgebung auf dem Märtyrer-Platz im Zentrum Beiruts. Am
       Rande der Demonstration kam es zu nach Zusammenstößen mit
       Sicherheitskräften zu zahlreichen Verletzten. Ein Teil der Demonstranten
       stürmte den Sitz des Außenministeriums.
       
       Am Abend kündigte dann Regierungschef Hassan Diab vorgezogene Neuwahlen an.
       Dies sei der einzige Weg, um die tiefe Krise des Landes zu überwinden,
       sagte Diab in einer Fernsehansprache. Er werde seinem Kabinett daher am
       Montag Neuwahlen vorschlagen. Eine Verantwortung für die wirtschaftlichen
       und politischen Probleme des Landes wies er jedoch zurück.
       
       Einige Demonstranten hatten zuvor versucht Absperrungen zum Parlament zu
       durchbrechen. Sie warfen Steine, wie [2][auf Bildern] [3][der BBC] zu sehen
       war. Die Sicherheitskräfte wiederum setzen massiv Tränengas ein, um diese
       Demonstranten zu vertreiben.
       
       Anderen gelang es dennoch, in das libanesische Außenministerium
       einzudringen, wie der Fernsehsender MTV berichtete. Auf Bildern des Senders
       war zu sehen, wie sie ein Bild von Präsident Michel Aoun zertrümmern. Die
       Aktivisten hängten ein großes Plakat mit dem Slogan „Beirut ist die
       Hauptstadt der Revolution“ auf.
       
       Das Motto der Protestkundgebung lautete „Gerechtigkeit für die Opfer, Rache
       an der Regierung“. „Das Volk will den Sturz des Regimes“, war in
       Sprechchören zu hören. „Verschwindet, ihr seid alle Mörder“, stand auf
       Bannern. „Wir wollen eine Zukunft in Würde, wir wollen, dass das Blut der
       Explosionsopfer nicht umsonst vergossen wurde“, sagte eine der
       Demonstrantinnen. „Der Aufstand und die Revolution gehen weiter“, sagte
       einer der Demonstranten dem Sender MTV. Präsident Michael Aoun,
       Regierungschef Hassan Diab und die gesamte politische Führungsspitze seien
       für die Detonation verantwortlich.
       
       Trotz der angespannten Stimmung waren die Proteste zunächst relativ
       friedlich geblieben. Später [4][teilte das libanesische Rote Kreuz am
       Samstag über Twitter mit], dass bei den Protesten mindestens 130 Menschen
       verletzt worden seien. 28 von ihnen seien in umliegende Krankenhäuser
       gebracht, 102 vor Ort behandelt worden. Offenbar hatte die Polizei auch
       Gummigeschosse gegen Demonstranten eingesetzt. Andere wurden durch
       Tränengasgranaten getroffen und verletzt.
       
       [5][Viele Libanesen machen die politische Führung des kleinen Landes am
       Mittelmeer für die schwere Explosion verantwortlich]. Die Zahl der Toten
       stieg auf 158, wie das Gesundheitsministerium am Samstag mitteilte. Die
       Zahl der Verletzten kletterte demnach auf rund 6.000.
       
       Bereits im vergangenen Oktober hatten [6][Massenproteste gegen die
       Regierung] begonnen. Die Demonstranten fordern weitgehende politische
       Reformen. Sie werfen der politischen Elite Korruption vor und beschuldigen
       sie, das Land rücksichtslos auszuplündern.
       
       Die Wut ist auch deswegen so groß, weil offenbar über Jahre [7][große
       Mengen der hochexplosiven Chemikalie Ammoniumnitrat ohne
       Sicherheitsvorkehrungen im Hafen] lagerten. Dies soll die gewaltige
       Explosion verursacht haben. Warnungen wurden Berichten zufolge in den Wind
       geschlagen.
       
       8 Aug 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Nach-Explosion-in-Beirut/!5700273
   DIR [2] https://www.bbc.com/news/world-middle-east-53704998
   DIR [3] https://twitter.com/BBCWorld/status/1292105675888361475
   DIR [4] https://twitter.com/RedCrossLebanon/status/1292125415205679105
   DIR [5] /Nach-der-Explosion-in-Beirut/!5701659
   DIR [6] /Proteste-im-Libanon/!5681462
   DIR [7] /Explosion-in-Beirut/!5700400
       
       ## TAGS
       
   DIR Beirut
   DIR Libanon
   DIR Protest
   DIR Hassan Diab
   DIR Libanon
   DIR Protest
   DIR Beirut
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Proteste in Beirut: „Samstag der Rache“
       
       Nach Massenprotesten in Beirut schlägt Libanons Ministerpräsident Diab
       Neuwahlen vor. Bis der Modus dafür klar ist, will er im Amt bleiben.
       
   DIR Explosion in Beirut: Wenn sich der Zorn entlädt
       
       Die Explosion von Beirut ist eine Zäsur: Sie könnte die
       Günstlingswirtschaft im Libanon beenden und die Revolte befördern.
       
   DIR Nach der Explosion in Beirut: Zusammen fegen
       
       Vor allem junge Menschen kommen in die zerstörten Viertel Beiruts, um
       aufzuräumen. Aus Trauer wird Wut auf den Staat. Zerbricht der Libanon?
       
   DIR Explosion in Beirut: Das verfluchte Schiff
       
       Nach der Detonation in Libanons Hauptstadt Beirut lässt sich der Weg von
       2.750 Tonnen Ammoniumnitrat zunehmend nachvollziehen. Risiken waren
       bekannt.