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       # taz.de -- Neuwahlen in Israel: Zweikampf unter Rechten
       
       > Regierungschef Netanjahu könnte wieder als Stärkster aus dem Rennen
       > gehen. Sein wichtigster Gegenspieler kommt diesmal aus den eigenen
       > Reihen.
       
   IMG Bild: Netanjahu ist sich eines weiteren Sieges sicher, wenn im März schon wieder gewählt wird
       
       Selten in den letzten zwei Jahren schien es so realistisch wie dieser Tage,
       dass der Kampf gegen den Zauberer, den Weltklassestrategen und israelischen
       Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu gewonnen werden kann. Wer hätte
       gedacht, dass dies so wenig Grund zur Hoffnung ist: Denn der [1][Kampf
       gegen Bibi] wird nun von den Rechten angeführt.
       
       Das Mitte-links-Lager hat es zerfetzt. Ihr Untergang begann wohl an dem Tag
       im März 2020, an dem der politisch unerfahrene [2][Ex-Generalstabschef
       Benny Gantz] seinem Wahlversprechen zum Trotz eine Regierungskoalition mit
       seinem Rivalen Netanjahu eingegangen ist.
       
       Nun liegt der nochalternierende Ministerpräsident, der den Posten des
       Ministerpräsidenten niemals einnehmen wird, schwer verwundet am Boden,
       umklammert noch immer die zerrissene weiße Fahne und murmelt mantraartig in
       den staubigen Sand, „schweren Herzens, aber mit ganzem Herzen der
       Regierungskoalition beigetreten“ zu sein.
       
       Einige wenige seiner blau-weißen Abgeordneten versuchen noch, ihm vom Boden
       aufzuhelfen. Andere sehen sich – angesichts der vielen Zugeständnisse, die
       Gantz in den letzten Tagen gegenüber Netanjahu noch zu machen bereit war –
       verzweifelt nach neuen Partnern um.
       
       Das blau-weiße Projekt war gewiss kein linkes, aber es waren doch
       Möglichkeiten daran geknüpft: ein säkulares und demokratisches Israel zu
       stärken, [3][Korruption] und rassistische Hetze zu bekämpfen. Vielleicht
       hätte sogar manchmal das Wort Frieden in einem ernstgemeinten Sinn fallen
       können. Und wenn die Köpfe des Bündnisses auch ehemalige Generäle waren –
       in den Reihen der beteiligten Parteien saßen Journalist*innen,
       Gewerkschafter*innen, Kulturschaffende mit Ideen und Haltung.
       
       Doch als hätten es nicht alle vorhergesagt: Gantz' Rückgrat, wenn er denn
       eines hatte, ist unter Netanjahus Tricks zerbrochen, und das gesamte Lager
       liegt demoralisiert am Boden. Stattdessen hisst [4][Gideon Sa'ar], einst
       selbst Zögling des Ministerpräsidenten, seine Fahne. Immer mehr Likudniks
       kehren Netanjahu den Rücken und treten Sa'ars neugegründeter Partei bei.
       
       Deren Name „Neue Hoffnung“ dürfte bei denjenigen, die sich ein
       nichtkorruptes rechtes Israel wünschen, tatsächlich Hoffnungsgefühle
       auslösen. Doch diejenigen, die auf ein Israel links von Netanjahu hoffen,
       dürfte der Name mit Traurigkeit erfüllen. Auch Naftali Bennett von der
       Partei „Die neue Rechte“ reckt seine Fahne in die Luft. Ein Rechtsruck nach
       den nächsten Wahlen gilt als wahrscheinlich. Und das, obwohl nach rechts
       nicht mehr viel Luft ist.
       
       23 Dec 2020
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Judith Poppe
       
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