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       # taz.de -- Niederländische Rechte und die Taten von Oslo: Wilders will damit nichts zu tun haben
       
       > Geert Wilders und seine Antiislam-Partei setzen alles daran, nicht mit
       > den Anschlägen von Norwegen in Verbindung gebracht zu werden. Doch eine
       > Debatte gibt es längst.
       
   IMG Bild: Hat mit Breivik einen ungewollten Verehrer: Geert Wilders.
       
       Anders Breivik bewunderte Geert Wilders. Entsprechend eilig hatte es
       dieser, sich von dem "gewalttätigen und kranken Geist" des Attentäters zu
       distanzieren. Anfang der Woche wurde Wilders sogar noch deutlicher: "Dass
       der Kampf gegen die Islamisierung durch einen Psychopathen auf gewalttätige
       Weise missbraucht wird, ist ein Schlag ins Gesicht der weltweiten
       Antiislambewegung." Knapp eine Woche nach den Attentaten von Oslo ist eine
       heftige Debatte über eine etwaige Mitverantwortung der niederländischen
       Rechtspopulisten im Gang.
       
       Die Partij voor de Vrijheid (PVV) und ihre Galionsfigur Wilders stehen
       unter Zugzwang: die liberale Tageszeitung De Pers nannte Breivik den
       "ersten Terroristen, der sich explizit auf die Ideologie der Neuen Rechten
       beruft".
       
       Auch Bart Jan Spruyt, Vorsitzender der konservativen Edmund-Burke-Stiftung,
       sieht einen inhaltlichen Zusammenhang zwischen der Gedankenwelt des
       Attentäters und "der apokalyptischen Vision, die Wilders systematisch
       darstellt". Spruyt forderte Wilders zu Wochenbeginn auf, seine
       ideologischen Unterschiede zu Breivik öffentlich zu machen.
       
       Vorsichtige Worte kamen bislang von den linken Parteien. Sozialdemokraten,
       Linksgrüne und Sozialisten beteuerten zunächst unisono, dass Wilders keine
       Schuld an den Taten Breiviks trifft. Der Chef der Arbeitspartei, Job Cohen,
       mahnte indes, Politiker sollten sich über ihren Einfluss bewusst sein und
       "ihre Worte mäßigen". Pointierter wird der grüne Abgeordnete Tofik Dibi:
       Wilders müsse sagen können, was er will, stehe allerdings auch in der
       Verantwortung, die Wut seiner Anhänger zu "kanalisieren". Dibi fordert nach
       der Sommerpause eine Debatte über die Berührungspunkte zwischen der PVV,
       dem Attentäter und der Xenophobie.
       
       Wenig erpicht auf eine solche Diskussion dürfte die konservative
       Minderheitsregierung aus Rechtsliberalen und Christdemokraten sein, die von
       der PVV geduldet wird. Erst vor wenigen Wochen verabschiedete sie eine
       "Integrationsnota", die Migranten zur Assimilation aufruft und sich
       eindeutig von der multikulturellen Gesellschaft verabschiedet. In diesem
       Dokument manifestiert sich die Essenz der verbissenen niederländischen
       Diskussion um Identität und Integration: Inhalte, die einst Pim Fortuyn auf
       der politischen Agenda platzierte, sind längst im Mainstream angekommen.
       
       Den Beweis dafür erbrachte unlängst der christdemokratische Vizepremier
       Maxime Verhagen, der in einer Rede Verständnis für jede Art von
       Überfremdungsangst ausdrückte. Es überrascht nicht, dass seine Partei die
       Attentate von Oslo nicht als Anlass sieht, über den Ton der politischen
       Auseinandersetzung in den Niederlanden zu debattieren.
       
       28 Jul 2011
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Müller
       
       ## TAGS
       
   DIR Islamophobie
   DIR Islamismus
       
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