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       # taz.de -- Niederlandes angehende Regierung: Neue Koalition will mehr Atomkraft
       
       > Die neue Koalition in Den Haag gibt sich sozial, will mehr Klimaschutz,
       > mehr Mindestlohn, mehr Wohnungen. Bei der Energie macht sie eine heftige
       > Wende.
       
   IMG Bild: Mark Rutte mit Koalitionspartner der vier Regierungsparteien am Mittwoch in den Haag
       
       Amsterdam taz | „Aufeinander achten und vorausschauen“ – unter diesem Titel
       hat die angehende niederländische Regierung am Mittwoch in Den Haag ihren
       Koalitionsvertrag präsentiert. Neun Monate hatten die liberalen Parteien
       VVD und D66, die Christdemokraten von der CDA sowie die calvinistische
       ChristenUnie verhandelt, bis [1][ihre Neuauflage der bisherigen Regierung
       in eine neue Runde gehen konnte]. Überschattet wurde dieser Prozess von
       zahlreichen atmosphärischen Störungen wie den [2][Ausschreitungen bei
       Protesten gegen die Coronaregeln].
       
       Mit großen Ambitionen wollen der alte und neue Premier Mark Rutte und sein
       in den kommenden Wochen zu formendes Kabinett nun das Ruder herumreißen.
       Der Klimaschutz und auch der zu hohe CO2-Ausstoß sollen endlich ernsthaft
       angegangen werden, man will bezahlbare [3][Wohnungen] bauen, das
       Gesundheitssystem verbessern, mehr Chancengleichheit und in die Bildung
       investieren. Auf den ersten Blick klingt das auffällig sozial und
       ökologisch für eine Koalition, in der erneut Ruttes VVD den Ton angibt –
       die für Austerität steht und vor nicht zu langer Zeit für ein Tempolimit
       von 130 auf den Autobahnen plädierte.
       
       Der neue Koalitionsvertrag enthält nun einen um siebeneinhalb Prozent
       höheren Mindestlohn, bis zu 100.000 neue Wohnungen pro Jahr, davon
       mindestens zwei Drittel zu moderaten Preisen zu mieten oder zu kaufen.
       Kinderbetreuung soll zu 95 Prozent gratis werden, die vor Jahren
       abgeschaffte Basisfinanzierung für StudentInnen wird wieder aufgenommen. 60
       Milliarden Euro will man in Klimaschutz und die Lösung der CO2-Krise
       stecken. Zudem gibt es in Den Haag künftig ein eigenes Ministerium für
       Klima und Energie.
       
       Was Letztere betrifft, machen die Niederlande eine auffällige
       Kurskorrektur: Die Koalition plant den Bau zweier neuer Atomkraftwerke,
       dazu soll die Laufzeit des bestehenden in Borssele verlängert werden. Ein
       Schritt, der nicht nur auf den Abschied vom Groninger Erdgas und die
       aktuelle Energieunsicherheit zurückgeht, sondern auch darauf, dass
       Atomkraft neuerdings als klimafreundliche Energiequelle gehandelt wird.
       
       Sigrid Kaag, Chefin der liberalen D66, sagte bei der Vorstellung, der
       Koalitionsvertrag zeuge von „sozialem Gefühl“ und einem „progressiven Blick
       auf die Zukunft“. Kaag war für eine sozialere Politik mit mehr
       BürgerInnennähe angetreten. Auch Premier Rutte fordert seit Monaten eine
       „neue Verwaltungskultur“ – eine Folge der Kindergeld-Affäre, bei der rund
       20.000 Eltern zu Unrecht als SozialbetrügerInnen gebrandmarkt wurden und
       die im Januar zum Rücktritt der letzten Regierung führte.
       
       15 Dec 2021
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Tobias Müller
       
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