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       # taz.de -- Nigeria vor der Wahl: Wahlkampf im Kleinen
       
       > Auf Oppositionskandidat Atiku Abubakar sind viele Leute in seiner alten
       > Heimat stolz. Umstritten ist, was er dort tatsächlich bewirkt hat.
       
   IMG Bild: Atiku Abubakar ist Geschäftsmann und Spitzenkandidat der Opposition
       
       Jada und Kojoli taz | Im ostnigerianischen Bundesstaat Adamawa an der
       Grenze zu Kamerun gibt es viele Schlaglochpisten. Die von der
       Provinzhauptstadt Yola nach Jada, Heimat des Oppositionsführers Atiku
       Abubakar, toppt aber alles. Die Regierung hat zwar angefangen, die ersten
       Kilometer zu flicken. Doch dann hopst und rumpelt das Auto, und der feine
       rotbraune Staub kriecht in jede Ritze. Eine bessere Infrastruktur in
       Nigeria – Straßen, Schulen, Krankenhäuser – fordern vor der
       [1][Präsidentschaftswahl] am 16. Februar zahlreiche Wähler ein, meist ohne
       Erfolg.
       
       Im kleinen Dorf Kojoli eine Autostunde weiter sind sich viele Bewohner
       sicher: Atiku Abubakar wird es richten, gewinnt der 72-Jährige die Wahlen
       und wird Präsident. Für die Zeit hat der Altpolitiker, der schon zwischen
       1999 und 2007 Vizepräsident war, weitreichende Pläne. Aktuell spricht man
       gerade über sein geplantes Amnestieprogramm für besonders korrupte
       Nigerianer. Er selbst weist entsprechende Vorwürfe scharf zurück: [2][Laut
       einem Bericht des US-Senats] soll er gemeinsam mit einer seiner Ehefrauen
       zwischen 2000 und 2008 mehr als 40 Millionen US-Dollar aus Nigeria in die
       USA gebracht haben.
       
       Nach Geld sieht Kojoli, Heimatort seiner Familie, nicht aus. An der
       Hauptstraße werden links und rechts Plastikeimer, Fleischspieße, Seife und
       gebrauchte Kleidung aus Europa verkauft. Nichts erinnert dort an den
       berühmten Politiker. Nicht einmal Wahlplakate.
       
       Das sei auch gar nicht nötig, lächelt Bezirksleiter Kabiru Hayatu. Atiku
       sei ständig und überall präsent. Er habe aus Kojoli ein „globales Dorf mit
       Strom, Wasser, Schulen und funktionierendem Handynetz“ gemacht, sagt Hayatu
       in seinem kleinen Palast. „Wir sind so stolz auf ihn. Es bedeutet uns sehr
       viel, dass ein so bekannter Politiker aus unserem Dorf kommt.“
       
       ## Nächstenliebe beginnt zu Hause
       
       Dass der Straßenausbau nun ausgerechnet in die Amtszeit von [3][Muhammadu
       Buhari fällt, dem amtierenden Präsidenten, den Atiku Abubakar abgewählt
       sehen will], das sagt Hayatu lieber nicht. Dafür sagt es Abubakar Ali, der
       vor einem riesigen Buhari-Poster im Wahlkampfbüro von Buharis
       Regierungspartei APC (All Progressives Congress) in Jada sitzt. Von hier
       aus fahren Pick-ups durch die Straßen, auf denen das Gesicht des
       Präsidenten klebt. Der Slogan „Next Level“ ist zu lesen, der offenbar
       modern und dynamisch wirken soll.
       
       Wahlkämpfer Ali ist sicher: In Jada hat Buhari etwas bewirkt. Atiku nicht.
       „Der war acht Jahre lang Vizepräsident, aber davon haben wir nichts
       gesehen. Kein Krankenhaus, keine Straße, kein Wasser. Er hat dafür gesorgt,
       dass die Amerikanische Universität in Yola entstanden ist, davon haben wir
       aber nichts.“
       
       Der APC-Wahlkämpfer redet sich in Rage und lässt sich kaum unterbrechen.
       Irgendwann gelingt es doch, und für einen kurzen Moment hört man nur das
       Summen des Deckenventilators. Auf die Anmerkung, dass ein Präsident doch
       für das ganze Land und nicht bloß für seinen Heimatort zuständig sei,
       schüttelt er ungläubig den Kopf. „Aber Nächstenliebe beginnt doch zu Hause.
       Wie kommt man nur auf die Idee, anderswo im Land etwas zu bauen und nicht
       dort, wo man herkommt?“
       
       2 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Nigeria-im-Wahlkampf/!5567739
   DIR [2] https://www.hsgac.senate.gov/imo/media/doc/FOREIGNCORRUPTIONREPORTFINAL710.pdf
   DIR [3] /Wahlkampf-in-Nigeria/!5563117
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Katrin Gänsler
       
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