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       # taz.de -- No-Brexit-Gesetz in Kraft: Last Order in Großbritannien
       
       > Nach einer turbulenten Woche hat die Queen das Gesetz gegen den
       > No-Deal-Brexit gebilligt. Speaker Bercow kündigte derweil seinen
       > Rücktritt an.
       
   IMG Bild: Verheddert: Großbritannien kommt nicht so leicht aus der EU
       
       Berlin taz | In Großbritannien soll in der Nacht zum Dienstag die laufende
       Parlamentssitzung zu Ende gehen. Dies geht aus der Tagesordnung des
       Unterhauses hervor und wurde von der Regierung bestätigt. Nach Abschluss
       aller anderen Punkte sollten dafür die Unterhausmitglieder im
       Parlamentssitz von einem Emissär der Queen über den Flur in die Kammer des
       Oberhauses gerufen werden, wo die Inkraftsetzung aller ausstehenden Gesetze
       durch die Queen und anschließend die „prorogation“ genannte Beendigung der
       Sitzungsperiode beider Parlamentskammern verkündet werden sollte.
       
       Die aktuelle Sitzungsperiode hatte im Juni 2017 begonnen und ist damit eine
       der längsten der Geschichte – normalerweise läuft eine Sitzungsperiode ein
       Jahr. Die vor knapp zwei Wochen für einen Zeitraum zwischen dem 9. und 12.
       September verfügte „prorogation“ durch die Regierung stieß allerdings auf
       Protest, weil die nächste Sitzungsperiode erst am 14. Oktober beginnt –
       nach Ansicht von Kritikern verliert das Parlament damit fünf Wochen Zeit
       mitten in der heißen Brexit-Phase. Zwar wären drei Wochen davon wegen der
       Jahresparteitage der großen Parteien ohnehin sitzungsfrei gewesen, und nach
       Wiedereröffnung gibt es drei Sitzungswochen vor dem aktuell gültigen
       Brexit-Termin, dennoch wurde der Regierung ein „Putsch“ vorgeworfen.
       
       Um sich zu wehren, haben die Abgeordneten ein Gesetz durchgezogen, das
       einen No-Deal-Brexit am 31. Oktober ohne parlamentarische Zustimmung
       unmöglich machen soll und Premierminister Boris Johnson zu einem Antrag auf
       Aufschub des Brexit bei der EU verpflichtet. [1][Johnsons Gegenforderung
       nach vorgezogenen Wahlen noch im Oktober] hat das Parlament durchfallen
       lassen und wollte das am Montagabend erneut tun.
       
       Ungeachtet ihrer Erfolge gegen Johnson finden manche Abgeordnete immer
       noch, die „prorogation“ sei ein antidemokratischer Skandal. Die
       Labour-Fraktionsführerin im Oberhaus, Baroness Smith, kündigte einen
       Boykott an. Manche Abgeordnete wollten im Unterhaus sitzen bleiben und sich
       weigern, die Kammer zu verlassen. Eine Klage gegen die „prorogation“
       scheiterte zwar vergangene Woche, liegt nun aber dem Obersten Gericht vor.
       Zusätzlich haben die Abgeordneten an ihrem letzten Sitzungstag die
       Offenlegung sämtlicher interner Regierungskommunikation über die
       „prorogation“ beantragt – das dürfte allerdings mangels weiterer
       Sitzungstage wenig Folgen haben.
       
       Der Präsident des britischen Unterhauses, John Bercow, kündigte indes
       seinen Rücktritt an. Bercow sagte, er werde nicht erneut für das Amt
       kandidieren, falls die Abgeordneten am Montag für vorgezogene Neuwahlen
       stimmen sollten. Aber auch im Falle einer Ablehnung vorgezogener Neuwahlen
       werde er am 31. Oktober zurücktreten. Bercow will nicht nur als Sprecher,
       sondern auch als Abgeordneter zurücktreten. Er hat das Amt des sogenannten
       Speaker seit zehn Jahren inne. Im Streit um den Brexit liefert sich das
       Parlament einen harten Schlagabtausch mit dem Premierminister.
       
       Nicht Johnson, sondern das Unterhaus geht aus dieser Auseinandersetzung als
       Sieger vom Platz. Alle Augen richten sich nun auf die Wiedereröffnung des
       Parlaments am 14. Oktober – und ob Boris Johnson bis dahin Fortschritte bei
       den Brexit-Verhandlungen mit der EU vermelden kann, die sowohl einen
       No-Deal-Brexit als auch einen Brexit-Aufschub überflüssig machen und damit
       die Krise entschärfen könnten.
       
       9 Sep 2019
       
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