# taz.de -- „No Kings“-Proteste in den USA: Millionen gehen gegen Trump auf die Straße
> Bei landesweiten Massenprotesten gegen die Trump-Regierung gehen laut
> Veranstaltern rund sieben Millionen Menschen auf die Straße.
IMG Bild: Demonstrierende beim „No Kings Day“ in Cheyenne vor dem Wyoming State Capital
Translator
taz | Zehntausende Menschen haben am Samstag nach Veranstalterangaben in
der US-Hauptstadt Washington gegen die Politik der Trump-Regierung
demonstriert. Großdemonstrationen gab es nicht nur in Washington, sondern
im ganzen Land gegen das, was sich in den vergangenen zehn Monaten in den
USA zugetragen hat.
Egal, ob [1][der aktuelle Regierungs-Shutdown], das [2][gewaltvolle
Vorgehen der Einwanderungs-Behörde ICE] beim Versuch illegale Einwanderer
zu verhaften oder Trumps autokratischen Regierungsstil: Viele nutzten die
„No Kings“-Proteste dafür, ihre Sorgen über die Zukunft der US-Demokratie
auszurücken.
Die Menschen, die am Samstag in tausenden US-Städten und Gemeinden zu
Millionen auf die Straßen gingen, haben auf gut Deutsch gesagt die Schnauze
voll von Präsident Donald Trump und seiner rechten Regierung.
Eine von ihnen war Melanie Miller. Mit Birkenstock-Sandalen, einem pinken
T-Shirt mit der Aufschrift „Fuck Fascism“ und einem Plakat, das darauf
anspielte, dass die aus der Maga-Bewegung bekannten roten Kappen ein
Zeichen für Rassismus seien, fiel sie in der Menge auf. Bei der Frage, was
ihr bei der bisherigen Politik der Trump-Regierung am meisten Sorgen mache,
wusste sie nicht, wo sie anfangen sollte.
## Gegen Abschiebungen und Faschismus
„Es ist so schwer, das genau zu bestimmen, weil es jeden Tag hunderte Dinge
sind. Jeden einzelnen Tag fragt man sich: Was passiert hier? Wir können es
einfach nicht glauben“, sagte sie der taz.
Wie Miller dürfte es vielen Demonstranten ergehen. Ein Thema, dem sowohl in
den Medien als auch unter den Protestierenden viel Aufmerksamkeit gewidmet
wurde, war die aktuelle Einwanderungspolitik des Weißen Hauses. Das Ziel
der Trump-Regierung ist es, Millionen von undokumentierten und
gewalttätigen Einwanderern abzuschieben. Doch immer wieder treffen die
Razzien der ICE-Agenten nicht nur vorbestrafte Kriminelle, sondern auch
legale Einwanderer und selbst US-Staatsbürger.
Auf vielen Flaggen, Schildern und T-Shirts war auch deshalb „Fuck ICE“ zu
lesen. Auf anderen Schildern stand „Resist Fascism“ (Wehrt euch gegen
Faschismus) und „Hände weg von unserer Verfassung“. Unzählige kreative
Slogans und Aussagen waren zusehen. Manche auch so vulgär, dass nicht alle
davon wiedergegeben werden sollten.
Trotz des Ernsts der Lage herrschte beim Protest in Washington
Volksfest-Stimmung. Die Menschen tanzten und sangen. Kinder bemalten
Plakate, Senioren mischten sich mit ihren Gehilfen ins Getümmel. Auch wurde
viele gelacht. Ein Grund dafür waren die oft ausgefallenen Kostüme und
Verkleidungen, die manche Demonstrierenden zur Schau stellten.
Inspiration schienen viele von der „Operation Inflation“ genommen zu haben.
Es ist eine Initiative, bei der Demonstrierende farbenfrohe und aufblasbare
Kostüme tragen, die meist an Tiere oder Pokémon-Figuren erinnern. Der Trend
begann mit einem Demonstranten namens „Portland Frog“, der sich in einem
aufblasbaren Froschkostüm an den ICE-Protesten in der Stadt im Bundesstaat
Oregon beteiligte.
## Trumps Sprecherin: Demonstrierende sind Hamas-Teroristen
In Washington gab es neben Fröschen auch viele Einhörner und Dinosaurier zu
sehen. Das friedliche Miteinander stand im großen Kontrast zu dem, wie
Republikaner im Vorfeld die Proteste beschrieben hatten. Der Vorsitzende
des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, erklärte, dass die „No
Kings“-Proteste eine Veranstaltung sei, die Menschen zusammenbringe, die
Amerika hassen würden.
„Diese Hass-Amerika-Kundgebung. … Die Antifa-Leute, die Pro-Hamas-Leute und
die Marxisten, sie alle werden sich auf der National Mall in Washington
versammeln“, hatte Johnson bereits am 10. Oktober gesagt. Auch die
Pressesprecherin des Weißen Hauses, Karoline Leavitt, bezeichnete die
Demonstrierenden laut CNN als „Hamas-Terroristen, illegale Einwanderer und
gewalttätige Kriminelle“.
Von Hass gab es weder in Washington noch bei den mehr als 2.700 anderen
No-Kings Veranstaltungen von New York bis San Diego etwas zu sehen oder zu
berichten. Bilder aus allen Ecken des Landes zeigten, wie Menschen
friedlich ihr Recht auf Versammlungsfreiheit wahrgenommen hatten. Viele
zeigten sich trotz ihrer Sorgen über die aktuelle Regierung auch
patriotisch, schwenkten US-Fahnen oder trugen die US-Flagge wie einen
Umhang.
Die Veranstalter in Washington sprachen davon, dass geschätzte 200.000
Menschen an der Demonstration in der Nähe der National Mall teilgenommen
hätten. In New York waren es laut Polizei mehr als 100.000. Auch in anderen
Städten wie Boston, Chicago, Los Angeles oder San Francisco protestierten
Tausende.
## Senator: Trump ist korruptester Präsident der US-Geschichte
Laut den Veranstaltern der „No Kings“-Proteste gingen rund sieben Millionen
Menschen in allen 50 Bundesstaaten auf die Straße. [3][Bei der ersten „No
Kings“-Veranstaltung im Juni sollen es mehr als fünf Millionen gewesen
sein]. Es war jetzt also die bisher größte Protestbewegung seit Trumps
Rückkehr ins Präsidentenamt im Januar und eine der größten in der
US-Geschichte.
Miller, die eine zweistündige Autofahrt auf sich genommen hatte, um beim
Protest in Washington dabei zu sein, hofft, dass dieser Aktivismus bis zu
nächsten Kongress-Wahlen im kommenden Jahr anhalten werden.
„Ich hoffe, dass es bei den Kongress-Wahlen zu einer massiven Veränderung
kommt, die ein klares Signal sendet: Es reicht. Ich hoffe, dass der
Kongress Mut hat und anfängt, für seine Aufgaben einzustehen, wie zum
Beispiel die Kontrolle des Haushalts und die Durchsetzung der beschlossenen
Maßnahmen. Ich hoffe, die Justiz erkennt, dass die Bevölkerung genug hat“,
sagte sie.
Die Republikaner kontrollieren aktuell neben dem Präsidentenamt auch beide
Kammern des US-Kongresses. Hinzukommt, dass die Mehrheit der neun Richter
am Supreme Court zum konservativen Lager zählt.
Viele prominente Demokraten und Influencer aus der linken Szene ließen es
sich nicht nehmen, an den verschiedenen „No Kings“-Kundgebungen
teilzunehmen. Der demokratische Senator Chris Murphy bezeichnete Trump als
den „korruptesten Präsidenten in der Geschichte Amerikas“.
## Sorge um das Wahlrechte für Schwarze
Auch der langjährige unabhängige Senator Bernie Sanders ließ es sich nicht
nehmen auf der Veranstaltung zu sprechen. Er warnte vor einem Präsidenten,
der behauptet, dass „friedliche Proteste in Portland (Oregon) oder Chicago
(Illinois) seien ein Aufstand, und das US-Militär einsetzt“, und „der die
Medien beschwichtigt und einschüchtert, der keine Kritik an sich und seiner
Politik will und der den ersten Zusatzartikel unserer Verfassung
untergräbt, das Fundament der amerikanischen Demokratie“.
Der erste Zusatzartikel der US-Verfassung gibt den Menschen das Recht auf
Meinungs-, Presse-, Religions-, Versammlungs- und Petitionsfreiheit. Diese
Grundrechte animierten auch den Studenten Owen Belamaric am „No
Kings“-Protest in Washington teilzunehmen. „Es ist meine Pflicht als
Amerikaner“, sagte er der taz. Er trug ein schwarzes Shirt mit der
Aufschrift „Dump Trump“ (Trump fallenlassen). Seine größte Sorge sei die
Untergrabung des Wahlrechts durch Trump.
„Ich habe das Gefühl, dass die Regierung versucht, den Schwarzen das
Wahlrecht zu entziehen“, sagte er. Führende Wahlrechtsexperten äußerten in
den vergangenen Monaten ähnliche Bedenken. Die große Beteiligung an den
Protesten gäbe ihm jedoch Hoffnung, dass die Menschen langsam merkten, dass
der Präsident nicht die Interessen der Bevölkerung in den Vordergrund
stellt.
„Der heutige Protest zeigt mir, dass das amerikanische Volk endlich
aufwacht. Ich bin wirklich stolz auf meine Mitbürger. Ich habe das Gefühl,
dass die große Anzahl von Teilnehmern etwas bewirken kann. Genau das ist
es, was Amerika ausmacht“, sagte der 21-jährige Student der
Kunstgeschichte.
## Trump: Ich bin kein König
Da sich der „No Kings“-Protest in Washington vor allem auf der Pennsylvania
Avenue abgespielt hatte, also auf der Straße, die das Kapitol mit dem
Weißen Haus verbindet, lag ein großer Fokus des Events auf dem aktuellen
Haushaltsstreit im Kongress. Die USA befinden sich seit 1. Oktober in einem
Regierungs-Shutdown. Viele Staatsangestellte befinden sich im Zwangsurlaub,
andere müssen ohne Gehalt weiterarbeiten.
Republikaner hoffen, dass Demokraten nach der großen Protestwelle vom
Samstag gewillt sind, die Regierung mit einem Übergangshaushalt wieder ans
Laufen zu bringen. Der republikanische Abgeordnete Steve Scalise
konfrontierte den demokratischen Senator Chuck Schumer am Freitag damit,
dass dieser es für wichtiger halte, die Demonstranten der
„Hass-Amerika-Kundgebung“ zu beeindrucken als sich auf einen Deal
einzulassen.
Demokraten bestreiten, dass die Proteste einen Einfluss auf ihr politisches
Kalkül hätten. Präsident Trump hat sich überraschenderweise bisher noch
nicht zu den friedlichen Protesten im ganzen Land geäußert. In einem
Interview mit Fox News erklärte er nur, dass er kein König sei.
Im Vorfeld der Proteste hatten manche Teilnehmenden Bedenken geäußert, eine
Teilnahme könnte sie zu einem Ziel der Regierung machen. Dies geht auf
einen Erlass zurück, den Trump kurz nach der Ermordung des ultrarechten
Aktivisten Charlie Kirk erlassen hatte. Darin erklärt Trump Antifa als
heimische Terrororganisation. Es gibt bislang keine Informationen, dass
eine Protestteilnahme strafrechtliche Konsequenzen haben könnte.
Die Millionen von Menschen, die an den „No Kings“-Protesten am Samstag
teilgenommen haben, zeigen, wie groß der Widerstand gegen Trumps Politik
ist. Es gab auch Gegenproteste, doch diese blieben überwiegend klein.
19 Oct 2025
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## AUTOREN
DIR Hansjürgen Mai
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