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       # taz.de -- Nominierte 2020: Client Earth: Rechtshilfe für die Erde
       
       > Die Organisation Client Earth arbeitet juristisch gegen Regierungen und
       > Konzerne, die die Klimakrise befeuern.
       
   IMG Bild: Das Team von Client Earth ist für den taz Panter Preis nominiert
       
       von [1][Susanne Schwarz] 
       
       Diese Mandantin meldet sich nicht per Post oder Telefon. Sie macht aber
       durch Artensterben, Hitzeextreme und Meeresspiegelanstieg immer deutlicher
       auf sich aufmerksam. Die Jurist:innen von [2][Client Earth], zu deutsch
       also „Mandantin Erde“, wollen den Klimaschutz mit rechtlichen Mitteln
       vorantreiben. Francesca Mascha Klein ist eine von ihnen. Sie hat Jura
       studiert, um „das Recht als Werkzeug gegen strukturelle Benachteiligung und
       für Gerechtigkeit zu nutzen“, wie sie erzählt. „Seine Rechte geltend zu
       machen, setzt in vielen Fällen die entsprechende finanzielle Ausstattung
       voraus.“ Und ergänzt: „Das Recht wird deshalb oft von Menschen und
       Institutionen genutzt, die viel Wohlstand und Macht genießen.“ Also
       tendenziell eher von denen, die die Klimakrise verursachen als von denen,
       die unter ihr leiden. 
       
       Das will Klein ändern. Während des Studiums war sie in Umwelt- und
       Menschenrechtsorganisationen aktiv. Jetzt führt sie das Engagement
       beruflich weiter. Statt Protestaktionen zu planen, arbeitet sie nun an
       Vorschlägen für neue Gesetze im Sinne des Klimaschutzes – und an Klagen,
       wenn die bestehenden nicht eingehalten werden. „Unser Ansatz funktioniert,
       weil das Recht eine Sprache ist, die Regierungen und Unternehmen hören und
       verstehen“, wirbt Client Earth auf der eigenen Website. In Großbritannien
       gibt es die NGO schon seit 2008. Der US-Amerikaner James Thornton hat sie
       gegründet – vor allem, um die Durchsetzung von bestehendem Umweltrecht
       einzuklagen. 
       
       Das ist schon mehrfach auf spektakuläre Weise gelungen. Auf das Konto der
       Jurist:innen gehen zum Beispiel der Rodungsstopp im polnischen
       Białowieża-Urwald und drei erfolgreiche Klagen gegen zu schwache
       Luftreinhaltungspläne in Großbritannien. Auch an den rechtlichen Verfahren
       zu Fahrverboten von Dieselautos in Deutschland waren sie beteiligt. 
       
       Das Londoner Büro hat mittlerweile mehr als 100 Mitarbeiter:innen und
       zahlreiche prominente Fans. Die Band Coldplay unterstützt Client Earth. Und
       David Gilmour von Pink Floyd hat seine Gitarrensammlung versteigert und den
       millionenschweren Erlös an diese NGO gespendet. Generell finanziert Client
       Earth sich vor allem aus Spenden und Stiftungsgeldern, aber etwa auch aus
       Projektmitteln der EU. 
       
       ## Klagerecht wird erwartet
       
       Client Earth hat Außenstellen in Brüssel, Madrid, Warschau, Peking – und
       seit zwei Jahren auch in Deutschland. Hier ist das Team, zu dem Francesca
       Mascha Klein gehört, noch klein. Sieben Expert:innen sind in ihm engagiert.
       Das Berliner Büro hat Hermann Ott gegründet. „Dass über Klimaschutz immer
       häufiger vor Gericht entschieden wird, weist auf ein eklatantes
       Politikversagen hin – der Klimaschutz hat politisch bisher keine Chance“,
       kritisiert der Jurist. Ott ist einer, der es wissen muss. Er war schon
       Forscher beim „Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie“,
       Bundestagsabgeordneter für die Grünen, Aufsichtsrat bei Greenpeace und
       sitzt aktuell im Präsidium des Deutschen Naturschutzrings. „Ich will dort
       sein, wo ich meine Fähigkeiten am besten einsetzen kann“, sagt Ott. Und das
       sei momentan das Recht. 
       
       Selbst kann Client Earth in Deutschland noch nicht vor Gericht ziehen.
       Normalerweise kann man hier nur gegen Gesetze klagen, die die eigenen
       Rechte beschneiden. Beim Umweltschutz gilt eine Ausnahme. Da dürfen auch
       Umweltorganisationen für das Gemeinwohl klagen, sofern sie amtlich
       anerkannt sind. Dafür ist Client Earth Deutschland noch zu jung. Die
       Jurist:innen erwarten aber, dass sie künftig das Klagerecht bekommen. 
       
       Solange konzipieren und unterstützen sie Klagen von anderen. Aktuell
       begleiten sie beispielsweise Anwohner:innen der rheinischen Dörfer, die dem
       Tagebau Garzweiler weichen sollen, bei einer Verfassungsbeschwerde. Die
       richtet sich gegen das Kohleausstiegsgesetz, das die Pläne als
       „energiepolitisch und energiewirtschaftlich“ notwendig festschreibt. Die
       Jurist:innen unterstützen auch eine Klage vom Menschen, die nahe dem neuen
       Kohlekraftwerk Datteln 4 im Ruhrgebiet leben. 
       
       Was danach kommt? „Politische und rechtliche Schritte, um die Pariser
       Klimaziele und das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2050 zu erreichen“,
       meint Francesca Mascha Klein. Es gibt also viel zu tun. Aber kleiner geht’s
       nicht für die Mandantin Erde.
       
        2 Oct 2020
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Susanne-Schwarz/!a55500/
   DIR [2] http://www.de.clientearth.org/
       
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