URI: 
       # taz.de -- Northern Soul aus Tel Aviv: Smarte Kleidung, richtige Schritte
       
       > Men of North Country präsentieren ihr Album „This City“. Anleihen bei New
       > Wave, Modrevival und britischen Pop sind deutlich zu erkennen.
       
   IMG Bild: Northern Soul am Mittelmeer? Aber hallo: Men from North Country aus Tel Aviv
       
       Die Band Men of North Country aus Tel Aviv ist ein schönes Beispiel dafür,
       wie Popmusik die Welt verbinden kann: Die sieben Bandmitglieder kommen
       allesamt aus Israel, die größte Inspiration für ihre Songs finden sie
       jedoch in jenen US-amerikanischen Soulstücken, die ab Ende der sechziger
       Jahre im Norden Englands für volle Tanzflächen sorgten und die bis heute
       sagenumwobene Northern-Soul-Szene entstehen ließen.
       
       Aufgrund zahlreicher großartiger Konzerterlebnisse mit tanzwütigem Publikum
       gehen Men of North Country besonders gern in Deutschland auf Tour. Dieser
       Tage sind sie zum fünften Mal hierzulande unterwegs, im Gepäck haben sie
       dabei ihr zweites, ganz wunderbares Album „This City“.
       
       Gegründet wurde Men of North Country bereits 2008. Auslöser für die
       Bandgründung war, dass ihr Sänger Yashiv Cohen eines nachts als DJ
       Soulsingles auflegte und dabei inbrünstig mitsang. Daraufhin wurde er von
       Partygästen gefragt, ob er nicht lieber eigene Songs komponieren wolle. Er
       wollte. Schnell fand er aktive Mitstreiter in Doron Farhi (Gitarre), Boaz
       Wolf (Schlagzeug), Jonathan Ydov (Bass), Sefi Zisling (Trompete), Ongy
       Zisling (Saxofon) und Ido Kretchmer (Posaune).
       
       Doch offene Türen rannte die Combo in ihrer Heimatstadt danach nicht
       unbedingt ein. „Die Szene, die sich für Soul- und Modkultur interessiert,
       ist in Tel Aviv bis heute leider sehr klein“, sagt Yashiv Cohen. „Damit es
       überhaupt ein Angebot und Austauschmöglichkeiten gibt, veranstalten wir
       alle paar Monate den Tel Aviv Soulclub mit guten DJs.“ Doch trotz ihrer
       musikalischen Außenseiterrolle seien die Reaktionen auf ihre Gigs von
       Anfang an erfreulich positiv gewesen.
       
       Während sich die Band 2012 auf ihrem schon sehr guten Debütalbum „The
       North“ recht vorsichtig und im Stil einer linientreuen Revivalband an
       Sixties Soul orientierte, hat sie auf dem gerade veröffentlichten
       Nachfolger „This City“ einen gewaltigen Schritt nach vorn gemacht und das
       musikalische Spektrum selbstbewusst erweitert.
       
       ## Ordentlich Druck vom Gebläse
       
       Die Soulbasis ist geblieben, aber jetzt sind deutlich Anleihen an New Wave,
       Modrevival und britischen Pop zu hören. The Cure und Dexy’s Midnight
       Runners blitzen auf. Die Stücke sind catchy, haben starke Refrains, die
       Bläser machen ordentlich Druck.
       
       Sänger Yashiv Cohen ist nicht gerade mit einem typischen Soulorgan
       ausgestattet, aber seine Stimme klingt lässig und leidenschaftlich und
       überschlägt sich hin und wieder sehr sehnsuchtsvoll. Die englischsprachigen
       Texte stammen alle von ihm.
       
       Auf dem Debüt ging es auch um seinen Umzug von einem Kibbuz im Norden
       Israels nach Tel Aviv. Die Texte des Nachfolgers sind dagegen vom urbanen
       Leben in der Mittelmeermetropole geprägt, ohne dass dies gleich allzu
       offensichtlich ist. Einsame Nächte, Liebe, Unruhe sind Themen, aber auch
       England als Sehnsuchtsort spielt eine Rolle („No one’s taking you for
       granted / I do believe you jumped the gun / Close your eyes and think of
       England / Jimmy rides into the sun“).
       
       Live entfalten die Songs eine noch größere Wucht, die Konzerte von Men of
       North Country sind ein Ereignis. Eine Sache findet die Band bei ihren
       Tourneen im Ausland besonders auffällig: „Außerhalb von Israel sind bei
       unseren Gigs immer ein paar Gäste, die so aussehen, als wären sie direkt
       mit einer Zeitmaschine aus Londons 60er-Modszene angereist“, sagt Farhi.
       „Smarte Kleidung, die richtigen Tanzschritte. Das gibt es bei uns in dieser
       Form nicht, und wir finden das sehr faszinierend.“
       
       9 Sep 2016
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Sakowitz
       
       ## TAGS
       
   DIR Israel
   DIR Soul
   DIR Israel
   DIR Pudelclub
   DIR Popmusik
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Israelisches InDNegev Musikfestival: Der promiske Sound der Wüste
       
       Beim InDNegev-Festival entdecken Punks und Hipster die Musik des Nahen
       Ostens neu. Elektropop trifft auf traditionelle arabische Musik.
       
   DIR Clubkultur am Fischmarkt in Hamburg: Die Bands, die wir mögen
       
       Fein, klein und zwanzig Jahre jung ist der Hamburger Club Hafenklang. Mit
       einem Open-Air-Festival freut man sich über das Standhalten.
       
   DIR Israelische Popband Cut Out Club: Einzelgänger auf Klassenreise
       
       Die 80er im Blick und auf dem Weg nach vorn: Die zufällig entstandene
       israelische Band Cut Out Club hat ein grandioses Debüt vorgelegt.