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       # taz.de -- Not in Südafrika: Erst das Virus, dann das Feuer
       
       > Im Township Masiphumelele bei Kapstadt macht ein Großbrand Tausende
       > obdachlos. Wer schützt sie jetzt vor der Coronapandemie?
       
   IMG Bild: Nach dem Brand im Township Masiphumelele: Wo sollen die Menschen nun Obdach finden?
       
       Kapstadt taz | In Masiphumelele wird Weihnachten besonders hart dieses
       Jahr. Am späten 17. Dezember ist es [1][im ärmsten Teil des Townships] rund
       30 Kilometer südlich von Kapstadt, wo rund 10.000 Menschen ohne ausreichend
       Wasser, Toiletten und Elektrizität leben, zu einem Inferno gekommen. Ein
       starker Wind ließ ein Feuer, das erst wenige Hütten erfasst hatte, auf eine
       riesige unkontrollierbare Fläche übergreifen. Alles ging so schnell, dass
       kaum jemand auch nur die wenigsten Habseligkeiten retten konnte.
       
       Auf der panischen Flucht vor den Flammen wurden viele Familien getrennt.
       Alte Menschen, die stürzten, wurden von jüngeren mitgetragen. Es gab
       Verletzte, jedoch wie durch ein Wunder keine Toten. Erst nach Mitternacht
       schafften es mehr als vierzig Feuerwehrleute, unterstützt von einem
       Hubschrauber aus Kapstadt, die Brände einigermaßen unter Kontrolle zu
       bringen.
       
       Bei Tageslicht wird das Ausmaß der Katastrophe sichtbar: Von mehr als 1.000
       Hütten ist nur Asche und Schrott übrig. Rund 4.000 Menschen sind obdachlos
       geworden. Einige haben am Straßenrand in Decken gehüllt den Morgen
       erwartet.
       
       Andere sind bereits zurück und stochern in der Asche nach Resten. Eine
       Mutter mit einem Baby auf dem Rücken ruft weinend nach ihrer Tochter: „Sie
       ist erst vier … wir wurden auf der Flucht auseinandergerissen.“ Ein Junge
       sitzt auf den Resten eines Kühlschranks: „Da war unsere Hütte. Ich muss
       aufpassen, damit uns niemand den Platz klaut.“ Ein älterer Mann in der Nähe
       durchwühlt einen Schrotthaufen: „Hier muss irgendwo mein Pass sein … in
       einer Blechschachtel. Ich komme aus Simbabwe, ohne Pass bin ich nichts.“
       
       ## Hilfe kommt von den Nachbarn
       
       In den Abendnachrichten erklärt Dan Plato, Kapstadts Bürgermeister: „Uns
       wurden von der nationalen Regierung alle Katastrophengelder gestrichen. Wir
       müssen jetzt erst einen Notantrag stellen. Es wird einige Tage dauern, bis
       wir den Opfern des Feuers werden helfen können.“ Viele Nachbarn im
       Township, auch aus den Vorstädten in der Nähe des Townships, leisten erste
       Nothilfe – mit Nahrung und Kleidung, zuerst für Kinder und Frauen. Einige
       Notunterkünfte werden in Kirchen zur Verfügung gestellt. Die von der Stadt
       verwaltete Gemeinschaftshalle im Township bleibt geschlossen – wegen
       Coronavorschriften.
       
       Ach ja, Corona. In der Nacht konnte von den Opfern oder Helfern kaum jemand
       darauf Rücksicht nehmen. Zu Beginn der Woche hatte Südafrikas Präsident
       Cyril Ramaphosa bereits neue Lockdown-Regeln verkündet, da [2][eine zweite
       Coronawelle nun auch Südafrika erreicht] hätte. Die Zahlen der
       Neuinfektionen sind von weniger als 1.000 auf nun bereits wieder über
       10.000 pro Tag gestiegen. Bislang sind mehr als 24.500 Menschen verstorben.
       
       Am Abend nach dem Feuer kommt eine neue Hiobsbotschaft von
       Gesundheitsminister Zweli Mkhize: „Wir haben wissenschaftliche Beweise,
       dass es eine Mutation des Coronavirus in Südafrika gibt. Sie ist wesentlich
       ansteckender als die erste und scheint auch mehr junge Leute erkranken zu
       lassen.“
       
       Dabei waren die Hoffnungen groß seit Mitte September in Südafrika, als die
       Zahlen der Neuinfektionen deutlich nach unten gegangen waren und die
       bevorstehende hiesige Sommerzeit Menschen erlauben würde, sich wieder mehr
       draußen aufzuhalten. Ab 1. Oktober wurde für viele Länder der
       internationale Flugverkehr mit nur wenigen Einschränkungen wieder
       zugelassen, gerade rechtzeitig für die Urlaubssaison.
       
       ## Die zweite Welle und ein mutiertes Virus
       
       Doch braute sich etwas zusammen: Nach einer Party von überwiegend
       Abiturienten mit über 1.300 jungen Leuten wurden 984 positiv auf Corona
       getestet. Nun kommt die neue Mutation des Virus unter der Bezeichnung
       501.V2 hinzu, die als hauptverantwortlich für die zweite Welle angesehen
       wird: „Hochansteckend, auch mehr junge Menschen betreffend und mit
       ernsterem Verlauf von Lungenerkrankungen.“
       
       Unklar ist noch, wie weit Südafrika jetzt erneut internationale
       Reisebestimmungen ändern wird. Im Land wurden bereits Strände für die
       jetzigen Sommerferien geschlossen.
       
       21 Dec 2020
       
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