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       # taz.de -- Olympia in Paris: Die Spiele von A bis Z
       
       > In einem kleinen ABC der Olympischen Spiele ziehen wir unseren Hut vor A
       > wie Athletinnen, B wie Thomas Bach und C wie China – oder so.
       
   IMG Bild: Pauline Nettesheim bei den Deutschen Meisterschaften in Duisburg – in Paris als Breaking B-Girl für Deutschland dabei
       
       Athlet:innen – die über 10.000 Hauptdarstellenden der Olympischen
       Spiele. Sagen die einen. Für die anderen schlägt das Herz der Spiele in der
       Nobelherberge Hôtel du Collectionneur. Da sind die honorigen Mitglieder des
       IOC untergebracht und kassieren für jeden Tag, den sie dort verbringen
       müssen, einen Spesensatz von 450 US-Dollar, obwohl sie für nichts zahlen
       müssen.
       
       Bach, Thomas – Präsident des Internationalen Olympischen Komitees. Er ist
       mit einer Machtfülle ausgestattet, wie man sie sonst nur aus Diktaturen
       kennt. Vielleicht versteht er sich deshalb so gut mit Diktatoren. Neuester
       Lieblingsschurkenstaat: Saudi-Arabien, wo bald E-Sports Olympics
       stattfinden sollen. Wird sich schon lohnen für das IOC.
       
       China – Sportnation mit dem Hang zu kontaminierten Hotelküchen. Als 23
       chinesische Spitzenschwimmerinnen auf einen Schlag positiv auf ein
       verbotenes Mittel getestet wurden, wurden Spuren der Substanz in der
       Dunstabzugshaube in einer Unterkunft gefunden, in der die Athletinnen
       genächtigt hatten. Niemand kann also für nix. Dummer Zufall das.
       
       Dreistellungskampf – Schießsport mögen manche ja für ein bisschen pervers
       halten. An dieser Disziplin, in der im Stehen, auf Knien und auch liegend
       geschossen wird, kann das aber nicht wirklich liegen. Geschossen wird mit
       Kleinkaliberwaffen. Um den Nachwuchs an diese wunderbare Art des Sportelns
       heranzuführen, dürfen Jugendliche schon mal mit dem Luftgewehr üben. Wie
       schön!
       
       Eid, olympischer – hochheiliges Versprechen, im Wettkampf fair zu sein. Bei
       der Eröffnungsfeier tragen ausgewählte Athletinnen, Trainer und
       Kampfrichterinnen den vorgegebenen Text vor, in dem es etwa heißt:
       „Gemeinsam stehen wir solidarisch und verpflichten uns zu einem Sport ohne
       Doping, ohne Betrug, ohne jegliche Form von Diskriminierung.“ Wer’s glaubt.
       
       Frieden – olympische Botschaft Nummer eins. Während der Spiele sollen die
       Waffen ruhen – so will es das IOC. Die Welt hat sich darum noch nie
       geschert. Doch die Olympier glauben weiter an ihren Friedenskitsch wie
       Kinder an den lieben Gott mit Rauschebart im Himmel.
       
       GOAT – Greatest of all Time. Seit Michael Jordan und Co die Spiele 1992
       erobert haben, steht die Behauptung im Raum, dass der beste Basketball von
       US-Amerikanern aus der NBA gespielt wird. Die USA haben dann aber nicht
       immer gewonnen. Diesmal soll LeBron James, der die Nachfolge von Jordan
       als GOAT angetreten hat, dafür sorgen, dass am Ende nicht etwas Ähnliches
       passiert wie bei der vergangenen WM. Wer hat da nochmal gewonnen?
       Deutschland doch nicht etwa? Sachen gibt’s.
       
       Hip-Hop – Neuzugang in der olympischen Familie. Im Breaking, „einem urbanen
       Tanzstil“, wie das IOC in seiner Erklärung die nagelneue Olympiadisziplin
       nennt, kann man jetzt auch Gold gewinnen. Das IOC versucht sich schon
       länger mit Sportarten, die in den 1970er Jahren entstanden sind, an die
       Jugend ranzuwanzen. Beim Skateboarden hat es das ja auch schon gemacht.
       Netter Versuch.
       
       iQFoil – Windsurfen durch die Lüfte – oder so ähnlich. Das hat es bei
       Olympia noch nicht gegeben, dass die Windsurfer abheben und über der
       Wasseroberfläche zu schweben scheinen. Aber warum IQ? Weil es ein
       gescheites Spektakel ist vielleicht.
       
       Jurtschenko – Sprung beim Geräteturnen. Wer den mit einem anschließenden
       Doppelsalto steht, gehört zu den Besten der Welt. Es gibt sogar eine Frau,
       die das kann. Simone Biles – wer sonst? Ach ja, Jurtschenko. Was ist das
       eigentlich? Er beginnt jedenfalls mit einer Radwende auf das Sprungbrett.
       Krasses Teil.
       
       Korruption – olympische Kernsportart, die vor allem rund um die Vergabe der
       Austragungsorte betrieben wird. Medaillen werden dabei nicht vergeben.
       Schade eigentlich.
       
       Lead – neben Speed und Boulder eine der drei Disziplinen im Sportklettern,
       bei der die Kletternden sechs Minuten Zeit haben, einen ihnen unbekannten
       Parcours so weit wie möglich hochzuklettern. Das ist seit den Spielen von
       Tokio 2021 olympisch und wird hierzulande vom Deutschen Alpenverein
       organisiert. Mit Hüttengaudi und Schlafsaalgeschnarche hat der Wettbewerb
       aber wirklich überhaupt nichts zu tun. Gottlob!
       
       Moderner Fünfkampf – eine von Pierre de Coubertin, Herrenreiter und
       Begründer der Olympischen Spiele der Neuzeit, höchstselbst erfundene
       Sportart, die auch nur einem Offiziershirn entspringen konnte. In diesem
       Sport wird gefochten, geschwommen, geschossen, im Gelände gelaufen. Zudem
       werden Pferde notfalls mit Peitschenhieben über Hindernisse getrieben –
       noch. Siehe Piaffe.
       
       Neutrale Athleten – Russen und Belarussen, die zu den Spielen zugelassen
       sind, dürfen nicht für ihr Land antreten und sollen nur sich selbst
       vertreten. Russische Hoheitszeichen sind bei Olympia tabu – wegen des
       Kriegs gegen die Ukraine, den Russland losgetreten hat. Das Heer russischer
       Sportsoldaten darf nicht nach Paris ausrücken. [1][Gut so, auch wenn die
       Ukraine gerne allen Russen das Startrecht verwehrt hätte.]
       
       One Eighty – ein Trick beim BMX-Freestyle, bei dem Fahrerin und Rad
       abheben, sich in der Luft 180 Grad um die eigene Achse drehen, landen und
       rückwärts weiterfahren. Weitere Tricks heißen Suicide, Tailwhip oder
       Crankflip. Alles klar?
       
       Piaffe – eine Figur beim Dressurreiten, bei der das Pferd auf der Stelle
       trabt – oder so. Nicht zu verwechseln mit Pirouetten, der Passage oder
       Traversalen. Freiwillig machen Pferde das meistens nicht. Die dreifache
       Olympiasiegerin Charlotte Dujardin darf diesmal nicht mitreiten. Ein Video
       war aufgetaucht, in dem zu sehen ist, wie sie ihr Pferd quält. Darauf
       erstmal einen Dujardin!
       
       Qualifikation – Hürde für die Teilnahme an den Spielen. Nicht alle, die
       wollen, dürfen zu Olympia. Man muss schon etwas können und besser sein als
       die meisten im eigenen Land oder Kontinent. Aber nur Mut! Ein gewisser
       Michael Edwards, ein Maurer aus England, ist als Skispringer 1988 in
       Calgary bei Olympia am Start gewesen. Skispringen konnte er nicht wirklich.
       
       Rahm, Jon – Golfer und bestbezahlter Sportler, der bei den Spielen antritt.
       210 Millionen US-Dollar [2][hat der Spanier mit Golfspielen verdient], vor
       allem weil er sich der von Saudi-Arabien unterhaltenen Turnierserie
       LIV-Golf angeschlossen hatte. Saudi-Arabien? Hatten wir doch schon mal.
       Siehe oben!
       
       Seine – Schwimmbecken mitten in Paris. Lange gab es Zweifel an der
       Wasserqualität. Dann sprang eine Politikerin nach der anderen ins Wasser,
       um zu zeigen, dass das Wasser blitzsauber sei. Dem Vernehmen nach sind alle
       Beteiligten noch am Leben. Na also. Politiker als selbsternannte
       Umweltindikatoren haben Tradition. Der einstige Bundesumweltminister Klaus
       Töpfer schwamm in der Drecksbrühe des Rheins, der bayerische Umweltminister
       Alfred Dick löffelte Molke, die nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl
       als verseucht ausrangiert werden sollte. Nun ja, auch die beiden haben
       erstmal überlebt.
       
       Trampolinturnen – olympische Sportart seit den Spielen 2000 in Sydney. Die
       deutsche Außenministerin hat sich einst auch leistungssportmäßig in die
       Lüfte katapultieren lassen. Ob sich die glühende Fußballanhängerin
       (DFB-Männerauswahl) Annalena Baerbock wohl auch mal eben nach nächtlichen
       Sitzungen von der Flugbereitschaft ans Gerät nach Paris fliegen lassen
       wird? Wir werden sehen und gegebenenfalls nachrechnen, was das gekostet
       hat.
       
       Unparteiische – Wächter über die Wettbewerbe. Neben Athletinnen und
       Funktionären sind Spiele ohne Kampfrichter:innen nicht vorstellbar.
       Ihre Noten entscheiden bei vielen Sportarten über die Medaillen, ihre
       Punkte beim Boxen über Sieg und Niederlage. Unumstritten sind die Wertungen
       nicht immer. Was wären etwa Olympische Spiele ohne einen Skandal am
       Boxring? Mal soll einem Russen der Sieg geschenkt, mal ein Brite vor
       heimischen Publikum bevorzugt worden sein. Parteiische Unparteiische – auch
       das ist Olympia.
       
       VAR – Videoschiedsrichterei im Fußball. Die gibt es auch bei Olympia. Kein
       weiterer Kommentar.
       
       Weltergewicht – eine Wettkampfklasse zum Beispiel im Ringen für Männer und
       Freuen mittleren Gewichts. Freistilringer unter 73 Kilo sind
       Weltergewichtler. [3][Im griechisch-römischen Stil] geht das Weltergewicht
       bis 77 Kilo. Freistilringende Frauen dürfen im Weltergewicht nicht schwerer
       als 57 Kilo sein. Griechisch-römisch ringende Frauen gibt es nicht. Warum
       eigentlich nicht? Aber das ist eine andere Frage.
       
       Xi Jinping – Freund des olympischen Sports und Staatspräsident der
       Volksrepublik China. Er hat der Welt gezeigt, wie man als Diktator
       Olympische Spiele mitten in einer Pandemie ausrichten kann. Dem IOC hat das
       gefallen. Sonst wahrscheinlich niemandem.
       
       Yuko – kleinste Wertung im Judo. Mit der ist noch lange nichts gewonnen.
       Dafür braucht es schon Ippon oder zwei Waza-Ari. Ganz einfach eigentlich.
       
       Zatopek, Emil – tschechische Leichtathletiklegende. Der Langstreckenläufer
       hat vier olympische Goldmedaillen gewonnen, zwei über 10.000 Meter und je
       eine über 5.000 Meter und im Marathon. Er wird hier gewürdigt, weil sein
       Nachname mit dem Buchstaben Z beginnt. Sonst würde an dieser Stelle
       vielleicht etwas über Alexander Zverev stehen. Aber über den
       Tennisolympiasieger von Tokio ist nun wirklich genug bekannt. Oder etwa
       nicht?
       
       27 Jul 2024
       
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