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       # taz.de -- Organisierte Kriminalität: Polizei macht sich ein Bild
       
       > Innensenator Andreas Geisel (SPD) stellt den ersten „Lagebilds
       > Organisierte Kriminalität Berlin 2018“ vor. Es bleiben etliche Fragen
       > offen.
       
   IMG Bild: Im Einsatz: vermummte Einsatzkräfte vor einem Kiosk in Berlin-Neukölln
       
       Zweifelsohne stellt Organisierte Kriminalität (OK) im Unterschied zur
       „normalen“ eine echte Bedrohung des gesellschaftlichen Friedens dar. Nicht
       nur wegen des wirtschaftlichen Schadens, den sie anrichtet, und der
       Gewalttätigkeit, die „das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung
       beeinträchtigt“, wie Innensenator Andreas Geisel (SPD) am Mittwoch bei der
       Vorstellung des ersten „Lagebilds Organisierte Kriminalität Berlin 2018“
       sagte. Auch die Tendenz von OK zur „Einflussnahme auf Politik, Medien,
       öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft“, wie es im Lagebild heißt,
       ist sehr beunruhigend.
       
       Umso wichtiger ist ein nüchterner Blick auf die Bedrohungslage – der dem
       LKA beim Thema „Clankriminalität“ allerdings zu fehlen scheint. So heißt es
       dazu im Lagebild: „Der Phänomenbereich ist von einer in weiten Teilen der
       arabischstämmigen Community bestehenden Parallelgesellschaft geprägt …“ Ach
       ja? Betreibt die Polizei jetzt soziokulturelle Forschung über die arabische
       Community zusammen mit Herrn Sarrazin?
       
       Was es mit Sicherheit gibt in diesen Kreisen ist das Gefühl, von der
       Mehrheitsgesellschaft nicht wirklich anerkannt zu sein. Ein Gefühl, das
       durch Sätze wie den zitierten zweifelsohne bestätigt wird. Oder auch durch
       martialische Großrazzien im Namen des Kampfes gegen „Clankriminalität“ in
       arabisch geprägten Vierteln, etwa um die Sonnenallee.
       
       ## Einschüchterung und Maßregelung
       
       Wenn dort Hunderte schwer bewaffnete Beamte Geschäfte auf den Kopf stellen,
       nur um am Ende fehlenden Immissionsschutz in Shisha-Bars zu bemängeln oder
       ein paar Kilo unverzollten Tabak zu finden: Wer kann den Betroffenen, den
       AnwohnerInnen und BesucherInnen verdenken, dass solche Aktionen für sie
       eher nach Einschüchterung und Maßregelung der Community aussehen als nach
       Verbrechensbekämpfung?
       
       Tatsächlich gelten diese Einsätze, erklärte die Polizeipräsidentin, gar
       nicht der OK. Man wolle damit ein „Dominanzverhalten“ und „Regelverstöße“
       eindämmen, die zwar teils unterhalb der Schwelle zur Kriminalität lägen,
       die man aber nicht akzeptieren wolle. Denn, so der Innensenator, auch das
       „Zweite-Reihe-Parken“ von Angehörigen der Clan-Familien „höhlt den
       Rechtsstaat aus“.
       
       Wir fassen die polizeiliche Sicht auf „die Lage“ zusammen: Araber leben (in
       weiten Teilen) in einer Parallelgesellschaft, in der Recht und Gesetz nicht
       respektiert werden. In dieser Welt bewegen sich – wie Fische im Wasser –
       die Clanfamilien, die teils normale Araber sind (Zweite-Reihe-Parker),
       teils richtige Verbrecher. Ergo: Wenn man ab und zu kräftig ins Wasser
       haut, trifft man immer die richtigen. Ganz ehrlich: Eine solche
       Polizeiarbeit löst keine Probleme, sie schafft eher neue.
       
       14 Dec 2019
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Memarnia
       
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