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       # taz.de -- Pandemie-Management in Deutschland: AstraZeneca ist nicht das Problem
       
       > Der Ruf nach dem Rücktritt von Gesundheitsminister Spahn ist berechtigt.
       > Der Stopp für Impfungen mit AstraZeneca ist ihm jedoch nicht anzulasten.
       
   IMG Bild: Passanten in Leipzig freuen sich über die ersten geöffneten Geschäfte in der Innenstadt
       
       Die Aufregung über den Stopp für [1][Impfungen mit AstraZeneca] ist groß.
       Und er ist verständlich. Zehntausende hielten endlich ihre Einladung mit
       dem baldigen Impftermin in den Händen. Nun werden sie auf den
       Sankt-Nimmerleins-Tag vertröstet. Schlimmer noch: Die ohnehin pannenreiche
       Impfkampagne in Deutschland und Europa dürfte auf absehbare Zeit noch mehr
       ins Stocken geraten – während in Israel, Großbritannien und womöglich auch
       in den USA schon bald wieder Normalität einkehrt.
       
       Schon wird erneut die Forderung nach einem Rücktritt von [2][Jens Spahn]
       laut. Noch am Freitag hielt der Bundesgesundheitsminister ausdrücklich an
       seiner Behauptung fest, AstraZeneca sei sicher. Zu diesem Zeitpunkt hatten
       andere Länder die Verabreichung wegen möglicher Nebenwirkungen bereits
       gestoppt. Nach dem miserablen Impfstoffmanagement, seiner folgenlosen
       Ankündigung kostenfreier Tests und anderer Versäumnisse konnte Spahn nun
       erneut ein Versprechen nicht einlösen.
       
       In diesem konkreten Fall trifft ihn jedoch keine Schuld. Schon im Herbst
       wiesen Immunolog*innen und Virolog*innen darauf hin, dass auch
       nach Zulassung der Impfstoffe mit Rückschlägen zu rechnen sei. Angesichts
       der horrenden Zahl von Menschen, die innerhalb kurzer Zeit weltweit geimpft
       werden sollten, könne es vereinzelt zu unerwünschten und unvorhersehbaren
       Reaktionen kommen. Der vorläufige Impfstopp, bis weitere Prüfergebnisse
       vorliegen, zeigt auch, dass die Kontrollmechanismen funktionieren.
       
       Die Bundesregierung wie auch die Ministerpräsident*innen der Länder
       haben jedoch ein sehr viel größeres Debakel zu verantworten: die seit Tagen
       wieder bedrohlich steigenden Infektionszahlen. Angesichts der aggressiven
       Virusmutationen warnen Wissenschaftler*innen seit Monaten vor einer
       [3][dritten Welle] mit exponentiellem Wachstum. Akribisch rechneten sie
       vor, warum es so wichtig sei, die Zahl der täglichen Neuinfektionen pro
       100.000 Einwohner*innen stabil auf unter 35 zu drücken, bevor langsam
       geöffnet werde.
       
       Zu frühzeitige [4][Lockerungen] würden die Gefahr bergen, dass die Pandemie
       außer Kontrolle gerate. Darauf hatte die Kanzlerin hingewiesen. Trotzdem
       entschieden sich Bund und Länder bei ihrem letzten Treffen für das
       Gegenteil: Sie ließen Lockerungen zu, sofern die [5][Inzidenz nicht über
       100] steigt. Erst dann trete eine Notbremse in Kraft. Seitdem herrscht
       Chaos. Die einen Landkreise lassen Geschäfte öffnen, selbst wenn die 100
       überschritten ist, die anderen sogar bei einer Inzidenz von über 200.
       
       Niemand weiß mehr, was gilt. Wer hingegen die Pandemie ernst nimmt, muss
       selbst zusehen, wie er sich schützt. Viele haben diese Möglichkeit aber
       nicht. Das ist Staatsversagen. Ein Rücktritt aller Beteiligten an diesem
       Beschluss wäre angebracht, der der Kanzlerin inklusive. Das würde das Land
       aber in eine noch tiefere Krise stürzen. Der von Spahn aber nicht. Und er
       wäre keineswegs ein Bauernopfer. Dafür ist die Liste seiner Fehler zu lang
       – ganz unabhängig von den Problemen mit AstraZeneca.
       
       16 Mar 2021
       
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