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       # taz.de -- Parlamentswahl am Sonntag: Schweiz erwartet grünen Erfolg
       
       > Auch in der Schweiz sorgen sich viele über Folgen des Klimawandels wie
       > die Gletscherschmelze. Die Grünen dürften bei der Wahl zulegen.
       
   IMG Bild: Der Schweizer Aletschgletscher schmilzt ab
       
       Brig/Zürich taz | Anfang Oktober erlebten die Schweiz und ihr Bergtourismus
       eine traurige Premiere – die allerdings zu einer für die Grüne Partei
       erfreulichen Premiere bei den Parlamentswahlen am kommenden Sonntag
       beitragen könnte. Die Luftseilbahn vom nordöstlich von Brig im Rhonetal
       gelegenen Fiescheralp auf das 2.900 Meter hohe Eggishorn musste zum ersten
       Mal seit ihrer Inbetriebnahme 1967 stillgelegt werden.
       
       Der berühmteste Aussichtspunkt des Oberwallis, jährlich Ziel von
       Hunderttausenden TouristInnen, bietet einen fantastischen Ausblick auf den
       Aletschgletscher und die umliegenden Schweizer Alpen. Doch der Gletscher
       schmilzt wegen des Klimawandels. [1][Und in der Folge taut auch der
       Permafrost]. Das führte jetzt zu messbaren Absenkungen des Bodens unter der
       Bergstation der Luftseilbahn.
       
       Deswegen wurde nun eine Baugrube ausgehoben, um die Leitungen im Erdreich
       freizulegen und um an das Fundament der Bergstation zu gelangen. Danach
       soll ein Betonriegel gegossen werden, um das Fundament zusätzlich zu
       stützen und weitere Absenkungen des Terrains zu verhindern.
       
       „Es gibt hier keine ungeheuren Bewegungen“, versuchte Mathias Lorenz,
       Betriebsleiter der Aletsch Bahnen AG, einige Tage nach der Stilllegung zu
       beruhigen. Bis mindestens 7. Dezember bleibt die Luftseilbahn gesperrt.
       
       ## Grüne haben bei kantonalen Wahlen bereits zugelegt
       
       Der Vorgang ist Wasser auf die Mühlen der Grünen. Bereits laut der letzten,
       noch vor Schließung der Luftseilbahn durchgeführten Umfrage wird sie bei
       den Wahlen am Sonntag mit mindestens 3,5 Prozent die größten Zugewinne
       erzielen, vor den wirtschaftsnäheren Grünliberalen mit etwa 2,5 Prozent. Im
       Kanton Wallis, wo bislang die Christliche Volkspartei (CVP) mit Abstand die
       stärkste politische Kraft ist vor der rechtsnationalen Schweizer
       Volkspartei (SVP),den Freisinnigen (FDP) und den Sozialdemokraten (SP),
       werden die Grünen voraussichtlich sogar erstmals einen Nationalratssitz
       gewinnen.
       
       Seit Jahren engagieren sich die Grünen mit dem ökologischen Verkehrsclub
       der Schweiz (VCS) für weitreichende, verbindliche Klimaschutzmaßnahmen.
       Dabei scheuen sie trotz massiver Hetze besonders durch die SVP und ihre
       Medien nie zurück vor Forderungen nach unpopulären Maßnahmen wie einer
       spürbaren CO2-Steuer.
       
       Diese konsequente Haltung hat den Grünen bereits bei kantonalen und lokalen
       Wahlen der letzten zwei Jahre deutliche Zugewinne beschert. Am Sonntag
       werden die Grünen vielleicht sogar die CVP überrunden und dann erstmals die
       viertstärkste Fraktion im 200 Sitze starken Nationalrat stellen – nach SVP,
       SP und FDP. Dann könnten die Grünen Anspruch erheben auf den bisherigen
       Sitz der CVP im Bundesrat, der siebenköpfigen Schweizer Regierung.
       
       Außer Grünen und Grünliberalen werden laut letzter Umfrage alle anderen
       Parteien Prozentpunkte verlieren, am meisten mit mindestens 2,1 Prozent die
       SVP. In dieser Partei versammeln sich die Leugner und Verharmloser der
       globalen Erwärmung, die Andersdenkende gerne als „Panikmacher“ oder
       „Anhänger einer Ökodiktatur“ diffamieren.
       
       ## SVP könnte Zenit überschritten haben
       
       An vorderster Diffamierungsfront agiert Roger Köppel, dessen absehbare
       Niederlage bei den Wahlen für einen der beiden Ständeratssitze des Kantons
       Zürich ein Indiz dafür ist, dass die Schweizer Rechtspopulisten nach 25
       Jahren ständiger Wahlerfolge ihren Zenit überschritten haben.
       
       Vor vier Jahren bewarb sich Köppel für die SVP um einen der Zürcher Sitze
       im Nationalrat. Dort stellt er seitdem einen Rekord auf und wurde zum
       „Absenzenkönig“. Köppel schwänzte 1.006 von 4.341 Abstimmungen – weit mehr
       als jeder andere Abgeordnete. Alle unentschuldigt. In vier Jahren reichte
       der SVP-Abgeordnete nur drei Anträge ein und stellte zwei Fragen.
       
       „So richtig Lust am Amt scheint Köppel nicht entwickelt zu haben“, schrieb
       die die der SVP durchaus wohlgesonnene NZZ am Sonntag bereits vor zwei
       Jahren. Er fehle, „wenn sich das Parlament nur mit sich selbst
       beschäftigte“, versucht Köppel seine mangelnde Präsenz zu rechtfertigen.
       Dennoch kassierte er jedes Jahr die über 60.000 Franken aus der
       Bundeskasse, die jedem Abgeordneten zustehen.
       
       Dieses Verhalten von Politikern einer Partei, die gerne für sich
       reklamiert, die Interessen der kleinen Leute zu vertreten, stößt inzwischen
       auch in der bisherigen SVP-Wählerschaft auf Befremden. Im Wahlkampf um die
       Zürcher Ständeratssitze hat Köppel zudem kaum mehr zu bieten, als die
       beiden bisherigen Amtsinhaber von FDP und SP wider besseres Wissen als
       „EU-Turbos“ zu diffamieren und sie als Befürworter eines Schweizer
       Beitritts zu der [2][der SVP verhassten Europäischen Union] darzustellen.
       Auch diese Lüge wird zu seiner absehbaren Niederlage am Sonntag beitragen.
       
       19 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Hitze-in-der-Arktis-ueberrascht-Forscher/!5604245&s=Gletscherschmelze/
   DIR [2] /Die-Schweiz-und-die-EU/!5613736&s=SVP/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Zumach
       
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