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       # taz.de -- Parteigründung „radikal:klima“: „Es braucht einen radikalen Wandel“
       
       > Die Klimabewegung seht sich von den etablierten Parteien nicht vertreten.
       > In Berlin wollen AktivistInnen deshalb die Partei radikal:klima gründen.
       
   IMG Bild: Klimaprotest im November: Der Ursprung von radikal:klima
       
       taz: Wieso braucht es eine neue Partei für das Klimathema? 
       
       Antonio Rohrßen: Beim Thema Klimaschutz muss noch viel mehr Druck gemacht
       werden. Um das im [1][Pariser Klimaabkommen] festgehaltene Ziel von einer
       Erderwärmung um maximal 1,5 Grad einhalten zu können, bleiben uns noch
       ungefähr zehn Jahre Zeit. Bis dahin müssen wir die Emissionen auf netto
       null senken. Die Wissenschaft ist sich einig, dass wir diese Grenze nicht
       überschreiten dürfen. Doch es gibt bislang keine Partei, die diese Wahrheit
       anerkennt oder entsprechende Maßnahmen trifft. Dabei braucht es jetzt einen
       radikalen Wandel.
       
       Was müsste geschehen? 
       
       Drei Bereiche sind zentral: Die Energiegewinnung muss komplett auf
       erneuerbare Quellen umgestellt werden. Das heißt Solarmodule auf jedem
       Dach, die Dämmung von Häusern und ihr Umbau auf eine Heizversorgung, die
       erneuerbar ist, und die Senkung des allgemeinen Energiebedarfs. Zweitens
       müssen wir an den Verkehrssektor heran. In zehn Jahren müssen alle
       Verkehrsmittel ohne fossile Brennstoffe auskommen, also Autos, Busse, Lkw,
       Dieselloks, aber auch Flugzeuge. Der dritte Bereich ist die Wirtschaft: Die
       Unternehmen brauchen Anreize und Vorgaben, weniger Emissionen zu
       produzieren.
       
       Was kann eine Partei besser als eine Bewegung wie [2][Fridays for Future],
       die doch im vergangenen Jahr so viel erreicht hat? 
       
       Es ist gelungen, eine riesige Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken. Aber
       von der Politik kamen dennoch nicht die notwendigen Antworten. Berlin hat
       als Antwort auf die Volksinitiative Klimanotstand Berlin im Dezember die
       [3][Klimanotlage erklärt]. Das war ein symbolischer Erfolg, aber die damit
       zusammenhängenden Maßnahmen reichen nicht aus, um das 1,5-Grad-Ziel zu
       erreichen. Solange keine bestehende Partei die Forderungen der Bewegung
       aufgreift, müssen wir es selber tun. Wir arbeiten bereits mit vielen
       Aktiven unterschiedlicher Klimagruppen und Initiativen an einem Klimaplan
       für Berlin, in dem detailliert festgeschrieben wird, welche Maßnahmen in
       welchen Sektoren bis wann nötig sind.
       
       Es gibt die Grünen, die das Klimathema traditionell besetzen, dazu diverse
       kleinere Umweltparteien. Ist der Plan, mit radikal:klima die Politik
       aufzumischen, nicht zum Scheitern verurteilt? 
       
       Wir sind der Überzeugung, dass es dieses Angebot geben muss. Es gibt so
       viele Menschen, die verstanden haben, dass wir auf eine Katastrophe
       zusteuern. Eine Viertelmillion Menschen waren mit Fridays for Future auf
       der Straße, mehr als 40.000 haben die Volksinitiative unterschrieben. Die
       etablierten Parteien sind dagegen zu langsam, zu eingebunden in fossiles
       Wachstumsdenken.
       
       Welche Auswirkungen kann die Coronakrise haben? 
       
       Zunächst einmal hat die Klimabewegung Sichtbarkeit verloren. Das heißt, es
       braucht [4][neue Strategien,] um relevant zu sein. Da sind auch wir ein
       Ansatz. Wirtschaftlich werden jetzt viele, vor allem auch junge Menschen,
       hart getroffen. Wir wollen ihnen sagen: Fallt nicht auf die Ideologie
       herein, die nach der Finanzkrise zu noch mehr Neoliberalisierung geführt
       hat. Wir müssen stattdessen jetzt einen ökologischen und ökonomischen
       Gegenentwurf schaffen, um zu einer besseren, saubereren und gesünderen
       Stadt zu kommen. Das alles muss, und das ist uns ganz wichtig, auch sozial
       gerecht sein.
       
       Wer macht bei radikal:klima mit und was sind die nächsten Schritte? 
       
       Wir sind Aktive von Klimanotstand Berlin, Fridays for Future, Parents und
       Scientists for Future, Extinction Rebellion und weiteren Gruppen. Der
       Gründungsparteitag war eigentlich diesen Monat geplant, muss aber
       coronabedingt auf den Sommer verschoben werden. Parallel zu den
       Vorbereitungen schreiben wir an unserem Klimaplan. Das ist ein
       ambitioniertes Projekt, das wir bis zum Wahlkampfbeginn nächstes Jahr
       abschließen wollen.
       
       24 May 2020
       
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