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       # taz.de -- Parteitag der US-RepublikanerInnen: Die schwerfällige Trump-Show
       
       > Beim Parteitag der US-RepublikanerInnen geht es ausschließlich um die
       > Person des Präsidenten. Donald Trump wird wie ein Messias gepriesen.
       
   IMG Bild: Donald Trump jr. im Video an den Parteitag. Jeden Tag spricht ein anderes Familienmitglied
       
       New York taz | „Vier Jahre mehr!“, ruft die kleine Menschenmenge. Donald
       Trump antwortet mit breitem Grinsen. Es ist Montagnachmittag in Charlotte,
       North Carolina. Die Reste der Republikanischen Partei, die in den
       zurückliegenden vier Jahren zur Trump-Partei geworden sind, haben ihm
       gerade die offizielle Nominierung als Kandidat für eine zweite Amtszeit im
       Weißen Haus gegeben.
       
       Es ist der Auftakt zu dem viertägigen republikanischen Parteitag.
       Traditionell preisen im Verlauf solcher Veranstaltung Dutzende von
       RednerInnen den Charakter, den Lebenslauf und die Politik des Kandidaten.
       Der selbst meldet sich erst zum krönenden Abschluss mit einer Dankesrede zu
       Wort. Doch Trump macht es anders. Er wird jeden Tag einfliegen oder sich
       per Video zuschalten.
       
       Sein Parteitag ist eine Ein-Mann-Show. Das ist ein starker Kontrast zu der
       [1][Veranstaltung der DemokratInnen] in der vorausgegangenen Woche. Da
       traten politische Stars sowohl vom linken als auch vom rechten Rand der
       Demokratischen Partei auf, dazu zahlreiche RepublikanerInnen sowie drei
       ehemalige Präsidenten.
       
       Bei den RepublikanerInnen gibt es nur Trump und solche, die klingen wie er.
       KeinE einzigEr innerparteilichEr KritikerIn kommt ans Mikrofon. Viele von
       ihnen sind schon [2][2016], bei dem vorausgegangenen
       Trump-Krönungsspektakel, ostentativ ferngeblieben. Dieses Mal sind sie
       mutiger geworden. Ein paar Stunden vor dem Beginn des Parteitag rufen
       mehrere Dutzend von ihnen – darunter ehemalige Kongressabgeordnete und
       ehemalige Trump-MitarbeiterInnen – zur Wahl des Demokraten Joe Biden auf.
       
       ## Langsamer und schwerfälliger als bei den DemokratInnen
       
       Ursprünglich sollte Trumps Parteitag in Charlotte in North Carolina
       stattfinden. Doch als die dortigen (demokratischen) Behörden eine
       Maskenpflicht, Sicherheitsabstände und reduzierte TeilnehmerInnenzahlen
       verfügten, bestrafte Trump sie mit einer partiellen Verlagerung nach
       Jacksonville in Florida. Ende Juli, als selbst die trumptreuen
       RepublikanerInnen in Florida nach Auswegen aus dem Infektionsrisiko bei
       Zigtausenden von Parteitagsgästen suchten und Trump in den Umfragen in
       Florida weit hinter Biden zurückfiel, machte der Präsident einen
       neuerlichen Rückzieher und sagte Jacksonville ab.
       
       Stattdessen findet sein Parteitag zu einem kleinen Teil in Charlotte sowie
       zu einem großen Teil in der US-Hauptstadt Washington statt. Wie bei den
       DemokratInnen ist es ein virtueller Parteitag. Aber er ist nicht die
       [3][perfekte Show der Vorwoche], bei der leichte und schwere Elemente,
       Politik und Unterhaltung, Musik und Videos in schnellem Wechsel
       aufeinanderfolgten.
       
       Wegen des Hin und Her des Präsidenten muss die Trump-Show auf den letzten
       Drücker organisiert werden. Das Resultat ist langsamer, konventioneller und
       schwerfälliger. In zwei selten interaktiven Momenten des Auftakttages
       empfängt Trump Gruppen von DanksagerInnen im Weißen Haus. Die ersten sind
       „unverzichtbare Beschäftigte“, die ihn für seine Führungsstärke preisen.
       Die zweiten sind ehemalige „Geiseln“, die sagen dürfen, dass sie ohne ihn
       weiterhin im Iran, in der Türkei oder anderswo im Gefängnis sitzen würden.
       
       Auch jenseits der Logistik steht Trumps Parteitag unter einem unglücklichen
       Stern. Sein innerer Kreis bröckelt. Am Tag vor dem Parteitagsbeginn
       kündigte seine langjährige Beraterin [4][Kellyanne Conway] an, dass sie zum
       Monatsende geht. Conway war wichtig zu Trumps Verteidigung. Seine Lügen
       nannte sie „alternative Fakten“.
       
       ## Mit Biden drohen „Anarchie, Chaos, Gewalt und Sozialismus“
       
       Gleichzeitig mit dem Parteitagsauftakt fällt einer von Trumps Verbündeten
       bei den evangelikalen ChristInnen in Ungnade. Jerry Falwell, der als Chef
       einer [5][fundamentalistischen Universität] strenge Familienregeln
       aufgestellt hat, soll in eine erotische Dreiecksbeziehung verwickelt
       gewesen sein. 2016 war Falwell Trumps Transmissionsriemen zu Millionen von
       fundamentalistischen WählerInnen.
       
       Und in Trumps eigener Familie hat sich nach seiner [6][Nichte] auch seine
       Schwester von ihm abgewandt. Zum Auftakt des Parteitags wird bekannt, dass
       sie ihren Bruder „grausam“ und „verlogen“ nennt.
       
       2016 hatte Trump ein „amerikanisches Comeback“ angekündigt, sich als
       Präsident für die „vergessenen Männer und Frauen“ vorgestellt und
       versprochen, Fabriken „zurückzuholen“. Heute stagniert die Arbeitslosigkeit
       auf dem höchsten Niveau seit Jahrzehnten. Und die Zahl der
       Corona-Infizierten hat die 6 Millionen überschritten. Mehr als 181.000
       Menschen sind bereits daran gestorben. Die USA mit nur 4 Prozent der
       Weltbevölkerung haben 25 Prozent aller weltweiten Coronafälle.
       
       Trumps Botschaft lautet, dass er erfolgreicher war als jeder seiner
       Amtsvorgänger. Unbeeindruckt von den Fakten sagen auch die
       AuftaktrednerInnen, dass Trump sowohl die Ökonomie – inklusive des
       Arbeitsmarkts – als auch das internationale Standing des Landes gestärkt
       habe. Sie sagen, mit einem Präsidenten Biden drohten den USA Anarchie,
       Chaos, Gewalt und Sozialismus. Mit Trump hingegen stünde ihnen „das Beste
       noch bevor“.
       
       ## Trumps Familie klingt schrill
       
       Der Präsident hatte einen positiven Parteitag versprochen. Stattdessen
       kommt am Montag ein weißes Paar aus St. Louis, Missouri, zu Wort, das mit
       gezückten Schusswaffen vor seinem Haus stand, als eine
       Black-Lives-Matter-Demonstration daran vorbeizog. Bei ihrem Auftritt per
       Video warnen Mark und Patricia McCloskey vor „Gewalt und Pöbelherrschaft“,
       falls Biden gewinnt. Es bleibt Trumps Geheimnis, wie er mit solchen
       Botschaften WählerInnen jenseits seiner radikalen Basis gewinnen will.
       
       Lediglich zwei RepublikanerInnen äußern unabhängige Gedanken. Beide
       erwähnen den Rassismus in den USA, den die meisten RepublikanerInnen
       ignorieren. Beide vermeiden den wütenden, rückwärtsgewandten Ton ihrer
       ParteifreundInnen. Der schwarze US-Senator Tim Scott erzählt von seinem
       Großvater, der nie lesen und schreiben gelernt hat. Seinen eigenen Weg
       beschreibt er so: „Von der Plantage in den Kongress.“
       
       Die ehemalige UN-Botschafterin Nikki Haley nennt sich eine „stolze Tochter
       von indischen Immigranten“. Beide klingen, als würden sie an die Zeit nach
       Trump denken. Und als würden sie glauben, dass die Repubikanische Partei
       ihn überleben kann.
       
       Trumps Familie hingegen klingt, als wäre Kommunistenjäger Joseph McCarthy
       wieder auferstanden. Die ehemalige Ansagerin von Fox News und jetzige
       Kampagnen-Mitarbeiterin Kimberley Guilfoyle warnt in ihrer beinahe
       schreiend vorgetragenen Rede vor einem menschenleeren Auditorium, die
       DemokratInnen wollten „das Denken kontrollieren“ und „die Menschen
       versklaven“.
       
       Ihr Freund, Trumps ältester Sohn Donald jr., spricht mit glänzenden Augen
       von dem „Virusgeschenk der Kommunistischen Partei Chinas“, nennt den
       demokratischen Präsidentschaftskandidaten „Peking-Biden“ und beschreibt die
       Wahl der USA im November als Alternative zwischen „Kirche, Arbeit und
       Schule“ und „Ausschreitungen, Plünderungen und Vandalismus“.
       
       25 Aug 2020
       
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