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       # taz.de -- Patent von Microsoft: Wenn die Spielekonsole spioniert
       
       > Microsoft will seine Bewegungssteuerung Kinect zur Zählung der Zuschauer
       > nutzen. Konkurrent Sony wünscht sich einen biometrischen Kopierschutz.
       
   IMG Bild: Xbox 360 Kinect: Spiel. Spass und – Zuschauererfassung?
       
       Die auf einer Infrarot-3D-Kamera basierende Bewegungssteuerung Kinect für
       die Spielekonsole Xbox 360 ist eine tolle Sache: Sie erfasst den kompletten
       Spieler im Raum, so dass dieser mit ganzem Körpereinsatz daddeln kann.
       Gleichzeitig kann das Gerät sogar unterscheiden, wie viele Menschen vor dem
       Fernseher sitzen und erlaubt es, die Konsolenoberfläche über Handgesten zu
       steuern.
       
       Hersteller Microsoft hat sich nun Gedanken darüber gemacht, wie man die
       Technologie auch noch für andere Zwecke einsetzen könnte. Wie aus einem
       bereits im Frühjahr 2011 eingereichten Patentantrag beim US-Patent- und
       Markenamt hervorgeht, der [1][vor wenigen Tagen] veröffentlicht wurde, soll
       Kinect künftig auch zur Zuschauerzählung im audiovisuellen Inhaltegeschäft
       dienen.
       
       Das Verfahren mit dem Titel „Regulierung der Inhalteverteilung durch die
       Betrachtung des Nutzers“ enthält einen sogenannten „Consumer Detector“, der
       mittels Kamera erfasst, wie viele Menschen gerade zusehen. Das kann ein
       Kinect-Modul sein oder eine Kompaktcam, die im Fernseher steckt. Die
       Verbindung zu Kinect ergibt sich aber schon dadurch, dass der
       Kinect-Entwickler Alex Kipman als einer der Erfinder in dem Patentantrag
       steht.
       
       Neben der reinen Zuschauerzählung haben die Microsoft-Entwickler auch noch
       andere Ideen: Sie wollen über einen „Licence Manager“ sicherstellen, dass
       beim Betrachten eines Videos nur die Anzahl an Zuschauern vor dem Fernseher
       sitzt, für die auch eine Lizenz vorliegt.
       
       ## Genauer als Quotenmessgeräte
       
       Das heißt: Leiht man bei einem Online-Anbieter künftig einen Film, könnte
       der Zusatzgebühren verlangen, wenn statt nur einem einzelnen Zuschauer
       plötzlich die ganze Familie vor dem Fernseher sitzt. Die Technik könnte
       auch eine deutlich genauere Erfassung ermöglichen, als dies derzeit mit
       bestehenden Quotenmessgeräten möglich ist – dem Infrarotsensor von Kinect
       oder einer ähnlich gestalteten Kamera entgeht nichts.
       
       Microsoft Deutschland wollte das weitläufige Patent auf Anfrage von taz.de
       nicht näher kommentieren. Stattdessen hieß es in einem Statement, der
       Konzern beantrage und erhalte regelmäßig Patente, was aber nicht bedeute,
       dass daraus dann auch unbedingt ein Microsoft-Produkt werden müsse.
       
       Zudem betonte das Unternehmen, dass es den Schutz der Privatsphäre der
       Nutzer sehr ernst nehme. „Hier haben wir auch einen starken Track Record“,
       so der Konzern – gemeint ist damit eine Dokumentation der Aktivitäten von
       Microsoft in Hinblick auf Datenschutz. Die Idee, den Nutzer vor Rechner
       oder Konsole genauer zu kontrollieren, hat man indes nicht nur bei dem
       Softwarerkonzern Microsoft.
       
       Der Spielekonsolen-Konkurrent Sony (Playstation 3) will sich seit Mai eine
       Art lückenlose [2][biometrische Erfassung von Gerätenutzern] patentieren
       lassen. Das Verfahren soll mit Fingerabdruck- und Handsensoren, Gesichts-
       und Augenerkennung sowie Stimmanalyse und sogar genetischer DNA-Überprüfung
       dafür sorgen, dass nur jene Kunden Zugriff auf Inhalte haben, die auch
       wirklich bezahlt haben.
       
       ## Im Stil von „Minority Report“
       
       „Wir wollen das Kopieren oder Stehlen von Musik, Software, Games und
       anderen urheberrechtlich geschützten Inhalten verhindern“, heißt es in dem
       Antrag. Außerdem könnte die Technik im Stil von „Minority Report“
       (Kurzgeschichte von Philip K. Dick, verfilmt von Steven Spielberg 2002) für
       die Verteilung gezielter Werbung eingesetzt werden: Jeder Nutzer würde
       künftig erkannt und bekäme genau gesteuerte Reklame.
       
       Im Film steht Protagonist John Anderton an einer Bahnstation, wird digital
       erfasst und bekommt umgehend zu seinem Persönlichkeitsprofil passende Spots
       vor die Nase gesetzt.
       
       Im Fall von Microsoft und Sony ist zu beachten, dass Patentanträge noch
       lange nicht bedeuten, dass es auch entsprechende Produkte geben wird –
       Großkonzerne patentieren schon aus strategischen und juristischen Gründen
       viel. Bei der Sony-Zukunftsvision des ultimativen Rechteschutzes fehlt es
       zudem noch an der passenden kostengünstigen Technik, die die
       Rundumüberwachung ermöglichen würde.
       
       Microsofts Zuschauererfassung ließe sich dagegen aber vermutlich bereits
       mit der aktuellen Version von Kinect umsetzen. Daten- und
       Privatsphärenschützern sollte das zu denken geben. Eine Anfrage beim Chaos
       Computer Club zum Thema blieb zunächst unbeantwortet.
       
       8 Nov 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://appft.uspto.gov/netacgi/nph-Parser?Sect1=PTO1&Sect2=HITOFF&d=PG01&p=1&u=%2Fnetahtml%2FPTO%2Fsrchnum.html&r=1&f=G&l=50&s1=%2220120278904%22.PGNR.&OS=DN/20120278904&RS=DN/20120278904
   DIR [2] http://www.golem.de/news/sony-computer-entertainment-patent-fuer-lueckenlosen-biometrischen-kopierschutz-1209-94753.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Ben Schwan
       
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