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       # taz.de -- Pekings diplomatische Initiative: Xis Rückkehr auf die Weltbühne
       
       > Chinas Staatschef Xi Jinping reist das erste Mal seit Pandemiebeginn ins
       > Ausland. Er versucht dabei, Allianzen gegen den Westen zu schmieden.
       
   IMG Bild: Werden Xi Jinping und Putin auf ihre „grenzenlose“ Partnerschaft anstoßen wie 2018?
       
       Peking taz | Seit Chinas Staatschef Xi Jinping zuletzt ausländischen Boden
       betrat, hat sich die politische Weltkarte grundlegend verändert: Russische
       Truppen sind in die Ukraine einmarschiert; die US-Politikerin Nancy Pelosi
       hat Taiwan besucht, und in allen G7-Staaten hat China in der Bevölkerung an
       Popularität eingebüßt. So unter Zugzwang geraten, wird Xi an diesem
       Mittwoch seinen diplomatischen Winterschlaf beenden.
       
       Erstmals seit der Pandemie verlässt der 69-Jährige China: Zunächst geht es
       ins benachbarte Kasachstan, wo er mehrere Abkommen unterzeichnen wird. Am
       Donnerstag geht es dann nach Usbekistan zum Gipfel der Shanghai
       Organisation für Zusammenarbeit (SCO), an dem auch Staats- und
       Regierungschefs aus Indien, Pakistan, Iran und Russland teilnehmen.
       
       Beachtet werden wird vor allem Xis Treffen mit Russlands Präsidenten
       Wladimir Putin. Das hat Peking zwar noch nicht bestätigt, es gilt aber als
       wahrscheinlich. Die „[1][grenzenlose“ Partnerschaft], die sich die beiden
       nur wenige Wochen vor dem russischen Angriff auf die Ukraine schworen, hat
       vor allem innerhalb der Europäischen Union für Enttäuschung gesorgt.
       
       Doch hat sich Chinas Haltung nicht geändert: Erst am Dienstag sagte Pekings
       Topdiplomat Yang Jiechi, China arbeite mit Russland daran, die Weltordnung
       „in eine gerechtere und vernünftigere Richtung“ zu steuern. Man unterstütze
       sich gegenseitig bei gemeinsamen „Kerninteressen“.
       
       ## China ist weniger isoliert, als der Westen denkt
       
       Das heißt, die westliche, von den USA angeführte Weltordnung soll offen
       herausgefordert werden. „Russland bleibt weiterhin Chinas hauptsächlicher
       und einziger Partner, solange es seine antiwestliche Politik beibehält“,
       analysiert der China-Experte Marcin Przychodniak vom Polnischen Institut
       für Internationale Angelegenheiten in Warschau.
       
       Das Treffen des Sicherheitsbündnisses SCO lässt sich als direkte Reaktion
       auf die Politik der USA verstehen, die ihrerseits ihre Allianzen im
       Indo-Pazifik verstärkt haben. Wenn Xi nun dem Gipfel vorsteht, demonstriert
       er, dass Peking weitaus weniger isoliert ist als von vielen in Washington
       und Brüssel postuliert.
       
       Und Xi signalisiert damit auch, dass China derzeit keine Anstalten macht,
       um die Gunst des Westens zu buhlen. Es will vielmehr den USA und Europa mit
       der Demonstration von Stärke Respekt abringen.
       
       Ob das aufgeht, ist offen. Denn Xi ist zuletzt massiv unter Druck geraten,
       endlich Präsenz auf der internationalen Bühne zu zeigen. Denn dass er seit
       über zweieinhalb Jahren praktisch sämtliche Treffen per Videoanruf tätigt,
       hat Chinas diplomatische Bemühungen geschwächt.
       
       ## Xi Jinping kann einen diplomatischen Erfolg gebrauchen
       
       Auch sind seit Pandemiebeginn nur sehr wenige ausländische Delegationen
       nach China gereist. Die meisten wurden nicht einmal nach Peking gelassen,
       sondern in abgeschirmte Konferenzhotels in den Provinzen umgeleitet.
       
       Einen Monat vor Beginn des historischen 20. Parteikongresses in Peking wagt
       sich Xi nun trotz Chinas anhaltender Corona-Abschirmung ins Ausland. Mitte
       Oktober wird der mächtigste Staatschef seit Mao Zedong seine umstrittene
       dritte Amtszeit ausrufen, womit er sich de facto zum Führer auf Lebenszeit
       erhebt.
       
       Innere Opposition hat er aufgrund massiver Repressionen zwar nicht zu
       befürchten, doch befindet er sich inmitten der wohl kritischsten Phase
       seiner Karriere: Die „Null Covid“-Politik bremst die heimische Wirtschaft
       massiv, die Immobilienkrise schwebt wie ein Damoklesschwert über der
       Mittelschicht und der Hegemoniekonflikt mit den USA bricht sich immer
       offener Bahn.
       
       Einen diplomatischen Erfolg, propagiert durch die staatlich kontrollierten
       Medien, kann Xi daher gut gebrauchen, um sich vor der eigenen Bevölkerung
       Aufwind zu verschaffen.
       
       Dass Kasachstan der erste Stopp sein wird, ist kein Zufall: Das Land spielt
       eine Schlüsselrolle bei Chinas sogenannter Seidenstraßeninitiative (BRI)
       und Xi kann sich in der Region als neuer Garant für Stabilität und
       Kontinuität präsentieren, nachdem viele Ex-Sowjetrepubliken wegen des
       Ukrainekriegs von Russlands aggressivem Auftreten verunsichert sind.
       
       14 Sep 2022
       
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