URI: 
       # taz.de -- Petersberger Klimadialog: Kohleausstieg in Slow Motion
       
       > In Berlin fordern viele Staaten einen „gerechten Übergang“ zu einer
       > Wirtschaft ohne Kohle, Öl und Gas. Deutschland blamiert sich beim
       > Klimaziel.
       
   IMG Bild: Soll kein Jobkiller werden: der Ausstieg aus dem Kohletagebau
       
       BERLIN taz | Deutschland und Polen wollen sich in der Klimapolitik stärker
       darauf konzentrieren, den Beschäftigten Perspektiven zu bieten, deren
       Branchen vom Strukturwandel bedroht sind – etwa in der Kohle- oder
       Autoindustrie. Für einen solchen „gerechten Übergang“ von der fossilen
       Wirtschaft zu einem Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas sprachen sich auch
       andere der 35 Staaten aus, die sich am Montag und Dienstag in Berlin auf
       Einladung Deutschlands zum neunten „Petersberger Klimadialog“ versammelt
       hatten. Das Thema soll ein Schwerpunkt auf der UN-Klimakonferenz COP24 im
       Dezember im polnischen Kattowitz werden.
       
       Der „Petersberger Klimadialog“ war bislang eine Veranstaltung, auf der sich
       Deutschland als Vorreiter im internationalen Klimaschutz präsentierte: Im
       vorigen Jahr stellte es als G20-Gastgeber gemeinsam mit der OECD ein
       Gutachten zu grünen Jobs und Wachstum im Klimaschutz vor. 2014 verkündete
       Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Deutschland werde seine Hilfen für
       internationale Klimaprogramme bis 2020 auf vier Milliarden Euro jährlich
       verdoppeln. Eine Zusage, die sie jetzt bekräftigte. Doch dieses Jahr war
       öffentliche Zerknirschung angesagt.
       
       Weil offiziell klar ist, dass Deutschland statt seines Klimaziels von minus
       40 Prozent bis 2020 nur höchstens 32 Prozent erreicht, nannte
       Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) diese Bilanz gleich zu Beginn des
       Treffens „bitter“. Man dürfe „das Vertrauen nicht verspielen“.
       
       Auch Kanzlerin Merkel gestand in ihrer Rede vor den Umwelt- und
       Klimaministern aus aller Welt, der Strukturwandel sei „keine einfache
       Sache“. Neben der Kohle sei vor allem der Verkehr „ein Sorgenkind“, die
       Sanierung der Gebäude nicht weit genug, und auch bei der Landwirtschaft
       erwarte sie große Widerstände.
       
       Umweltverbände und Opposition gehen Merkels Äußerungen nicht weit genug.
       Sie forderten konkrete Zusagen etwa für einen Kohleausstieg. Der polnische
       Premierminister Mateusz Morawiecki warnte zwar, man suche die „goldene
       Mitte“ zwischen Umwelt und Wirtschaft, betonte aber als Gastgeber der
       Klimakonferenz COP24 auch die Bedeutung von Klimaschutz und der
       Verantwortung für die Zukunft. Kattowitz als ehemalige Stadt von Kohle und
       Stahl sei ein Beispiel für einen gelungenen „gerechten Übergang“.
       
       Das Konzept des „gerechten Übergangs“ soll auf der COP24 eine große Rolle
       spielen. Gleichzeitig müssen die Staaten noch dringend klären, wo ab 2020
       die jährlich 100 Milliarden Dollar für die Entwicklungsländer herkommen
       sollen. Immer noch umstritten sind auch Detailregeln, wie die Staaten ihre
       Klimapläne vergleichbar machen sollen. Weil die Regeln so strittig sind,
       haben die 196 UN-Staaten, die der Klimakonvention beigetreten sind, im
       Herbst extra eine Sondersitzung in Bangkok angesetzt. Dort gehen die
       Beratungen vom Petersberger Dialog weiter.
       
       20 Jun 2018
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernhard Pötter
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Kohleausstieg
   DIR Klimaschutzziele
   DIR Kohleindustrie
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Braunkohle
   DIR Kohleförderung
   DIR fossile Energien
   DIR Umweltschutz
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Annalena Baerbock
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Gentrifizierung durch Klimawandel: Auf dem Trockenen
       
       Teile Miamis könnten im Meer verschwinden. Deshalb explodieren die Preise
       in einem armen Viertel, in dem vor allem Haitianer leben.
       
   DIR Stopp-Kohle Demo in Berlin: Aufruf sorgt für Streit
       
       Vor dem ersten Treffen der Kohlekommission rufen Umweltverbände am Sonntag
       zu Protesten in Berlin auf. Gewerkschafter sind empört.
       
   DIR Demo gegen Kohleenergie in Berlin: Kohleausstieg ist Handarbeit
       
       Umweltverbände rufen zur Demo „Stop Kohle“ auf. Die Kohlekommission soll
       bei ihrem Arbeitsantritt den Druck der öffentlichen Meinung spüren.
       
   DIR Kommentar Grüne Wirtschaft: Die Gerechtigkeit wechselt die Seiten
       
       Der „gerechte Übergang“ zu einer klimafreundlichen Wirtschaft bedeutet
       auch, Jobverluste zu kompensieren. Die Ärmsten werden dabei vergessen.
       
   DIR Deutschlands Klimaziel für 2020: Versprechen offiziell gebrochen
       
       Deutschland verfehlt sein Klimaziel für 2020 um 100 Millionen Tonnen CO2.
       Die Emissionen sinken um 32 statt 40 Prozent. Die Gründe sind vielfältig.
       
   DIR Kohlekommission legt los: Zu Beginn gibt es Zweifel am Zeitplan
       
       Diesmal hat das Kabinett das mehrfach angekündigte Gremium endlich
       eingesetzt. Umweltverbände machen trotz Zweifeln erstmal mit.
       
   DIR Grünen-Chefin über Kohlekommission: „Die Klimakrise wartet nicht“
       
       Dass die Opposition in der Kohlekommission nicht vertreten ist, findet
       Annalena Baerbock empörend. Über einige Mitglieder freut sich die Grüne
       aber auch.