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       # taz.de -- Petition gegen Racial Profiling eingereicht: Willkürlich unter Verdacht
       
       > Wegen der Hautfarbe von der Polizei kontrolliert zu werden, gehört für
       > viele dunkelhäutige Deutsche zum Alltag. Nun fordert eine Petition die
       > Abschaffung der Praxis.
       
   IMG Bild: Memet Kilic unterstützt die Petition auch aus persönlichen Gründen
       
       BERLIN taz | „Papa, warum werden nur wir kontrolliert?“ Das habe ihn sein
       Sohn gefragt, als er einmal als Einziger an der Grenze zur Schweiz nach
       seinen Papieren gefragt worden sei. Memet Kilic, Abgeordneter der Grünen
       und deren Obmann im Petitionsausschuss des Bundestags, führte diese
       Anekdote an, um zu unterstreichen, warum er auch ganz persönlich die
       Petition unterstützt, die dort am Dienstagmorgen eingebracht wurde.
       
       Zunächst nahm Kilic eine Liste mit mehr als 15.000 Unterschriften in
       Empfang, die mit einer [1][Onlinekampagne gegen „Racial/Ethnic Profiling“]
       gesammelt worden war. Zeitgleich brachte die Initiative Schwarze Menschen
       in Deutschland (ISD) eine Petition zum Thema ein, die ab jetzt unter
       anderem [2][auf der Webseite des Petitionsausschusses] unterschrieben
       werden kann.
       
       Die Petition fordert die Bundesregierung dazu auf, die bundesgesetzlichen
       Regelungen, die der Polizei ihre „verdachtsunabhängigen Kontrollen“
       erlauben, ganz abzuschaffen. Außerdem regen der ISD und seine Mitstreiter
       an, die Polizeibeamten schon in der Ausbildung durch
       Anti-Rassismus-Trainings für das Thema zu sensibilisieren. Nicht zuletzt
       fordern sie neue Kontrollmechanismen wie eine unabhängige Beschwerdestelle,
       um polizeiliches Fehlverhalten besser feststellen und ahnden zu können.
       Diese Forderung wird auch von Amnesty International oder Barbara John, der
       Ombudsfrau für die Opfer der NSU-Terrorzelle, schon lange erhoben.
       
       „Das Thema brennt uns auf den Nägeln“, sagt Tahir Della von der Initiative
       Schwarzer Deutscher (ISD). Offiziell ist es in Deutschland zwar gar nicht
       erlaubt, Menschen nur aufgrund ihrer Hautfarbe zu kontrollieren.
       Tatsächlich aber gehört es zur Alltagserfahrung vieler Menschen mit
       Migrationshintergrund oder schlicht dunkler Hautfarbe, dass sie von der
       Polizei häufiger kontrolliert werden.
       
       ## „Oft werden Gründe vorgeschoben“
       
       Erst vor einem Monat hatte das Oberverwaltungsgericht Koblenz [3][einem
       Studenten aus Kassel Recht gegeben], der gegen die Bundespolizei geklagt
       hatte, weil er – wie der Polizeibeamte zugab – wegen seiner Hautfarbe
       kontrolliert worden war. Doch damit ist das Problem nicht aus der Welt,
       denn verdachtsunabhängige Kontrollen finden weiter statt – und die
       Hautfarbe bleibt für viele Polizisten dabei weiter ein Kriterium. „Hätte
       der Polizist nicht zugegeben, dass er den Studenten aus Kassel allein
       aufgrund seiner Hautfarbe kontrolliert hatte, hätte es keinen Prozess
       gegeben“, betont Tahir Della. „Oft werden andere Gründe vorgeschoben, auch
       wenn sie unglaubwürdig sind.“
       
       Wie schwierig der Umgang mit dem Thema ist, zeigten die Reaktionen aus den
       Reihen der Polizei. „Dieses Urteil ist nicht gut, denn es schürt
       Konflikte“, kritisierte Rainer Wendt, der Bundesvorsitzende der
       konservativen Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG). „Die Gerichte machen
       schöngeistige Rechtspflege, aber richten sich nicht an der Praxis aus.“
       Etwas konzilianter gab sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP).
       
       Im Fall des Kasseler Studenten sei das Konstanzer Urteil nachvollziehbar,
       befand der Vorsitzende des GdP-Bezirks Bundespolizei, Josef Scheuring.
       „Anlass- und hinweisbezogen“ könne die Hautfarbe aber durchaus ein Grund
       für eine Kontrolle sein, „etwa wenn ein Täter zuvor entsprechend
       beschrieben worden sei“, sagte Scheuring.
       
       Die Petition gegen „Racial Profiling“ wird von Amnesty International, dem
       Deutschen Institut für Menschenrechte und dem Zentralrat der Sinti und Roma
       unterstützt. Nun muss die Initiative in den nächsten vier Wochen 50.000
       Unterschriften sammeln. Dann muss sich der Innenausschuss des Bundestags,
       der unter anderem auch für die Bundespolizei zuständig ist, öffentlich
       damit befassen – möglichst noch in dieser Legislaturperiode. Mbolo Yufanyi
       von der Flüchtlingsorganisation The Voice, die die Onlinepetition
       unterstützt, geht es aber vor allem um die Symbolwirkung. „Die Mentalität
       muss sich ändern“, sagte er der taz. „Das ist wichtiger als jede
       Gesetzänderung.“
       
       20 Nov 2012
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] http://www.stoppt-racial-profiling.de
   DIR [2] http://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2012/_11/_07/Petition_37656.nc.html
   DIR [3] /Urteil-zu-Kontrollen-nach-Hautfarbe/!104549/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Daniel Bax
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